Kirchen, Religionen, Bioethik - Freie Christengemeinde
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Altkatholische Kirche Österreichs<br />
Die altkatholische Kirche trennte sich 1871<br />
und in den Jahren danach von der römischkatholischen<br />
Kirche. Auslösender Grund für<br />
die Trennung waren insbesondere die beiden<br />
Papstdogmen des Ersten Vatikanischen Konzils<br />
(1869/70), jenes der Unfehlbarkeit und<br />
jenes des Jurisdiktionsprimats; aber auch das<br />
1854 verkündete Dogma der ohne Erbsünde<br />
empfangenen Gottesmutter Maria wird abgelehnt.<br />
Die 1889 beschlossene „Utrechter Erklärung“<br />
bildet eine Art Lehrgrundlage der altkatholischen<br />
Tradition. Die Altkatholiken führten in<br />
der Folge Reformen durch, die in der römisch-katholischen<br />
Kirche erst viel später<br />
erfolgten (z.B. Muttersprache im Gottesdienst),<br />
zum Teil aber auch gar nicht (z.B.<br />
Aufhebung der Zölibatspflicht, Weihe von<br />
Frauen zum Priesteramt). Mit ihrem Ineinander<br />
von katholischer Weite und evangelischer<br />
Konzentration auf die biblische Mitte betont<br />
die altkatholische Kirche die „evangelische<br />
Katholizität“. Sie war von Anfang an in der<br />
ökumenischen Bewegung engagiert und steht<br />
mit der anglikanischen Kirche seit 1931 in<br />
voller <strong>Kirchen</strong>gemeinschaft bei gegenseitiger<br />
kirchenrechtlicher und theologischer Unabhängigkeit.<br />
Die in der Utrechter Union zusammengeschlossenen<br />
altkatholischen <strong>Kirchen</strong>, mit dem<br />
Erzbischof von Utrecht als Ehrenprimas, sind<br />
jeweils autonome Nationalkirchen. In Österreich<br />
ist die Altkatholische Kirche seit 1877<br />
(RGBl. Nr. 99/1877) durch das Anerkennungsgesetz<br />
(RGBl. Nr. 68/1874) staatlich anerkannt.<br />
5<br />
Grundlegende Fragen<br />
Quellen der Entscheidungsfindung<br />
Die primäre Quelle der Entscheidungsfindung<br />
ist die heilige Schrift (Bibel). Darüber hinaus<br />
basieren die Entscheidungen auf der theolo-<br />
5 Für eine hilfreiche Stellungnahme der Altkatholischen<br />
Kirche Österreichs zu den bio- und medizinethischen<br />
Fragen sei insbesondere Herrn Pfr. Dr. Elmar Kuhn<br />
herzlich gedankt.<br />
Kirche, Religione, <strong>Bioethik</strong><br />
gischen Tradition und der philosophischen<br />
Lehre. Human- und Sozialwissenschaften bilden<br />
eine unhintergehbare Basis für eine<br />
kompetente und verantwortungsvolle Entscheidungsfindung.<br />
Autoritäten der Entscheidungsfindung<br />
In erster Linie ist das geschulte Gewissen des<br />
Einzelnen zur Entscheidungsfindung in ethischen<br />
Fragen aufgerufen; gegen das Gewissen<br />
darf nicht gehandelt werden. Für gesamtkirchliche<br />
Entscheidungen, die auch einen<br />
Rahmen für die persönliche Gewissensentscheidung<br />
abgeben, ist in der altkatholischen<br />
Kirche die Synode berufen.<br />
Bezug zum Offenbarungsglauben<br />
Der Offenbarungsglaube baut auf dem Schöpfungsglauben,<br />
das heißt der Überzeugung,<br />
dass Gott die Welt geschaffen hat, auf. Der<br />
Zugang zu bio- und medizinethischen Fragen<br />
spielt sich innerhalb dieser Schöpfung ab, in<br />
der der Mensch lebt; der Zugang ist daher<br />
primär innerweltlich und muss sich auch<br />
dementsprechend mit den Fachwissenschaften<br />
auseinandersetzen.<br />
Erst im Konfliktfall wird die Offenbarung zur<br />
Auseinandersetzung mit bioethischen Fragen<br />
hinzugezogen. Bei der Bewertung wissenschaftlicher<br />
und speziell auch bioethischer<br />
Erkenntnisse und Möglichkeiten ist die Offenbarungstheologie<br />
jedoch wesentliches Kriterium.<br />
Die christliche Offenbarung gibt nämlich<br />
wesentliche, unhintergehbare Werte vor,<br />
die in die Entscheidungsfindung ebenso einfließen<br />
müssen wir empirische Gegebenheiten.<br />
Anthropologische Fundierung<br />
Menschenbild<br />
Der Mensch als Geschöpf Gottes ist mit personaler<br />
Würde und individuellem Willen ausgestattet.<br />
Menschenwürde und –rechte sind<br />
Grundlage allen gesellschaftlichen, sozialen<br />
und wissenschaftlichen Handelns.<br />
Als Person konstituiert sich jeder Einzelne<br />
durch seine Geschichte, sein Wissen und Gewissen,<br />
seine Du-Beziehung und seine Eigenverantwortlichkeit<br />
in Respekt, Toleranz und<br />
Solidarität dem anderen gegenüber.<br />
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