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Übertragung und Gegenübertragung Frühlingsfest der KJHB 2011

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vollinhaltlich ebenso für Kin<strong>der</strong> in Profifamilien ® <strong>und</strong><br />

auch für jedwede Fremdunterbringung.<br />

Fallbeispiele für gelingende Kontinuität<br />

a) Nach den üblichen schulpädagogischen Maßstäben<br />

ist <strong>der</strong> 9- jährige Gr<strong>und</strong>schüler Lars nicht beschulbar.<br />

Durch das enge Zusammenwirken von<br />

Profieltern, Erziehungsleiterin, Klassenlehrerin <strong>und</strong><br />

Schulleiter wurde ein Rahmen geschaffen, <strong>der</strong> die<br />

eklatanten Verhaltensauswüchse <strong>und</strong> Unterrichtsstörungen<br />

von Lars ganz allmählich zunehmend<br />

bessert. Basis <strong>der</strong> positiven Verän<strong>der</strong>ung ist eine<br />

Mischung aus abgesprochener Konsequenz aller<br />

Beteiligten <strong>und</strong> Beziehungskontinuität auch zur<br />

Klassenlehrerin. Ein Wechsel <strong>der</strong> Lehrerin zum Beginn<br />

des neuen Schuljahres aus schulorganisatorischen<br />

Gründen wäre verheerend für Lars. Die Schule<br />

sorgt jedoch für Kontinuität <strong>und</strong> verbessert damit<br />

die Prognose für Lars.<br />

b) Der Kollege eines Jugendamtes stellt für ein noch<br />

nicht geborenes Kind <strong>und</strong> seine emotional gestörte<br />

Mutter die begründete Prognose auf, dass die Mutter<br />

ihrer Elternaufgabe nicht gewachsen sein wird<br />

<strong>und</strong> entscheidet sich für eine vorgeburtliche Anbahnung,<br />

um dem Baby einen frühen Beziehungsabbruch<br />

zu ersparen. Allerdings ist dieser sinnvolle<br />

Versuch vergeblich, denn Elternrecht geht vor Kindeswohl,<br />

wird ihm bedeutet – <strong>und</strong> erst, nachdem<br />

das Mutter-Kind-Verhältnis sichtbar gescheitert ist,<br />

kann interveniert werden.<br />

Die Prognose des Kollegen im JA geht dahin, dass<br />

dieses nach 3-6 Monaten so sein wird. Respekt<br />

diesem Kollegen, <strong>der</strong> einen beschädigenden Start<br />

ins Leben mit einem an Sicherheit grenzen<strong>der</strong><br />

Wahrscheinlichkeit folgenden Beziehungsabbruch<br />

verhin<strong>der</strong>n wollte.<br />

Fallbeispiel für misslungene Kontinuität<br />

Laut Familiengerichtsbeschluss sind die 4- <strong>und</strong><br />

6jährigen Geschwisterkin<strong>der</strong>, die getrennt in verschiedenen<br />

Profifamilien ® leben <strong>und</strong> Bindungssicherheit<br />

entwickelt haben, aus den Profifamilien ®<br />

herauszunehmen <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Herkunftseltern<br />

unterzubringen, damit diese ihre Umgangskontakte<br />

besser wahrnehmen können. Die Herkunftseltern<br />

haben sich bisher unstet in den Kontakten verhalten<br />

<strong>und</strong> es gibt, nach Diagnose <strong>der</strong>en Situation,<br />

keinen Anlass zu <strong>der</strong> Vermutung, dass sich das<br />

än<strong>der</strong>n wird. Es ist zu fragen, ob <strong>der</strong> Gesichtspunkt<br />

