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Übertragung und Gegenübertragung Frühlingsfest der KJHB 2011

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<strong>Übertragung</strong> <strong>und</strong> <strong>Gegenübertragung</strong><br />

Frau Michaela Huber hält Vortrag im Rahmen des <strong>Frühlingsfest</strong>es<br />

Zum Auftakt unseres diesjährigen <strong>Frühlingsfest</strong>es am 27.05.<strong>2011</strong> - wie<br />

bewährt - wie<strong>der</strong> alle Profieltern herzlich eingeladen zu einem Vortrag<br />

mit Fortbildungscharakter.<br />

Dieses Mal konnte zu unserer großen Freude Frau Michaela Huber<br />

gewonnen werden.<br />

Frau Michaela Huber ist psychologische Psychotherapeutin <strong>und</strong><br />

durch zahlreiche Veröffentlichungen sowie als erste Vorsitzende<br />

<strong>der</strong> Deutschen Sektion <strong>der</strong> „International Society for Study of Dissociation“<br />

in <strong>der</strong> Fachwelt gut bekannt. Im Jahr 2008 erhielt Frau<br />

Huber das B<strong>und</strong>esverdienstkreuz als Anerkennung ihres großartigen<br />

Einsatzes für schwer traumatisierte Menschen.<br />

Frau Huber erläuterte auf eine beson<strong>der</strong>s ansprechende <strong>und</strong> anschauliche<br />

Weise sowohl die neuesten Forschungsergebnisse als auch ihre<br />

fachlichen Interpretationen zum Thema:<br />

„<strong>Übertragung</strong> <strong>und</strong> <strong>Gegenübertragung</strong><br />

Was bedeutet es, ein traumatisiertes Kind in die eigene Familie aufzunehmen?“<br />

In den angereisten Profieltern fand sie gespannt<br />

lauschende Zuhörer vor, die sich beson<strong>der</strong>s durch<br />

Frau Hubers wertschätzende Äußerungen zur Arbeit<br />

von Profieltern in ihrem alltäglichen Tun anerkannt<br />

fühlen konnten.<br />

Anhand logisch aufeinan<strong>der</strong> aufbauen<strong>der</strong> Thesen<br />

hob Frau Huber verschiedene Aspekte <strong>der</strong> Thematik<br />

beson<strong>der</strong>s hervor, z.B. die notwendige wirklich möglichst<br />

umfassende Information zur Anamnese <strong>der</strong><br />

aufgenommenen Kin<strong>der</strong>, die nicht nur eine bloße<br />

Auflistung diverser Aufenthaltsorte umfasst, son<strong>der</strong>n<br />

vor allem die erlebten Beziehungsmuster zu verantwortlichen<br />

Bezugspersonen, das Traumatisierende<br />

in <strong>der</strong> Vorgeschichte. Sie betonte die heilende Kraft<br />

<strong>der</strong> Bindungsarbeit, <strong>der</strong> sich Profieltern mit <strong>der</strong> Aufnahme<br />

eines Kindes stellen. Und sie beschreib ausführlich<br />

die Bedeutung <strong>der</strong> „elterlichen Präsenz“ von<br />

Profieltern, die sich Tag für Tag <strong>der</strong> oft mühevollen<br />

Aufgabe widmen, dem aufgenommenen traumatisierten<br />

Kind als Reibungs- <strong>und</strong> <strong>Übertragung</strong>sfläche<br />

zur Verfügung zu stehen. Gerade durch diese gelebte<br />

Nähe, von Leidenschaft <strong>und</strong> Engagement getragen,<br />

eigentlich mit nichts ausreichend zu bezahlen,<br />

sei eine Bearbeitung <strong>und</strong> Korrektur <strong>der</strong> oft bitteren<br />

Vergangenheit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> möglich, die schließlich zu<br />

einer inneren Balance des Kindes führen könne.<br />

Intensiv erläuterte Frau Huber Ergebnisse aktueller<br />

Studien. Diese befassen sich zum Einen mit den<br />

Folgen erlebter Gewalt in <strong>der</strong> Herkunftsfamilie <strong>und</strong><br />

zum An<strong>der</strong>en mit den Folgen erfahrenen Drogenmissbrauchs.<br />

In diesem Zusammenhang konnte<br />

Frau Huber aufzeigen, dass laut Michaud et al.<br />

(2006) <strong>der</strong>artige schädliche Kindheitserfahrungen<br />

offensichtlich zu 50-75% für spätere Depressionen,<br />

Suizidversuche sowie eigene Drogen- bzw. Alkoholabhängigkeit<br />

verantwortlich seien.<br />

Das differenzierte Kaskadenmodell von Teicher (ab<br />

2000) wurde ebenfalls veranschaulicht, nach welchem<br />

unter an<strong>der</strong>em frühe Stresserfahrungen dazu<br />

führen, dass Kin<strong>der</strong> ihre Stress-Reaktionssysteme<br />

insgesamt von Gr<strong>und</strong> auf verän<strong>der</strong>n. Sie sind beson<strong>der</strong>s<br />

schnell zu verunsichern durch bereits<br />

kleinste Verän<strong>der</strong>ungen im Alltag. Sie zeigen für<br />

Außenstehende unerklärliche <strong>und</strong> für Profieltern<br />

beson<strong>der</strong>s herausfor<strong>der</strong>nde, Angst besetzte Verhaltensmuster,<br />

die gleich einem inneren Film vollkommen<br />

automatisiert abzulaufen scheinen. In Abhängigkeit<br />

vom „Timing“ <strong>der</strong> Schädigung kann es sogar<br />

zu Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Genexpression kommen<br />

sowie zu einer verzögerten <strong>und</strong> verän<strong>der</strong>ten Myelinisierung<br />

<strong>der</strong> Nervenbahnen (quasi: <strong>der</strong> Isolierung<br />

<strong>der</strong> Nerven“kabel“ im Gehirn zur optimalen Weiterleitung<br />

von Informationen). Reizoffenes Verhalten<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> ist dabei nur eine <strong>der</strong> Ausprägungen.<br />

Auch schwere psychische Störungen wie PTBS<br />

(Post-Traumatisches-Belastungs-Syndrom) <strong>und</strong> Depressionen<br />

sind oft unerkannte Folgen dieser frühkindlichen<br />

Stresserfahrungen.<br />

Wie genau diese Stresserfahrungen aussehen können,<br />

beschrieb Frau Huber ausführlich an den erforschten<br />

Beziehungsmustern in dysfunktionalen,<br />

gewalttätigen Familien. Die Bandbreite reichte vom<br />

Konkurrenzerleben <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> mit TV <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Medien über erlebte Muster wie Erpressung, Verrat,<br />

Nötigung <strong>und</strong> Verführung, bis hin zu kollusiven Verwicklungen.<br />

Das Fatale an diesen negativen Erfahrungen<br />

ist jedoch, dass die betroffenen Kin<strong>der</strong> zugleich<br />

fast immer auch - meist für sie völlig unberechenbar<br />

- Zärtlichkeit <strong>und</strong> Liebevolles durch ihre<br />

leiblichen Eltern erlebten konnten, so dass sie letztendlich<br />

vollkommen verwirrt, voller Angst <strong>und</strong> voller<br />

Sehnsucht nach Geborgenheit <strong>und</strong> Zuwendung nur<br />

Ausgabe 81 14 KiM ®

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