Feinguss - Konstruieren und Gießen - Bundesverband der ...
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1Einleitung<br />
Im gesamten deutschsprachigen Raum<br />
gilt <strong>der</strong> Name „Feingießen“ für das industriell<br />
angewendete Gießen nach „verlorenen“<br />
Modellen, das sogenannte Modellausschmelzverfahren.<br />
Im Ausland ist Feingießen<br />
beispielsweise unter folgendem<br />
Namen bekannt: „Investment casting“<br />
(lost wax process), „fonte àcire perdue“<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e mehr.<br />
Das Kennzeichen dieses speziellen Gießverfahrens<br />
sind die „verlorenen“ Modelle,<br />
die so heißen, weil sie nach dem Einformen<br />
zerstört werden, um den Formhohlraum<br />
in <strong>der</strong> Gießform freizugeben, in den<br />
die Schmelze eingegossen wird. Diese<br />
Modelle bestehen meist aus Wachsen<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Gemischen <strong>und</strong> werden vor<br />
dem Abgießen aus den Gießformen ausgeschmolzen,<br />
ausgelöst <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> ausgebrannt.<br />
Die Wachsmodelle werden in<br />
metallischen Werkzeugen auf Wachsspritzmaschinen<br />
hergestellt <strong>und</strong> mit einem<br />
aus Wachs bestehenden Gießsystem zu<br />
sogenannten Wachstrauben als Gießeinheit<br />
verklebt. Sie erhalten durch wie<strong>der</strong>holtes<br />
Tauchen in keramischen Schlicker<br />
mit anschließendem Besanden <strong>und</strong><br />
Trocknen eine keramische Schale. Diese<br />
Modelle bestehen meist aus Wachsen<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Gemischen <strong>und</strong> werden vor<br />
Bild 2: Vierteilige, einbaufertig feingegossene Kupplung für einen Hochspannungsschalter,<br />
Werkstoff G16CrMo4 (W.-Nr.1.7242), Länge 106 mm, Gesamtgewicht 205 g(Bild: Bu<strong>der</strong>us, Moers)<br />
2<br />
Bild 1: Der Verfahrensablauf beim Feingießen (von links nach rechts): Eine bestimmte<br />
Anzahl von Modellen ist mit dem Gießsystem verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> bildet eine sogenannte Traube.<br />
Durch mehrmaliges Tauchen <strong>der</strong> Traube in einen „Schlicker“ mit anschließendem Besanden<br />
wird die keramische Form hergestellt. Nach dem Herauslösen des Modell- <strong>und</strong> Gieß-<br />
-systemwerkstoffs<br />
wird die Form gebrannt. Das sich anschließende Gießen erfolgt in die<br />
noch heiße Form. Nach dem Erkalten des Gussteils werden die Formkeramik entfernt <strong>und</strong><br />
die einzelnen Gussteile abgetrennt. (Bild: ZGV)<br />
dem Abgießen aus den Gießformen ausgeschmolzen,<br />
-gelöst <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> -gebrannt<br />
(Bild 1).<br />
Die Verwendung verlorener Modelle ermöglicht<br />
die Nutzung ungeteilter Gießformen.<br />
Sie bewirken, dass ohne Formversatz<br />
sehr enge Maßtoleranzen eingehalten<br />
werden können <strong>und</strong> Gussteile ohne<br />
Teilungsgrat gefertigt werden können<br />
(Bild 1). Das Gießen in heiße Formen ist<br />
dafür prädestiniert, dass auch geringe<br />
Wanddicken <strong>und</strong> komplizierte geometrische<br />
Formen konturenscharf zu gießen<br />
sind. Damit kommt das Feingießen als<br />
urformende Verfahrenstechnik <strong>der</strong> endgültigen<br />
Gestalt eines Bauteiles sehr<br />
nahe. In vielen Fällen wird diese sogar<br />
erreicht, wie das Beispiel im Bild 2 zeigt.<br />
Das ist einer <strong>der</strong> Gründe für die Wirtschaftlichkeit<br />
von <strong>Feinguss</strong>.<br />
1.1 Ursprung<strong>und</strong> Entwicklungsgeschichte<br />
Ursprünglich wurde das Wachsausschmelzverfahren<br />
für Schmuck <strong>und</strong><br />
Kunstguss verwendet. Kunstguss wird<br />
heute nach verschiedenen Formverfahren<br />
hergestellt, wobei auch das Wachsauschmelzverfahren<br />
in seinen manuellen<br />
Verfahrensmodifikationen zum Einsatz<br />
kommt. Die Entscheidung für die Verfahrenswahl<br />
erfolgt hier nach fertigungstechnischen<br />
Gesichtspunkten <strong>und</strong> aus<br />
künstlerischen Aspekten durch die Gießerei.<br />
Das historische Wachsausschmelzverfahren,<br />
Bienenwachs zu formen, esmit<br />
Lehm zu umkleiden, nach dem Trocknen<br />
das Wachs auszuschmelzen, die verbleibende<br />
Lehmhülle zu brennen, den<br />
entstandenen Hohlraum mit Metall auszugießen<br />
<strong>und</strong> nach dem Abkühlen den<br />
Lehm zu entfernen, um ein Gussteil zu<br />
erhalten, ist in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Kultur<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Technik <strong>der</strong> Ursprung aller<br />
Gießverfahren. Seine Ursprünge reichen<br />
in die Bronzezeit, also bis etwa 3000 v.<br />
Chr. zurück, wie es F<strong>und</strong>e aus verschiedenen<br />
Kulturbereichen <strong>der</strong> Erde zeigen,<br />
so in Mesopotamien, Kreta, Ägypten,<br />
China, die von <strong>der</strong> frühen Blütezeit dieses