29.01.2013 Aufrufe

Lesen mit Lust und Laune - DAAD-magazin

Lesen mit Lust und Laune - DAAD-magazin

Lesen mit Lust und Laune - DAAD-magazin

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

14 titEl<br />

hatten sich um 1800 auf dem Gebiet des Heiligen<br />

Römischen Reiches gegründet. „Lektüre<br />

förderte ein neues Selbstverständnis der Bürger<br />

als einer Gruppe, die sich gegen den Adel<br />

absetzte“, erklärt die Buchwissenschaftlerin.<br />

Der Bürger war zugleich Leser, <strong>und</strong> das Buch<br />

wurde zu einer Macht, weil „über das Medium<br />

des gedruckten Wortes neue literarische<br />

<strong>und</strong> politische Kommunikationsstrukturen<br />

entstanden.“ Politische Parteien des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

gehen im deutschsprachigen Kulturraum<br />

zum Teil auf Lesegesellschaften zurück.<br />

„Mit der kulturellen Sonderstellung wird auch<br />

die wirtschaftliche Sonderbehandlung des<br />

gedruckten Buches begründet“, betont Rautenberg.<br />

Die Bindung an einen festen Ladenpreis,<br />

der den Preis- <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> Wertverfall von<br />

Büchern verhindern soll, ist in Deutschland<br />

gesetzlich verankert.<br />

Die Aufwertung geht Hand in Hand <strong>mit</strong> einer<br />

verbreiteten Abneigung gegenüber der<br />

Entwertung von Büchern. Ganz gleich, wie<br />

schäbig sie aussehen, ob sie gelesen wurden<br />

oder nicht, <strong>und</strong> selbst wenn sie inhaltlich<br />

durchschnittlich sind – in Deutschland werfen<br />

Leipziger Buchmesse 2011: Der deutsche Erfolgsautor<br />

Wolfgang Hohlbein liest seinen Roman als E-Book<br />

viele Menschen höchst ungern ihre privaten<br />

Bücher in den Abfall. „Das hat<br />

<strong>mit</strong> der nationalsozialistischen Bücherzensur<br />

zu tun <strong>und</strong> besonders <strong>mit</strong> den<br />

symbolischen Bücherverbrennungen<br />

am 10. Mai 1933 in über 200 Universitätsstädten“,<br />

erklärt Rautenberg.<br />

Werke von über 200 Autoren, darunter<br />

vieler jüdischer <strong>und</strong> sozialistischer<br />

Schriftsteller, landeten damals auf dem<br />

Scheiterhaufen.<br />

Leselust <strong>und</strong> Hörvergnügen<br />

Lesefeste im öffentlichen Raum haben im<br />

„Leseland“ Deutschland Konjunktur. Die internationalen<br />

Literaturfestivals in Köln, Hamburg,<br />

Berlin oder München sind alljährlich<br />

ausgebucht. Europas größtes Lesefest bietet<br />

Leipzig: Im März 2011 bot die Stadt parallel<br />

zur Buchmesse beim 20. Festival „Leipzig<br />

liest“ dem begeisterten Publikum über 2 000<br />

Leseveranstaltungen <strong>mit</strong> mehr als 1500 Autoren.<br />

Der Erfolg des Lese-Events in der sächsischen<br />

Großstadt stützt sich auch auf die besondere<br />

Lesetradition zur Zeit der DDR. Die<br />

© Leipziger Messe GmbH/Norman Rembarz<br />

Bücherzensur stachelte die Leselust damals<br />

noch an. „Jedes Buch – wenn es denn erschien<br />

– war für die Leser total interessant“, sagt der<br />

Buchwissenschaftler Siegfried Lokatis. Weltliteratur,<br />

die man lange nicht bekommen konnte,<br />

war häufig bereits am Tag des Erscheinens<br />

vergriffen. West-Literatur, die auf der Leipziger<br />

Buchmesse zum Teil ausgestellt sein durfte,<br />

wurde dort abgeschrieben, auswendig gelernt<br />

oder <strong>mit</strong> stillem Einverständnis der Verleger<br />

gestohlen. „Weil man wusste, dass die Presse<br />

zensiert ist, holte man sich die Welt über das<br />

Buch wieder herein.“<br />

Inszenierte Lesung bietet auch das Hörbuch,<br />

das in Deutschland seit Jahren einen Aufschwung<br />

erlebt. „Das Vorlesen literarischer<br />

Werke in professioneller Rhetorik ist eigentlich<br />

eine Renaissance der antiken Form der<br />

Literaturrezeption“, sagt Ursula Rautenberg.<br />

Das Hörbuch verdrängt das Bücherlesen nicht.<br />

Umfragen bestätigen: Wer Hörmedien nutzt,<br />

greift auch zu anderen Medien. Hörer bleiben<br />

Leser.<br />

Kein Boom für E-Books<br />

Anders als in den USA erlebt das E-Book in<br />

Deutschland <strong>und</strong> den europäischen Nachbarländern<br />

noch keinen vergleichbaren Boom.<br />

Zwar rechnen Verlage bereits <strong>mit</strong> der jüngeren<br />

Generation, für die der Umgang <strong>mit</strong> den<br />

E-Readern eines Tages normal sein wird, aber<br />

noch ist die Nachfrage gering. Am häufigsten<br />

wird das E-Book für die Informationsver<strong>mit</strong>tlung<br />

genutzt. 35 Prozent der deutschen Verlage<br />

führen E-Books <strong>mit</strong> einem Schwerpunkt<br />

<strong>DAAD</strong> Letter 1/11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!