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Übertragung und Gegenübertragung Frühlingsfest der KJHB 2011

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Wie<strong>der</strong>gutmachung statt Strafen<br />

In <strong>der</strong> Erziehung unserer eigenen Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

uns anvertrauten Kin<strong>der</strong> werden wir als Eltern <strong>und</strong><br />

Erzieher immer wie<strong>der</strong> an unsere Grenzen gebracht.<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen, Erwartungshaltungen an uns <strong>und</strong><br />

unsere Kin<strong>der</strong>, sowie ein Alltag, <strong>der</strong> immer mehr<br />

Tempo zulegt, verunsichert <strong>und</strong> uns hier <strong>und</strong> da<br />

sogar handlungsunfähig macht. Eine kontinuierliche<br />

<strong>und</strong> berechenbare Präsenz <strong>der</strong> Eltern <strong>und</strong> Erzieher<br />

bedeutet eine permanente Wachsamkeit, die nicht<br />

nur Zeit, son<strong>der</strong>n auch viel Energie einfor<strong>der</strong>t.<br />

Wird <strong>der</strong> Alltag durch vorgegebene Rituale, Grenzen,<br />

Gewohnheiten, beständige Bezugspersonen<br />

<strong>und</strong> eine klare Tagesstruktur entschleunigt, bewegt<br />

sich ein Kind schon im sicheren Hafen einer Familie.<br />

Große Stürme werden durch die schützenden Kaimauern<br />

zum größten Teil abgefangen. Eine gute<br />

Basis für Kin<strong>der</strong>, den sicheren Rahmen einer Familie<br />

zu fühlen.<br />

Um eine Situation in unruhigen Zeiten auch im Hafen<br />

zu sichern, bedarf es Eltern, die den Kin<strong>der</strong>n die<br />

Sicherheit geben, Fehler machen zu dürfen. Die<br />

Gr<strong>und</strong>haltung <strong>der</strong> Eltern <strong>und</strong> Erzieher sollte sein,<br />

auch Fehler des Kindes zulassen zu können; was<br />

nicht gleichzeitig bedeuten muss, dass diese Fehler<br />

akzeptiert werden. Es lohnt sich sicherlich auch,<br />

einmal hinter den Fehler zu schauen. Wozu genau<br />

wurde er gemacht, wem dient er, worauf macht er<br />

aufmerksam? Die Annahme <strong>und</strong> ein verantwortlicher<br />

Umgang mit dem Fehler sind angesagt. Eine anklagende<br />

Haltung unterstützt sicher keinen konstruktiven<br />

Lösungsweg, <strong>der</strong> gemeinsam mit dem Kind<br />

konstruiert werden könnte. Anklage kann den weiteren<br />

Verlauf <strong>der</strong> Klärung <strong>und</strong> Lösung immens stören.<br />

Gerade in unsicheren Momenten sollte die Botschaft<br />

<strong>der</strong> Eltern <strong>und</strong> Erzieher an das Kind sein, dass es<br />

auf die Erwachsenen zählen kann. Ohne Konsequenzen<br />

aus dem Auge zu verlieren. Wenn dem<br />

Kind willentlich störendes Verhalten unterstellt werden<br />

kann, ist ein verantwortlicher Umgang beson<strong>der</strong>s<br />

wichtig. Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche besitzen anscheinend<br />

ein Talent, Erwachsene zu verführen,<br />

ihnen entwe<strong>der</strong> ein schlechtes Gewissen zu vermitteln<br />

o<strong>der</strong> sie auf die Ebene des Kampfes zu locken.<br />

Dem Kind werden gerade in konstruktiven Lösungsstrategien<br />

Werte vermittelt, die nicht nur in den gegenwärtigen<br />

Krisen von Bedeutung sind. Stabile<br />

gewaltfreie Krisenmuster fürs Leben werden angelegt.<br />

Werte, die vom menschlichen Miteinan<strong>der</strong>, von<br />

einer Akzeptanz des An<strong>der</strong>en <strong>und</strong> auch einer guten<br />

