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Kirchen, Religionen, Bioethik - Freie Christengemeinde

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4. Die persönliche Meinung<br />

Gerade im interreligiösen Dialog, aber auch<br />

im Dialog zwischen den <strong>Religionen</strong> und der<br />

(säkularen) Gesellschaft bzw. dem Staat ist<br />

es für eine Religion wie den Buddhismus, mit<br />

unklaren Autoritätsstrukturen, zunehmend<br />

schwer, Gehör zu finden. Zudem hat der<br />

Buddhismus auch für sich selbst noch nicht<br />

restlos die Quellen und die Autoritäten der<br />

Entscheidungsfindung geklärt. Für den biound<br />

medizinethischen Dialog wird man daher<br />

zunächst von einer Basis der buddhistischen<br />

Ethik ausgehen müssen, mit der sich auch die<br />

westlichen Richtigungen identifizieren.<br />

Bezug zum geoffenbarten Glauben<br />

Für den traditionellen Buddhismus ist die<br />

Welt eine anfanglose Folge zyklischer Weltentstehungen<br />

und –auflösungen. Ein persönlicher<br />

Schöpfergott wird normalerweise nicht<br />

angenommen, ebensowenig ein persönlicher<br />

Lenker der Geschichte und Geschicke der<br />

Lebewesen. Diese durchwandern seit anfangloser<br />

Zeit wechselnde Existenzformen: jenseitige,<br />

menschliche und tierische, die somit<br />

füreinander durchlässig sind. Höchstes Ziel ist<br />

im älteren Buddhismus die Befreiung aus diesem<br />

Kreis der Wiedergeburten, der als Unheil<br />

empfunden wird: das Nirvana. Hierzu muss<br />

die Wurzel des Kreislaufs, der „Durst“ bzw.<br />

die „Gier“ nach stets neuem Dasein restlos<br />

vernichtet werden. Voraussetzung dafür ist<br />

unter anderem eine moderat asketische Lebensführung,<br />

die auch moralische Elemente<br />

einschließt, und zu deren konsequenter Verwirklichung<br />

buddhistische Mönchs- und Nonnenorden<br />

eingerichtet worden sind. Die moralischen<br />

Grundregeln gelten aber für alle<br />

Buddhisten (Karma-Gesetz). Unter den fünf<br />

zentralen moralischen Geboten, die ungefähr<br />

der zweiten Hälfte des jüdischen und christlichen<br />

Dekalogs entsprechen, findet sich an<br />

erster Stelle das Abstandnehmen vom Töten<br />

lebender Wesen.<br />

Für die bio- und medizinethische Debatte ist<br />

insbesondere das buddhistische Verständnis<br />

des Zusammenhangs von Unheil und Erlösung<br />

bedeutsam, wie es in den „Vier Edlen Wahrheiten“<br />

zum Ausdruck kommt, die Buddha in<br />

der Erleuchtung erkannte:<br />

1. Alles Dasein ist leidvoll.<br />

2. Die Ursache des leidvollen Wandels ist<br />

Lebensdurst.<br />

Kirche, Religione, <strong>Bioethik</strong><br />

3. Wer sich vom Leid befreien will, muss dessen<br />

Ursache, den Lebenstrieb, auslöschen.<br />

4. Man löscht die Lebensgier aus und zerbricht<br />

damit das Rad der Wiedergeburt,<br />

indem man den „Mittleren Weg“, den Weg<br />

zwischen dem des Vergnügens und dem<br />

der Kasteiung, enschlägt, wie dies der<br />

Achtfache Pfad lehrt.<br />

Dieser „Achtfache Pfad“ umfasst: rechte Anschauung,<br />

rechte Gesinnung, rechtes Reden,<br />

rechtes Handeln, rechter Lebensunterhalt,<br />

rechtes Streben, rechtes Überdenken, rechtes<br />

Sich-Versenken.<br />

Anthropologische Fundierung<br />

Menschenbild<br />

Der Mensch ist in einem leidvollen Kreislauf<br />

der Wiedergeburten verstrickt und bedarf der<br />

Erlösung daraus. – Dies ist die zentrale anthropologische<br />

Einsicht des Buddhismus, der<br />

somit als typische Erlösungsreligion verstanden<br />

werden muss; moralische Normen ergeben<br />

sich erst in Ableitung aus dieser zentralen<br />

Einsicht und Bestimmung und sind kein<br />

Selbstzweck.<br />

Für den älteren Buddhismus ergibt sich der<br />

Wert des Lebens vor allem daraus, dass alle<br />

Lebewesen so wie man selbst am Leben hängen<br />

und den Tod fürchten und dass man dies<br />

zu respektieren hat. Überdies wird dem<br />

menschlichen Leben ein besonderer Wert<br />

zuerkannt, insofern nach verbreiteter Auffassung<br />

nur in ihm die Erlösung realisiert werden<br />

kann.<br />

Die Lebendigkeit eines Körpers wird durch<br />

Lebensdauer oder Lebenskraft, Körperwärme<br />

und vor allem durch das geistige Prinzip,<br />

durch welches Leben grundsätzlich mit<br />

Empfindungs- und Wahrnehmungsfähigkeit<br />

gekoppelt ist, konstituiert. Als Lebewesen in<br />

diesem Sinne gelten nicht nur die Menschen,<br />

sondern auch die Tiere, nicht jedoch Pflanzen.<br />

Gesundheit und Krankheit<br />

Buddha wird oft mit einem Arzt verglichen,<br />

insofern er zur Erlösung von den Leiden des<br />

Daseins verhilft. Im Zusammenhang mit dem<br />

Verständnis von Gesundheit und Krankheit<br />

lässt sich viel aus den „Vier Edlen Wahrheiten“<br />

lernen:<br />

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