<strong>der</strong> Kontinuität von <strong>der</strong> Justiz hinreichend gewürdigt<br />

wurde. (Über das Zusammenwirken von Justiz <strong>und</strong><br />

Sozialpädagogik siehe rechts ‚Siegener Erklärung’).<br />

Helga Treblin<br />

Abteilungsleitung<br />

GfS Emsland / GfS Aurich<br />

Die folgende Erklärung kann online unterzeichnet<br />

werden bei:<br />

www.uni-siegen.de/pflegekin<strong>der</strong>-forschung/siegener<br />

_erklaerung/unterzeichnung.xsp?lang=de<br />

Siegener Erklärung zur Kontinuität in <strong>der</strong> Biografie<br />

von Pflegekin<strong>der</strong>n<br />

Die professionelle Soziale Arbeit kann die Biografie<br />

von Pflegekin<strong>der</strong>n stark beeinflussen. Das bringt<br />

eine beson<strong>der</strong>e Verantwortung für die Entwicklungschancen<br />

<strong>der</strong> Pflegekin<strong>der</strong> hervor. An ihrem Wohl<br />

müssen sich die Entscheidungen <strong>der</strong> Sozialen<br />

Dienste <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gerichte messen lassen.<br />

Die folgenden Feststellungen sollen dazu dienen,<br />

diesem Ziel gerecht zu werden.<br />

1. Kontinuität ist kein absolutes Ziel. Es kann gute<br />

Gründe für einen Ortswechsel geben. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

durch Gewalt (einschließlich sexueller Gewalt),<br />

massive Vernachlässigung o<strong>der</strong> ein generell feindseliges<br />

Umfeld können die Lebens‐ <strong>und</strong> Entwicklungsbedingungen<br />

am aktuellen Lebensmittelpunkt<br />

so ungünstig sein, dass eine gr<strong>und</strong>legende Verän<strong>der</strong>ung<br />

unverzichtbar ist.<br />

2. Wie<strong>der</strong>holte Ortswechsel <strong>und</strong> Beziehungsabbrüche<br />

können die Entwicklungsbedingungen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />

erheblich verschlechtern. Diskontinuität <strong>und</strong> ‐ in<br />

<strong>der</strong> Folge ‐ ein fraktionierter Lebenslauf, erschweren<br />

die Entwicklung von elementaren Fähigkeiten, belasten<br />

die Entwicklung eines positiven Selbstbildes,<br />

konfrontieren die Kin<strong>der</strong> mit Entwicklungsaufgaben<br />

<strong>und</strong> Problemen, die ihre Potenziale binden, <strong>und</strong><br />

produzieren weitere Ohnmachtserfahrungen.<br />

3. Wenn professionelle Soziale Dienste also Ortswechsel<br />

<strong>und</strong> Beziehungsabbrüche initiieren, för<strong>der</strong>n<br />

o<strong>der</strong> zulassen, müssen mögliche Belastungen für<br />

das Kind mit den Entwicklungschancen im Einzelfall<br />

genau abgewogen werden. Das vorrangige Ziel<br />

muss die För<strong>der</strong>ung einer guten Entwicklung <strong>und</strong><br />

Erziehung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> sein.<br />

4. Eine kontinuitätssichernde Planung ist nur durch<br />

eine auf dieses Ziel ausgerichtete Kooperation von<br />

Sozialen Diensten <strong>und</strong> Justiz möglich. Die Soziale<br />

Arbeit ist darauf angewiesen, dass die Justiz ihre<br />

Bemühungen um Kontinuität <strong>und</strong> Verlässlichkeit<br />

unterstützt. Beide Institutionen sollen – unter Wahrung<br />

ihrer jeweiligen Autonomie <strong>und</strong> im Rahmen <strong>der</strong><br />

rechtlichen Möglichkeiten - eine Praxis entwickeln,<br />

die diesem Ziel dient.<br />

Im Detail kann mit folgenden Fragen die Qualität<br />

professioneller Sozialer Arbeit überprüft werden:<br />

1. Werden die Risiken <strong>und</strong> Chancen des Verbleibens<br />

im bisherigen Lebens‐ <strong>und</strong> Lernfeld realistisch<br />

eingeschätzt <strong>und</strong> angemessen berücksichtigt?<br />

2. Werden die Chancen <strong>und</strong> die zusätzlichen Belastungen<br />

im alternativen Lebens‐ <strong>und</strong> Lernfeld realistisch<br />

eingeschätzt <strong>und</strong> angemessen berücksichtigt?<br />

Ausgabe 81 7 KiM ®

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