Versorgung seiner selbst getragen werden. Dazu<br />

gehört sicher nicht nur <strong>der</strong> Umgang mit dem Kind<br />

selbst, auch wie sich die Erwachsenen auf <strong>der</strong> Erwachsenenebene<br />

verhalten, wird von den Kin<strong>der</strong>n<br />

registriert <strong>und</strong> gespeichert. Ob es die Eltern als Eltern<br />

gesehen sind, wie sie beispielsweise ihre<br />

Paarbeziehung leben, o<strong>der</strong> wie die Pädagogen in<br />

den Wohngruppen miteinan<strong>der</strong> umgehen.<br />

Wenn wir bei Fehlverhalten von Strafen reden, passiert<br />

es nicht selten, dass sich die Eltern o<strong>der</strong> Erzieher<br />

dadurch selbst bestrafen. Taschengeldentzug<br />

<strong>und</strong> Hausarrest sind klassische Beispiele, die neue<br />

Konflikte entfachen können. Vielleicht stiehlt das<br />

Kind gerade dann, wenn es seine geliebten Zeitschriften<br />

o<strong>der</strong> Süßigkeiten nicht mehr kaufen kann.<br />

Muss das Kind mehrere Tage zu Hause bleiben,<br />

dann sitzt den Erwachsenen die Strafe direkt vor<br />

Augen. Wird die strafende „Zuhauseabsitzzeit“ konstruktiv<br />

gefüllt o<strong>der</strong> entstehen neue Konflikte? Werden<br />

Kin<strong>der</strong> angehalten, sich zu entschuldigen, sollte<br />

immer hinterfragt werden, ob <strong>und</strong> wem dies dient.<br />

Wem soll es anschließend besser gehen? Wird die<br />

Gefühlswelt <strong>der</strong> Eltern <strong>und</strong> Erzieher verbessert,<br />

wenn Kin<strong>der</strong> dazu angehalten werden, sich zu entschuldigen?<br />

Wird die Kluft zwischen den Kin<strong>der</strong>n<br />

<strong>und</strong> Erwachsenen möglicherweise dadurch nur noch<br />

größer? Wird dadurch die Beziehung wie<strong>der</strong> hergestellt<br />

o<strong>der</strong> eher verhin<strong>der</strong>t?<br />

Es macht sicher Sinn, wenn von den Erwachsenen<br />

nicht nur bis zur Strafe gedacht wird, son<strong>der</strong>n einen<br />

Schritt weiter. Schuldzuweisungen helfen überhaupt<br />

nicht <strong>und</strong> die Distanz zwischen Eltern/Erziehern <strong>und</strong><br />

Kind wird nur noch größer. Die Beziehung leidet<br />

darunter <strong>und</strong> eine gute Lösung zu finden, wird<br />

schwerer. Ich glaube daran, dass eine positive Motivation<br />

<strong>und</strong> ein Zulassen von Konflikten einen Einfluss<br />

auf das innere Bindungsmodell haben können.<br />

Es können eigene innere Arbeitsmodelle entwickelt<br />

werden, die die gesamte Lebenshaltung belastbarer<br />

machen. Wird dem Kind die Möglichkeit gegeben,<br />

eigene Ideen <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gutmachung zu entwickeln,<br />

kann es mehr die konstruktiven inneren Anteile nutzen.<br />

Der Selbstwert wächst <strong>und</strong> die Belastbarkeit<br />

<strong>und</strong> Frustrationstolleranz wird von Mal zu Mal größer.<br />

Kann dem Kind eine fehlerfre<strong>und</strong>liche Haltung<br />

entgegen gebracht werden, ohne dabei die Fehler<br />

zu ignorieren, kann das Leben auch für die Erwachsenen<br />

gelassener erlebt werden. Mit gleicher Münze<br />

heimzahlen nützt niemandem.<br />

Gerade die uns anvertrauten Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

tragen Bindungsstörungen in sich, die immer<br />

wie<strong>der</strong> im Einzelfall angeschaut werden sollten.<br />

Liebenswerte Worte, Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Fürsorge<br />

fehlten ihnen. Sie waren sehr auf sich angewiesen<br />

<strong>und</strong> haben in ihrem Handeln we<strong>der</strong> im Kopf noch im<br />

Herzen die Idee, dass sie völlig falsch liegen. Sie<br />

denken, sie machen alles richtig. Sie haben eigens<br />

für sich Arbeitsmodelle von Bindung entwickelt, die<br />

die neuen Bindungsmodelle durchkreuzen <strong>und</strong> die<br />

von den neuen Bindungspersonen als störend empf<strong>und</strong>en<br />

werden können. Da ist Fachlichkeit <strong>und</strong> eine<br />

Ausgabe 81 12 KiM ®

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