Kirchen, Religionen, Bioethik - Freie Christengemeinde
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Lebensschutz am Ende (Euthanasiedebatte)<br />
Da das menschliche Leben nach katholischer<br />
Anthropologie ein Kontinuum von Empfängnis<br />
bis zum Tod ist, gehört auch der Sterbeprozess<br />
zum Leben. Der Lebensschutz, der einem<br />
Kind oder Erwachsenen gebührt, ist daher<br />
auch bis zuletzt auf den Kranken und<br />
Sterbenden anzuwenden. Die katholische<br />
Kirche wendet sich gerade in den letzten<br />
Jahren vermehrt gegen Tendenzen der Gesellschaft,<br />
alte und kranke Menschen auszugrenzen<br />
und ihnen das Lebensrecht abzusprechen.<br />
Sie betont, dass nicht nur junge<br />
und gesunde Menschen Lebensqualität haben<br />
können, sondern ebenso gebrechliche. Freilich<br />
brauchen diese die entsprechende Unterstützung.<br />
Daher setzt sich die katholische<br />
Kirche – gerade auch in Österreich – massiv<br />
für den institutionalisierten Auf- und Ausbau<br />
der Palliativmedizin und Hospizbewegung<br />
ein.<br />
Sie lehnt jeden Einsatz aktiver Euthanasie<br />
mit dem Argument ab, dass das menschliche<br />
Leben nicht in der Dispositionsgewalt des<br />
Einzelnen oder der Gesellschaft stehe und bis<br />
zuletzt eben ein menschliches sei. Die Gesellschaft<br />
sei dazu aufgerufen, den Menschen<br />
dabei zu helfen, dem zu Ende gehenden Leben<br />
weiterhin einen Sinn zu geben und es in<br />
Würde natürlich ausgehen zu lassen, anstatt<br />
über die künstliche Beendigung desselben<br />
nachzudenken. Insbesondere wird wiederholt<br />
darauf hingewiesen, dass hinter der Euthanasiedebatte<br />
auch massive gesellschaftspolitische<br />
und ideologische Interessen stünden, die<br />
das Bild einer Gesellschaft widerspiegeln<br />
würden.<br />
Die katholische Kirche wendet sich jedoch<br />
auch gegen jene Bestrebungen, welche unter<br />
enormen technischem Einsatz das Leben immer<br />
weiter verlängern wollen, wobei es oftmals<br />
zu einer Lebensverschlechterung bzw.<br />
zu einer künstlichen Verlängerung des Leidens<br />
kommt. Aus Sicht der katholischen Morallehre<br />
ist es daher nicht nur erlaubt, sondern<br />
sogar geboten, u.U. auf lebensverlängernde<br />
Maßnahmen zu verzichten, wenn es<br />
sich um eine unheilbare Krankheit oder einen<br />
unumkehrbaren Sterbeprozess handelt. Dies<br />
gilt insbesondere auch dann, wenn die Anwendung<br />
von schmerzstillenden Mitteln eine<br />
Verkürzung der Lebensdauer zu Folgen haben<br />
können; entscheidend ist aus moralischer<br />
Sicht dabei die Intention: nicht die Lebens-<br />
Kirche, Religione, <strong>Bioethik</strong><br />
verkürzung, sondern die Linderung des<br />
Schmerzes ist das Ziel.<br />
Positionen der Religion zur staatlichen<br />
Bio- und Gesundheitspolitik<br />
Die katholische Kirche schaltet sich regelmäßig<br />
über ihre Bischofskonferenz oder Teilorganisationen<br />
in den gesellschaftspolitischen<br />
Diskurs ein. Im Bereich der Bio- und Gesundheitspolitik<br />
verfolgt sie dabei zur Zeit vor<br />
allem folgende Ziele:<br />
� Restriktives Verbot der embryonalen<br />
Stammzellenforschung<br />
� Umfassender Lebensschutz von der<br />
Empfängnis bis zum Tod<br />
Die katholische Kirche hat insbesondere die<br />
Position der österreichischen Regierung in<br />
den Verhandlungen zum 6. EU-<br />
Rahmenprogramm zu Forschung & Entwicklung<br />
begrüßt. Sie fordert von den Verantwortungsträgern<br />
in Staat, Wirtschaft und Wissenschaft<br />
weiterhin einen verantwortungsvollen<br />
Umgang mit den technischen Möglichkeiten,<br />
welcher vor allem die Würde des Menschen<br />
als Person unangetastet lässt.<br />
Charakterisierung der Positionen<br />
aus ethischer Sicht<br />
Die katholische Kirche gehört zu jenen Institutionen,<br />
die maßgeblich an der Entwicklung,<br />
Diskussion und Vermittlung von moralischen<br />
Werten beteiligt sind. Ihre Moralphilosophie<br />
zeichnet sich dabei durch eine Synthese von<br />
klassisch-abendländischer, zum Teil auch<br />
neuzeitlicher Philosophie und einer stark naturrechtlich<br />
orientierten theologischen Anthropologie<br />
aus. Vor allem letzterer Einfluss<br />
führt zu deontologischen Analysen und Richtlinien,<br />
die ebenso stringent und klar wie aber<br />
auch zum Teil in der Praxis unbrauchbar sind.<br />
Die klassische katholische Morallehre tut sich<br />
mit ihrem deontologischen Ansatz insbesondere<br />
dann schwer, wenn es um eine pragmatische<br />
Güterabwägung im Diskussionsprozess<br />
geht. Dennoch ist ihre Aufgabe ja nicht, einen<br />
gesellschaftlichen Konsens herzustellen,<br />
sondern jene Werte und Einsichten zu vermitteln,<br />
die sie für wahr erachtet. �<br />
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