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Übertragung und Gegenübertragung Frühlingsfest der KJHB 2011

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eignen. „Die Seminare zielen darauf ab, einen Raum<br />

für das Erkennen sowie die Festigung <strong>und</strong> Stärkung<br />

eigener Ressourcen zu öffnen“.<br />

Um konstruktiv in den Dialog mit an<strong>der</strong>en treten zu<br />

können, sind folgende „Dialog-Regeln“ von großer<br />

Bedeutung:<br />

- „Je<strong>der</strong> genießt den gleichen Respekt.<br />

- Ich vertraue mich neuen Sichtweisen an.<br />

- Ich mache mir bewusst, dass meine „Wirklichkeit“,<br />

nur ein Teil des Ganzen ist.<br />

- Ich genieße das Zuhören.<br />

- Ich brauche niemanden von meiner Sichtweise zu<br />

überzeugen.<br />

- Wir verzichten auf eine einvernehmliche Lösung.<br />

- Wenn ich von mir rede, benutze ich das Wort<br />

„Ich“ <strong>und</strong> spreche nicht von „man“.<br />

- Bevor ich rede, nehme ich mir einen Atemzug<br />

Pause.<br />

- Ich rede von Herzen <strong>und</strong> fasse mich kurz.<br />

- Ich nehme Unterschiedlichkeit als Reichtum wahr.“<br />

(Dem Buch: „Dialogphilosophie in <strong>der</strong> Praxis mit Migrantinnen,<br />

Martin Buber, entnommen.)<br />

Doch nun zu meinem eigentlichen Thema, die fünf<br />

Lernebenen in <strong>der</strong> dialogischen Elternarbeit.<br />

Die meisten Menschen assoziieren mit dem Begriff<br />

„lernen“, lediglich die Aufnahme von Fakten o<strong>der</strong><br />

Informationen mit dem Ziel, sich möglichst große<br />

„Wissensbestände“ anzueignen. Nach wie vor ist ein<br />

überwältigen<strong>der</strong> Anteil aller schulischen Prozesse<br />

durch diese Form des Lernens charakterisiert. Erfahrungsbezogenes<br />

Lernen, wie es hier beschrieben<br />

wird, bedarf jedoch einer Differenzierung. Das Modell<br />

<strong>der</strong> „Fünf Lernebenen“ verbindet die Sach- <strong>und</strong><br />

Informationsebene, die Reflexion des eigenen Denkens,<br />

Fühlens, Handelns <strong>und</strong> Wollens, die persönliche<br />

Konfrontation mit dem Thema, die Beschäftigung<br />

mit <strong>der</strong> eigenen Biographie <strong>und</strong> Lebensorientierung<br />

sowie die individuelle Sinnsuche zu einem<br />

ganzheitlichen Lernkonzept.<br />

Die fünf Lernebenen skizzieren we<strong>der</strong> einen gewünschten<br />

chronologischen Ablauf des Dialogs,<br />

noch stehen sie in einer hierarchischen Beziehung.<br />

Das folgende Beispiel zeigt, was sich bei einem<br />

Seminar während <strong>der</strong> Dialoge in den Köpfen <strong>der</strong><br />

einzelnen Teilnehmer abspielen kann <strong>und</strong> zwar unabhängig<br />

davon, ob es durch die Leitung initiiert<br />

wurde o<strong>der</strong> nicht.<br />

Die ELTERN STÄRKEN - Seminare sind so angelegt,<br />

dass mehr als Informationsaustausch stattfindet,<br />

dass im besten Fall von den einzelnen Seminarteilnehmern<br />

ein individuell bedeutsamer Lernzuwachs<br />

verbucht werden kann. Ein Thema kann die<br />

unterschiedlichsten Schichten <strong>und</strong> Ebenen hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> Aneignungskompetenz <strong>der</strong> Teilnehmer <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Eindringtiefe des Lernens berühren. Eindringtiefe<br />

meint hier den Grad <strong>der</strong> Ich-Nähe des Lernens.<br />

Stellen Sie sich einmal als „neutraler Beobachter“<br />

folgende Seminarsituation mit Eltern vor:<br />

Eine Teilnehmerin regt an, über „Konsequenzen in<br />

<strong>der</strong> Erziehung“ zu sprechen. Sie findet mit diesem<br />

Vorschlag das Interesse <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Anwesenden.<br />

