Stefan Wirtz Vom Fachbereich VI (Geographie/Geowissenschaften ...
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Experimentelle Rinnenerosionsforschung vs. Modellkonzepte – Quantifizierung der hydraulischen und erosiven Wirksamkeit von Rinnen<br />
Für das Nicht-Zutreffen der Modellannahmen können mehrere Gründe aufgeführt werden:<br />
Zum einen stellt sich die Vielzahl unterschiedlicher Prozesse mit großer räumlicher und<br />
zeitlicher Variabilität als kaum zu überwindendes Problem heraus. Der Ansatz, diese Prozesse<br />
mithilfe eines einzelnen hydraulischen Parameters abzubilden, erweist sich als unbrauchbar.<br />
Zum anderen liegt ein weiteres Problem in der Verwendung des hydraulischen Parameter an<br />
sich: In den meisten Modellen wird der shear stress als hydraulischer Parameter verwendet,<br />
aus diesem lassen sich andere Parameter wie unit length shear force und verschiedene stream<br />
power-Varianten ableiten. In einem Review-Teil in <strong>Wirtz</strong> et al. (subm. 2012) und <strong>Wirtz</strong> et al.<br />
(2013) wird gezeigt, dass die Berechnung von shear stress nicht eindeutig ist. Je nach<br />
Literaturangabe werden ganz unterschiedliche Faktoren verwendet, um den shear stress zu<br />
berechnen. Zudem wird nicht deutlich zwischen shear stress - einem hydraulischen Parameter<br />
- und critical shear stress - einem Substratparameter - unterschieden. Auch die Berechnung<br />
der transport capacity ändert sich je nach Quelle. Als Folge dieser wechselnden<br />
Eingangsparameter ergibt sich, dass der shear stress nicht in allen Fällen in Pascal und die<br />
transport capacity nicht immer in Kilogramm pro Sekunde angegeben ist.<br />
Basis der shear stress-Formel in der Hydraulik ist die Navier-Stokes-Gleichung. Diese<br />
beschreibt die Bewegung von Flüssigkeiten, wobei Newtons zweites Gesetz, das<br />
Aktionsprinzip, auf Flüssigkeiten angewendet wird: Die Änderung der Bewegung einer Masse<br />
ist zur Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht nach der Richtung<br />
derjenigen geraden Linie, nach welcher jene Kraft wirkt. Kombiniert wird dies mit der<br />
Annahme, dass die Flüssigkeitsspannung als Summe aus einem Viskositätsterm und einem<br />
Druckterm darzustellen ist. Durch Verwendung der Navier-Stokes-Gleichung kann ein<br />
inkompressibles Fluid komplett beschrieben werden, hydrodynamische Fragen werden auf ein<br />
mathematisches Problem reduziert. Dieses Problem besteht jedoch aus einem System von<br />
nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen zweiter Ordnung. Nur die einfachsten Fälle<br />
können mit den leistungsfähigsten Computern numerisch gelöst werden. Für den allgemeinen<br />
drei-dimensionalen Fall sind Existenz, Eindeutigkeit und Richtigkeit noch nicht bewiesen.<br />
Die Dringlichkeit dieses Problems spiegelt sich in der Tatsache wider, dass der Beweis oder<br />
ein Gegenbeweis der Navier-Stokes-Gleichung als eines der sieben wichtigsten Probleme der<br />
Mathematik angesehen wird, auf dessen Lösung vom Clay Mathematics Insitute eine<br />
Belohnung von 1 Mio. $ ausgesetzt ist (Constantin, 2001; Fefferman, 2006; Schneider, 2008;<br />
Seiler, 2002; Temam, 2000; Wiegner, 1999).<br />
Ein weiteres Problem ist, dass der Einfluss von Turbulenzen in Modellen nicht berücksichtigt<br />
wird. Nearing & Parker (1994) untersuchen den Einfluss der Turbulenz auf den shear stress.<br />
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