THE QUERY PROJECT - European Commission - Europa
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t R A n S l At I o n S o f t h E P R o P o S A l<br />
German<br />
Empfehluingen für Europäische<br />
Richtlinien in der Unfallrekonstruktion:<br />
Der folgende Text ist die überarbeitete Version der Ergebnisse<br />
des zweiten <strong>QUERY</strong> Workshops, 20.10.2005, Bratislava.<br />
1. Spurensicherung an der Unfallstelle vs. Unfallrekonstruktion<br />
Bei Straßenverkehrsunfällen sollte zwischen zwei Arbeitsfeldern<br />
unterschieden werden:<br />
• Spurensicherung an der Unfallstelle, einschliesslich Vermessungen<br />
(z. B. Bremsgeschwindigkeit), Sicherung von<br />
flüchtigen Spuren, sowie Befragung von Beteiligten und<br />
eventuellen Zeugen<br />
• Unfallrekonstruktion, d. h. die Verwendung wissenschaftlicher<br />
Methoden, um Schlüsse aus den an der Unfallstelle dokumentierten<br />
Spuren zu ziehen<br />
In den meisten europäischen Ländern wird die Spurensicherung<br />
von der Polizei ausgeführt, vorzugsweise von Beamten, die<br />
über eine spezielle Ausbildung verfügen. Wir schlagen vor, solche<br />
speziell ausgebildete Personen in Zukunft als Unfallermittler (‘accident<br />
investigator’) zu bezeichnen.<br />
Tätigkeiten im zweiten Arbeitsfeld, der Unfallrekonstruktion,<br />
sollten von akademisch gebildeten Personen ausgeführt werden.<br />
Wir schlagen vor, dieses Arbeitsgebiet mit dem Begriff Unfallrekonstruktion<br />
(‘accident reconstruction’) bzw. Unfallanalyse zu<br />
bezeichnen, und die sich daraus ergebende Tätigkeit klar von der<br />
der Berufsgruppe der Unfallermittler zu unterscheiden.<br />
Im Folgenden wird der Begriff Unfallrekonstrukteur benutzt, um<br />
Personen, die diese Tätigkeit ausführen, zu beschreiben. Für den<br />
im Englischen verwendeten Begriff reconstructionist verwenden<br />
wir vergleichbare Begriffe in der jeweiligen Landessprache, wobei<br />
im Deutschen auch der Begriff Unfallanalytiker gleichbedeutend<br />
ist.<br />
Der Gebrauch von Begriffen wie ,technischer Experte’ oder<br />
,KFZ-Experte’ sollte vermieden werden, da diese Begriffe mehrdeutig<br />
sind.<br />
Die Niederlande und Grossbritannien stimmen der Mindestanforderung<br />
einer akademischen Bildung nicht zu:<br />
In diesen Ländern, in denen ein System der Spurensicherung<br />
und -analyse seitens der Polizei existiert, sollte eine ausreichende<br />
Aus- und Weiterbildung sichergestellt werden.<br />
Im Falle einer besonders komplexen Ermittlung, oder einer, die<br />
die Anwendung von physikalischen Gesetzen und Mathematikkenntnissen<br />
erfordert, welche für eine Beweisführung vor Gericht<br />
notwendig sind, aber ausserhalb des Erfahrungsbereichs des<br />
Ermittlers liegen, müssen die Beweise und Schlussfolgerungen<br />
von einem geeigneten Experten, der das notwendige Wissen und<br />
die notwendige Erfahrung besitzt, validiert werden. In solchen<br />
Fällen muss zwischen akademischer Bildung und praktischer<br />
Erfahrung abgewogen werden.<br />
10<br />
. Geschützter Titel für Unfallrekonstrukteure<br />
In den meisten europäischen Ländern wird im Allgemeinen<br />
nur ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger eingesetzt,<br />
während in einigen wenigen Ländern in der Regel zwei Experten<br />
- einer für jede der beiden streitenden Parteien - eingesetzt<br />
werden. Besonders dann, wenn nur ein Gerichtssachverständiger<br />
am Verfahren beteiligt ist, werden hohe Anforderungen an die<br />
Qualifikation und die moralische Integrität gestellt: Die Urteilsfindung<br />
basiert auf den vom Unfallrekonstrukteur gezogenen<br />
Schlüssen, und diese können von einem Laien nicht im Detail<br />
geprüft werden.<br />
Um Qualifikation und moralische Integrität zu garantieren, muss<br />
ein System der Qualitätskontrolle aufgebaut werden. Personen,<br />
die durch solch ein Qualitätskontrollsystem geprüft sind, sollten<br />
einen geschützten Titel erhalten (und, wenn möglich, noch andere<br />
geschützte Insignien), damit Laien die Möglichkeit haben, diese<br />
Personen von selbsternannten Experten zu unterscheiden.<br />
Dieses System wäre vergleichbar mit den üblichen Gepflogenheiten<br />
von geschützten Titeln in anderen Berufen, wie der des<br />
Arztes und des Rechtsanwalts.<br />
. Unfallermittlung<br />
Die Spurensicherung an der Unfallstelle ist eine Aufgabe, die<br />
hohe Verantwortung mit sich bringt, und daher speziell ausgebildetes<br />
Personal erfordert. Generell kann diese Aufgabe nicht von<br />
Personen, die nur über eine allgemeine polizeiliche Ausbildung<br />
verfügen, getätigt werden.<br />
Im Allgemeinen braucht solch ein Unfallermittler (‘accident<br />
investigator’) keine akademische Qualifizierung, da die Spurensicherung<br />
weitgehend unter Verwendung standardisierter Richtlinien<br />
und Grundregeln erfolgen kann, ohne dass der gesamte<br />
Unfall bereits bei der Spurensicherung rekonstruiert wird.<br />
Bei einem sehr komplexen Unfall kann aber eine Teilrekonstruktion<br />
an der Unfallstelle dabei helfen, die Spurensicherung<br />
durchzuführen. In diesen Fällen wäre es sinnvoll, einen Unfallrekonstrukteur<br />
zur Unfallstelle zu rufen.<br />
. Qualifikationen des Unfallrekonstrukteurs<br />
Die Rekonstruktion eines Unfalls in dem oben genannten<br />
Sinn benötigt meist weitreichende Kenntnisse physikalischer<br />
und technischer Prinzipien, die im Allgemeinen nur durch ein<br />
technisches Studium erworben werden können. Ein Universitätsabschluss<br />
in Maschinenbau, Physik oder in einem vergleichbaren<br />
Fach ist deshalb eine Voraussetzung für den Werdegang zum<br />
Unfallrekonstrukteur. Ein Universitätsabschluss allein ist aber nicht<br />
ausreichend, um diese Art von Arbeit auszuführen. Zusätzlich<br />
werden auch spezielle praktische und theoretische Kenntnisse<br />
des Arbeitsgebietes benötigt.<br />
Postgraduierte Studiengänge sind eine mögliche Lösung, um<br />
die theoretische Qualifikation zu erreichen, und sollten einer<br />
rein beruflichen Ausbildung vorgezogen werden. Praktische<br />
Kenntnisse können aber nur durch Tätigkeit unter Anleitung in<br />
diesem Gebiet erworben werden. Unfallrekonstrukteure sollten<br />
mindestens drei Jahre praktisch gearbeitet haben. Desweiteren<br />
sollten Unfallrekonstrukteure zumindest grundlegende Kenntnisse<br />
des Rechtssystems des Landes, in dem sie arbeiten, haben.<br />
Hierin eingeschlossen sind die Prozessordnung sowie die Beweislastregeln.