Lesen mit Lust und Laune - DAAD-magazin
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16<br />
titEl<br />
Bibliotheken multimedial<br />
Interview <strong>mit</strong> Ulrich Korwitz<br />
Direktor der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin in Köln <strong>und</strong> Bonn<br />
(ZB MED), Einrichtung der Leibniz-Gemeinschaft<br />
E-Books werden in Deutschland bisher zögerlich genutzt. Der Umbruch<br />
zum digitalen <strong>Lesen</strong> wird vor allem für die Fachliteratur erwartet.<br />
Für wissenschaftliche Bibliotheken bleibt die Entwicklung<br />
daher spannend. Die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin ist die<br />
weltweit größte Informationseinrichtung im Fächerkanon Medizin,<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen, Ernährungs-, Umwelt- <strong>und</strong> Agrarwissenschaften.<br />
Welche Inhalte werden an der<br />
ZB MED elektronisch gelesen?<br />
Wir haben millionenfache<br />
Abrufe von elektronischen Zeitschriftenartikeln<br />
im Internet. Die<br />
Verlage machen ihr Geschäft, indem<br />
sie ihre Pakete als Lizenzen<br />
verkaufen. Im Bereich der Medizin<br />
sind heute über 9 000 Zeitschriften<br />
elektronisch verfügbar.<br />
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
erwirbt seit 2004 für sehr<br />
viel Geld sogenannte Nationallizenzen<br />
für die Archive von einschlägigen<br />
Zeitschriften in allen<br />
Fachbereichen. Die stehen dann<br />
akademischen Einrichtungen in<br />
Deutschland zur Verfügung. Das<br />
ist ein klares Zeichen dafür, dass<br />
Bedarf besteht.<br />
<strong>Lesen</strong> Studierende E-Books?<br />
Die Entwicklung muss man<br />
beobachten. Vielen Studierenden<br />
fehlt im Umgang <strong>mit</strong> dem<br />
E-Book der wörtlich gemeinte<br />
Zugriff auf ein Buch. Sie möchten<br />
gleichzeitig im Index blättern<br />
<strong>und</strong> in den Volltext schauen,<br />
Vergleiche zwischen mehreren<br />
Seiten ziehen oder wichtige Informationen<br />
markieren. Es gibt<br />
da Nachbesserungen bei den<br />
Readern, aber die reichen nicht<br />
aus. Einige Bibliotheken haben<br />
E-Book-Kollektionen gekauft oder<br />
leihen Reader <strong>mit</strong> einer Gr<strong>und</strong>version<br />
von Nachschlagewerken<br />
aus, die dann ständig aktualisiert<br />
wird. Für das Nachschlagen singulärer<br />
Informationen wird das<br />
E-Book genutzt, aber ein ganzes<br />
Lehrbuch der Chirurgie wird eher<br />
noch nicht elektronisch gelesen.<br />
Wie erfolgreich ist die freie<br />
Publikation wissenschaftlicher<br />
Inhalte im Internet?<br />
Zeitschriften im „Open Access“<br />
sind gut etabliert. Wir verlegen<br />
14 Zeitschriften <strong>und</strong> veröffentlichen<br />
etwa 20 Kongressberichte<br />
pro Jahr <strong>mit</strong> je bis zu 1 000 Abstracts<br />
<strong>und</strong> Forschungsberichten.<br />
Da sind wir weit. Fast alle diese<br />
Zeitschriftenartikel existieren<br />
nur digital. Das ist eine klare<br />
Umstellung.<br />
Was bedeutet die elektronische<br />
Publikation für die<br />
Archivierung?<br />
Wir müssen Dateien <strong>mit</strong> Nationallizenzen,<br />
die wir ja für alle<br />
Zeit erworben haben, immer wieder<br />
neu in eine technisch lesbare<br />
Form überführen. Sonst geht das<br />
Material verloren. Zusammen<br />
<strong>mit</strong> der Technischen Informationsbibliothek<br />
Hannover <strong>und</strong><br />
der Deutschen Zentralbibliothek<br />
für Wirtschaftswissenschaften<br />
in Kiel erproben wir derzeit ein<br />
System für die digitale Langzeitarchivierung.<br />
Es gibt noch kein<br />
Standardsystem für die Welt.<br />
Werden Bibliotheken als<br />
Gebäude überflüssig, wenn<br />
sich auch das E-Book<br />
durchsetzt?<br />
Die Studierenden gewöhnen<br />
sich immer stärker an das digitale<br />
<strong>Lesen</strong>, <strong>und</strong> auf Bestände<br />
virtueller Bibliotheken können<br />
sie <strong>mit</strong> entsprechender Lizenz<br />
von überall her zugreifen. Wir<br />
diskutieren dieses Szenario. Aber<br />
wir sehen auch, dass die Bibliothek<br />
eine Funktion als Lernraum<br />
hat. Möglicherweise werden<br />
sich genau da die Angebote von<br />
Bibliotheken erweitern: als ein<br />
Ort, wo Ruhe herrscht, wo die<br />
Studierenden gedruckte <strong>und</strong> elektronische<br />
Bücher, Internet <strong>und</strong><br />
Recherchemöglichkeiten finden<br />
<strong>und</strong> schließlich auch – das ist<br />
vor allem für Mediziner wichtig<br />
– Modelle, Skelette <strong>und</strong> andere<br />
Materialien.<br />
Greifen Sie in Ihrer Freizeit zum<br />
E-Book?<br />
Ich überlege, es auszuprobieren.<br />
Aber ich habe ein schönes<br />
Büchlein gern in der Hand <strong>und</strong><br />
blättere in der Sitzecke, um mich<br />
inspirieren zu lassen. Mal sehen,<br />
ob das E-Book da heranreicht.<br />
Das Gespräch führte<br />
Bettina Mittelstraß<br />
<strong>DAAD</strong> Letter 1/11<br />
© zbmed