das zaenmagazin - Ortho-Bio-Med Centro di cura Specialistico
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<strong>zaenmagazin</strong><br />
PearSonS (1933) in den Philosophical Transactions of the Royal<br />
Society of London begründeten, von sich aus Belege für <strong>di</strong>e Richtigkeit<br />
oder Unrichtigkeit einer Hypothese liefern. „Man sollte klinische<br />
Forschung lieber so betreiben, <strong>das</strong>s man keine Hypothesentests<br />
benötigt. Ganz offenbar geht es auch ohne Statistik sehr<br />
gut und effizient voran“ (beck-bornholt und dubben 2001).<br />
Konsequent wird in der klinischen Forschung verdrängt,<br />
<strong>das</strong>s jedes Problem zunächst subjektiv nach einer gefühlten<br />
Wahrscheinlichkeit und durch persönliches Vorwissen nach dem<br />
Motto „es könnte doch sein, <strong>das</strong>s …“ angegangen wird. Dies wird<br />
schlicht ignoriert und statt dessen der statistischen Signifikanz,<br />
vermeintlich frei von jeder Subjektivität in Form des p-Wertes gehul<strong>di</strong>gt.<br />
Die fundamentalen Fehler, <strong>di</strong>e dabei gemacht werden,<br />
werden als offiziell nicht existent erklärt, wodurch auch niemand<br />
über Lösungen zu <strong>di</strong>esem Problem nachdenkt. Statistiker und<br />
<strong>Med</strong>iziner reden hier konsequent aneinander vorbei. Da <strong>di</strong>es jedoch<br />
für beide Gruppen in<br />
Hinblick auf Karriere, Ruhm,<br />
Ehre und Forschungsgelder<br />
durchaus nützlich ist,<br />
belässt man <strong>di</strong>esen irrwitzigen<br />
Zustand.<br />
Traurige Beispiele für<br />
Verwirrung durch Erklären<br />
mittels p-Wert gesichertem<br />
Goldstandard sind <strong>di</strong>e<br />
im Zeitraum 2003 bis 2005<br />
publizierten ART (Acupuncture<br />
randomised trials)<br />
und GERAC (German<br />
Acupuncture Trials) Stu<strong>di</strong>en<br />
zur Wirksamkeit der<br />
Akupunktur bei Migräne,<br />
Spannungskopfschmerz,<br />
Gonarthrose und chronische<br />
Lumbalgien (Literaturübersicht bei bäcker et al. 2006).<br />
Als statistisch signifikant wurde <strong>di</strong>e echte Nadelakupunktur bei<br />
Gonarthrose und chronischer Lumbalgie herausgefiltert. Wie erläutert,<br />
bedeuten aber statistisch signifikante Ergebnisse in der<br />
klinischen Forschung gar nichts. Die Ergebnisse beider Stu<strong>di</strong>en<br />
gehören daher ebenfalls in den Papierkorb. Die gebotenen Erklärungen<br />
sind Verwirrungen und haben in der Diskussion zu<br />
zahlreichen sonderbaren Hypothesen geführt (vgl. bäcker et al.<br />
2006), wobei auch vollstän<strong>di</strong>g gesicherte Befunde z.B. <strong>di</strong>e zur<br />
Morphologie der Akupunkturpunkte schlicht zu Hypothesen erklärt<br />
wurden (bäcker et al. 2006, heine 2006).<br />
Erklären in der klinischen Forschung be<strong>di</strong>ent sich stets der<br />
Wahrscheinlichkeitsstatistik. Diese führt jedoch zu Irrtümern, was<br />
wesentlich durch den unsinnigen p-Wert verursacht wird. Die<br />
Wahrscheinlichkeitsstatistik wird aber in der <strong>Med</strong>izin unwissend<br />
immer mit deterministischer Logik gleichgesetzt, <strong>di</strong>e aber nur<br />
Einmaliges, d.h. In<strong>di</strong>viduelles beschreibt. Zum Beispiel fährt mein<br />
Freund Paul ein altes Feuerwehrauto mit rot-grünen Streifen.<br />
Er wohnt in meiner Nachbarschaft. Wenn ich <strong>di</strong>eses Auto sehe,<br />
weiß ich, <strong>das</strong>s nur Paul drin sitzen kann. Meine Bekannte Marina,<br />
allseits bekannt und beliebt, fährt dagegen einen blauen Golf<br />