Was vor<strong>der</strong>gründig wie ein gemeinsamer, konzentrierter<br />

Kommunikationsvorgang über ein vereinbartes<br />

Thema aussieht, entpuppt sich bei differenzierter<br />

Betrachtung als ein Gedankenprozess, <strong>der</strong> sich auf<br />

unterschiedlichen Ebenen in den Köpfen <strong>der</strong> einzelnen<br />

Teilnehmer abspielt. Gemeint sind damit u. a.<br />

unterschiedliche Zeitachsen. Auch emotional sind<br />

vermutlich alle unterschiedlich beteiligt.<br />

Die Protagonistin hatte bei <strong>der</strong> Formulierung ihrer<br />

Frage bestimmte Begebenheiten vor Augen, die zwischen<br />

ihr <strong>und</strong> ihrem Lebenspartner regelmäßig zu<br />

Kontroversen führen, wenn es um die Länge des<br />

abendlichen Ausgangs ihrer 15jährigen Tochter geht.<br />

Eine an<strong>der</strong>e Teilnehmerin denkt bei „Konsequenz“<br />

plötzlich an ihre berufliche Tätigkeit als Ausbil<strong>der</strong>in im<br />

Betrieb. Jemand an<strong>der</strong>s erinnert sich zum gleichen<br />

Zeitpunkt an einen Streit mit seinen Eltern als er noch<br />

jugendlich war. Angeregt durch Äußerungen befindet<br />

er sich auf eine Zeitreise. Er hatte damals mit einer<br />

erf<strong>und</strong>enen Geschichte seine Eltern „hinters Licht“<br />

geführt <strong>und</strong> sie im Glauben gelassen, sie hätten ihn<br />

mit ihrer konsequenten Haltung davon abgehalten,<br />

mit dem Rauchen zu beginnen.<br />

Ein an<strong>der</strong>er fühlt sich gerade dabei ertappt, dass er<br />

selbst bei <strong>der</strong> Einhaltung <strong>der</strong> eigenen Vorsätze<br />

überhaupt nicht konsequent ist <strong>und</strong> macht sich Sorgen,<br />

ein schlechtes Beispiel für die eigenen Kin<strong>der</strong><br />

zu sein. Den einen o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>e interessiert das<br />

Thema weniger. Sie hängen noch dem vorigen<br />

Thema nach <strong>und</strong> sind in Gedanken ganz woan<strong>der</strong>s,<br />

etwa bei dem Moment heute Abend, als er o<strong>der</strong> sie<br />

zum Elternseminar eilen wollte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kleine nicht<br />

einschlafen wollte. Denkbar wäre es auch, dass eine<br />

Mutter durch die zusammengetragenen Geschichten<br />

<strong>und</strong> Denkanstöße zu dem Schluss kommt, dass sie<br />

zu ihren Töchtern viel zu streng ist. Vielleicht fragt<br />

sie sich, ob sich die überstrenge Erziehung nicht<br />

zum Gegenteil verkehren kann <strong>und</strong> wie sie ihren<br />

„Fehler“ wie<strong>der</strong> „ausbügeln“ kann. Blitzschnell<br />

wechseln die Ebenen zwischen Vergangenheit, Gegenwart<br />

<strong>und</strong> Zukunft: Und auch <strong>der</strong> Seminarleiter<br />

erinnert möglicherweise hautnah eigene „Schwachstellen“<br />

im Umgang mit <strong>der</strong> Konsequenz in seinem<br />

persönlichen Erziehungsalltag.<br />

Die Komplexität ließe sich beliebig erweitern. Einige<br />

erhoffen sich einfache „Fakten“ <strong>und</strong> Literaturhinweise<br />

zum Nachlesen <strong>der</strong> Materie. Wie<strong>der</strong>um an<strong>der</strong>e<br />

schweifen ab <strong>und</strong> beobachten draußen auf einem<br />

großen Baum das muntere Spiel <strong>der</strong> Vögel o<strong>der</strong> sind<br />

für Momente beim Kühlschrank, da sich <strong>der</strong> Magen<br />

zu Wort meldet. Und so weiter <strong>und</strong> so weiter….<br />

Je<strong>der</strong> <strong>und</strong> jede ist auf eigene Art näher o<strong>der</strong> weiter<br />

mit dem Thema verb<strong>und</strong>en. Die „Konsequenz“ löst<br />

Ausgabe 81 9 KiM ®

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