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Die Thematisierung von Tod und Trauer. - d-nb, Archivserver ...

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www.widerstreit-sachunterricht.de/Ausgabe Nr. 7/Oktober 2006<br />

– auf die diesbezügliche Entwicklung der Kinder auswirken: „Welche Erfahrungen können oder auch<br />

sollen oder gar müssen Kinder in unserer Gesellschaft mit dem <strong>Tod</strong> machen?“, „Welche Auswirkungen<br />

haben diese Erfahrungen <strong>und</strong> Sozialisationseinflüsse auf die psychische Entwicklung <strong>von</strong> Kindern?“<br />

Im Folgenden sollen diese Fragen Beantwortung finden.<br />

2.2 Erfahrungen <strong>von</strong> Kindern <strong>und</strong> mögliche Folgen bezüglich des Umgangs mit <strong>Tod</strong> <strong>und</strong> <strong>Trauer</strong><br />

in unserer Gesellschaft<br />

Im Folgenden wird auf die in 2.1.5 formulierten Fragen eingegangen.<br />

2.2.1 Indirekte Erfahrungen<br />

Kinder sehen den <strong>Tod</strong> fast täglich in den Medien. <strong>Die</strong>se Art der Konfrontation mit dem <strong>Tod</strong> ist meistens<br />

auch ihre erste (vgl. Plieth 2002, S. 40). Kinder <strong>und</strong> Jugendliche haben bis zum Alter <strong>von</strong> 18<br />

Jahren ca. 18.000 fiktionale <strong>und</strong> ferne reale <strong>Tod</strong>e miterlebt (vgl. Franz 2002, S. 48). Der Fernsehkonsum<br />

eines Kindes im Alter <strong>von</strong> sieben bis neun Jahren beträgt durchschnittlich zwei St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> zehn<br />

Minuten. Hinzu kommt, dass sich nicht nur die Konsumzeit, sondern auch die Schnelligkeit der Bildwechsel<br />

im Fernsehen erhöht hat. <strong>Die</strong>se Tatsache führt häufig zu einer Abstraktion des <strong>Tod</strong>es. Eine<br />

emotionale Auseinandersetzung mit der <strong>Tod</strong>eswirklichkeit in Form <strong>von</strong> <strong>Trauer</strong> ist hierzu nicht nötig<br />

<strong>und</strong> auch kaum möglich. Zudem erscheint der <strong>Tod</strong> reversibel. Es kann eine Form des <strong>Tod</strong>eserlebens<br />

entstehen, die in Nichtverstehen <strong>und</strong> emotionaler Überforderung mündet (vgl. Plieth 2002, S. 41).<br />

Somit kann es sein, dass Kinder mit einem hohen Fernsehkonsum häufiger ein unrealistischeres Bild<br />

vom <strong>Tod</strong> haben als andere (vgl. Freese 2001, S. 121). <strong>Die</strong>ser ‚veralltäglichte‘ <strong>Tod</strong> kann dazu führen,<br />

dass Gefühle abstumpfen (Daum 2003, S. 25).<br />

Ähnlich wie die genannte indirekte Erfahrung <strong>von</strong> Kindern mit dem <strong>Tod</strong> können auch andere indirekte<br />

Erlebnisse, zum Beispiel unüberlegte Äußerungen <strong>von</strong> Erwachsenen im Beisein <strong>von</strong> Kindern, zu<br />

sehr diffusen Vorstellungen bei diesen führen. Erwachsene verwenden häufig, um die eigene <strong>Trauer</strong><br />

zu verdrängen oder auch aus religiösen Gründen, bewusst oder u<strong>nb</strong>ewusst Euphemismen <strong>und</strong> Metaphern<br />

– beispielsweise „Der Opa ist jetzt im Himmel“. Kinder können diese Redensarten nicht verstehen,<br />

da sie zwischen einem naturwissenschaftlichen <strong>und</strong> einem religiös definierten Himmel nicht<br />

unterscheiden können. Aus diesem Gr<strong>und</strong> kommt es oft zu Fehlinterpretationen, die auch Angst auslösen<br />

können. Wie zum Beispiel bei einem Fünfjährigen, der dachte sein ‚dicker‘ Opa könnte ihm auf<br />

den Kopf fallen, da er laut der Aussage der Mutter im Himmel ist <strong>und</strong> somit über ihm verweilt (vgl.<br />

Plieth 2002, S. 42/43). Kinder können demnach solche Äußerungen nicht verstehen – im Gegenteil sie<br />

entwickeln eventuell Ängste, die unkommuniziert bleiben.<br />

Ein weiteres Beispiel indirekter Erfahrungen <strong>von</strong> Kindern mit dem <strong>Tod</strong> ist das Erleben desgleichen<br />

als Geheimnis. Erwachsene vermuten, dass Erfahrungen mit dem <strong>Tod</strong> ihre angeblich vorhandene<br />

‚heile Welt‘ zerstören könnten. Oder sie umgehen die Fragen der Kinder, weil sie sich ihnen, aufgr<strong>und</strong><br />

ihres Anspruchs mit der einen Wahrheit zu Antworten, die es diesbezüglich nicht gibt, nicht gewachsen<br />

fühlen. Demnach erleben Kinder Sprachlosigkeit im Sinne <strong>von</strong> nicht vorhandener direkter Kommunikation<br />

<strong>und</strong> werden häufig nicht auf den baldigen <strong>Tod</strong> eines Angehörigen vorbereitet. Deswegen<br />

ist es umso schockierender für sie, wenn dieser eintritt <strong>und</strong> ihnen erst dann da<strong>von</strong> mitgeteilt wird.<br />

Häufig werden Kinder auch ausgegrenzt, wenn es um den <strong>Tod</strong> geht. Sie werden beispielsweise zu<br />

Verwandten geschickt, während ein Familienmitglied stirbt. <strong>Die</strong> Kinder lernen folglich diesem Thema<br />

<strong>und</strong> auch den Fragen dazu aus dem Weg zu gehen (vgl. Franz 2002, S. 49-53). „Der <strong>Tod</strong> wird zur<br />

Begegnung mit dem u<strong>nb</strong>ekannten Fremden, obgleich wir alle mitten im Leben vom <strong>Tod</strong> umfangen<br />

sind.“ (ebd., S. 53)<br />

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