und wohnt in Berlin. Jedes Mal, wenn ich in Berlin bin und ein<br />
blauer Golf an mir vorbei fährt, wäre es unsinnig, stehen zu bleiben<br />
um zu winken, weil Marina drinsitzt. Die forschenden <strong>Med</strong>i-<br />
ZAEN<br />
ziner stehen jedoch am Straßenrand und winken heftig jedem<br />
blauen Golf zu, weil sie darin Marina vermuten (beck-bornholdt<br />
und dubben 2002).<br />
Wissenschaftliche Fragestellungen in der Naturheilkunde<br />
und der Komplementärme<strong>di</strong>zin sollten daher stets so angelegt<br />
werden, <strong>das</strong>s kein Signifikanztest nötig wird, sondern eine saubere<br />
Dokumentation von Einzelfällen vorgelegt wird.<br />
Verstehen<br />
Der Literaturnobelpreisträger andré gide (1869-1951) war der<br />
Ansicht „Verstehen heißt sich eine Frage stellen, <strong>di</strong>e durch <strong>das</strong>,<br />
was man versteht, genau beantwortet wird.“ C. F. von weiZSäcker<br />
(1985) <strong>di</strong>skutierte <strong>das</strong> Paradoxon, <strong>das</strong>s man nur <strong>das</strong> sehen könne,<br />
was man wisse. Forschung beginnt demnach mit vorstrukturierten<br />
Fragestellungen,<br />
<strong>di</strong>e durch induktive Bestätigung<br />
aus der Erfahrung<br />
und im Vergleich mit den<br />
denkmöglichen theoretischen<br />
Antworten Konzepte<br />
ergeben, <strong>di</strong>e bei<br />
Widerspruchsfreiheit zu<br />
wertvollen Theorien führen<br />
können oder, ohne in<br />
einem überprüfbaren Sinn<br />
richtig sein zu müssen, als<br />
heuristische Prinzipien wissenschaftliche<br />
Kreativität<br />
anregen.<br />
Zunächst ein Hinweis<br />
aus der Praxis: Der Neurologe<br />
gerhard kienle (Gründer<br />
des Herdecker Gemeinschafts-Krankenhauses<br />
und der Universität Witten/Herdecke),<br />
hatte 1976 anhand publizierter empirischer Stu<strong>di</strong>en bereits darauf<br />
hingewiesen, <strong>das</strong>s <strong>di</strong>e subjektive ärztliche Einschätzung und<br />
Erfahrung offenbar den gleichen Stellenwert hat wie <strong>di</strong>e Ergebnisse<br />
randomisierter klinischer Stu<strong>di</strong>en. Mit Einbringen eigenen<br />
Vorwissens liegt nämlich eine völlig andere Denkweise der Hypothesenprüfung<br />
vor. Sie wird nach dem englischen Geistlichen<br />
rey t. bayeS (1702-1761) als bayESsches Theorem der Hypothesenprüfung<br />
bezeichnet. Sein Manuskript wurde erst zwei Jahre<br />
nach seinem Tod veröffentlicht. „Vielleicht hatte bayeS <strong>di</strong>e Wahrscheinlichkeit,<br />
<strong>das</strong>s sein Manuskript im 18. Jahrhundert verstanden<br />
werden könnte, so niedrig eingeschätzt, <strong>das</strong>s er es vorzog,<br />
im Wald von Kent spazieren zu gehen, statt <strong>das</strong> fertiggestellte<br />
Manuskript, <strong>das</strong> man später in seinem Nachlass fand, zu publizieren“<br />
(beck-bornholt und dubben 2001). Er ist einer der Vorväter<br />
der induktiven Statistik. In einer Zeit, in der <strong>di</strong>e Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />
noch in den Kinderschuhen steckte, befasste sich<br />
bayeS bereits mit dem Problem, wie man spätere Erfahrungen<br />
mit ursprünglichen a priori Annahmen („Vorwissen“) in Einklang<br />
bringen könne. Es handelt sich gewissermaßen um eine dynamische<br />
Hypothesenprüfung mit eingebauter Hypothesenkorrektur<br />
(Swoboda 1971). Das heißt, es wird für den Therapeuten<br />
eine Wirkungsrichtung erkennbar, <strong>di</strong>e er aus Vorkenntnissen<br />
heraus beurteilt. Dabei wird eine Synthese von Messwerten, der<br />
6 5/2010