Feinguss - Konstruieren und Gießen - Bundesverband der ...
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5 Preisbestimmende<br />
Faktoren<br />
<strong>Feinguss</strong> ist, wie bereits mehrfach angesprochen,eineinvielenFällenwirtschaftliche<br />
Lösung zur Teilefertigung, da es ein<br />
langlebiges Erzeugnis ist, wo durch den<br />
endabmessungsnahen, oberflächensauberen<br />
Gusszustand Bearbeitungsgänge,<br />
Fügeprozesse, Logistikleistungen <strong>und</strong><br />
Nachbehandlungsschritte eingespart werden<br />
können. Zudem lassen sich über die<br />
Nutzung generativer Verfahren (siehe<br />
Kapitel 2.4) im Prototypen- <strong>und</strong> Kleinserienbereich<br />
Werkzeugkosten einsparen.<br />
Weitere Aspekte, die die Wirtschaftlichkeit<br />
<strong>der</strong> <strong>Feinguss</strong>fertigung beeinflussen können,<br />
sind im Folgenden beschrieben.<br />
I. Stückzahlen<br />
Je größer die Stückzahl insgesamt ist,<br />
hergestellt in einer o<strong>der</strong> mehreren Serien,<br />
desto niedriger sind die anteiligen<br />
Werkzeugkosten je Stück. Möglich sind<br />
auch die werkzeuglose Fertigung mit Hilfe<br />
generativer Verfahren, die ein Rapid Prototyping<br />
<strong>und</strong> Rapid Tooling ab Losgröße<br />
Eins ermöglichen, worauf ausführlich im<br />
Kapitel 2.4 berichtet wird.<br />
Die in einer Serie herzustellende Stückzahl<br />
bestimmt, inwieweitdas Spritzen <strong>der</strong><br />
Modelle, <strong>der</strong> Zusammenbau, das Trennen,<br />
Schleifen <strong>und</strong> gegebenenfalls Richten<br />
mechanisiert werden können. Trotz<br />
des Aufwandes für das Mechanisieren<br />
vermin<strong>der</strong>n die dadurch eingesparten Zeiten<br />
den Stückpreis beachtlich.<br />
II. Sperrigkeitsgrad <strong>und</strong> Stückzahlen<br />
Je mehr Modelle zu einer Gießeinheit, <strong>der</strong><br />
sogenannten Traube, zusammengefasst<br />
werden können, desto günstiger ist <strong>der</strong><br />
Stückpreis. Dies wird beeinflusst vom<br />
Sperrigkeitsgrad <strong>der</strong> Teile, womit <strong>der</strong><br />
Raum gemeint ist, den sie in <strong>der</strong> Gießform<br />
einnehmen. Daher wird ein kompaktes<br />
<strong>Feinguss</strong>teil meist billiger sein als ein<br />
sperriges mit dem gleichen Gewicht. Der<br />
Sperrigkeitsgrad wird aber auch davon<br />
beeinflusst, ob ein Gussteil aus gießtechnischen<br />
Gründen ein- o<strong>der</strong> mehrfach<br />
angeschnitten werden muss. Der Einfluss<br />
des Sperrigkeitsgrades ist einer <strong>der</strong> Gründe,<br />
warum es bei <strong>Feinguss</strong> nicht möglich<br />
ist, Preise je Gewichtseinheit, sogenannte<br />
„Kilopreise“, zu nennen.<br />
III. Kerne<br />
Wasserlösliche <strong>und</strong> keramische Kerne<br />
bieten vielfältige Möglichkeiten für die<br />
wirtschaftliche Formgebung, erfor<strong>der</strong>n aber<br />
auch entsprechenden Aufwand. Wenn es<br />
konstruktiv möglich ist, ohne sie auszukommen,<br />
verringern sich jeweils Stückpreis <strong>und</strong><br />
Werkzeugkosten beträchtlich.<br />
40<br />
Bild 124: Landeklappenstrukturteil für Fluggerät<br />
aus dem Werkstoff EN AC-AlSi7Mg0,6 wa<br />
(W.-Nr. ENAC-42200) nach dem SOPHIA-Verfahren<br />
gefertigt, Abmessungen: 700 x420 x<br />
125 mm, Gewicht: 12 300 g(Bild: Zollern, Soest)<br />
IV. Werkstoff<br />
Beim <strong>Feinguss</strong> liegt <strong>der</strong> Kostenschwerpunkt<br />
bei den Arbeitszeiten <strong>und</strong> den<br />
Formstoffen. Die Art des Werkstoffes<br />
beeinflusst deshalb den Preis nur bei<br />
hoch legierten Stählen, Cobalt-, Kupfer-,<br />
Nickel- <strong>und</strong> Titan-Basislegierungen. Bei<br />
Bauteilen gleichen Legierungstypssind<br />
die Preisunterschiede für ein bestimmtes<br />
Gussteil nur gering.<br />
Werden jedoch Werkstoffe höchster Qualität<br />
im Vakuum erschmolzen <strong>und</strong> im Vakuum<br />
vergossen, so rechtfertigen die damit<br />
erzielten hohen Gebrauchswerte den<br />
höheren Aufwand. Die Aufpreise betragen<br />
etwa 10 bis 120 %, bezogen auf einen<br />
unlegierten, offen erschmolzenen Stahl.<br />
V. Toleranzen<br />
Auch bei <strong>Feinguss</strong> beeinflussen vorgeschriebene<br />
Toleranzen den Preis spürbar.<br />
Es ist deshalb sinnvoll, keine Toleranz<br />
enger zu wählen, als es <strong>der</strong> Zweck erfor<strong>der</strong>t.<br />
Erfahrungsgemäß werden dem Feingießer<br />
oft Maßtoleranzen genannt, die<br />
ursprünglich aus <strong>der</strong> spanenden Fertigung<br />
stammen <strong>und</strong> so eng gar nicht gebraucht<br />
werden. Es bringt Preisvorteile,<br />
sie den verfahrenstechnischen Möglichkeiten<br />
des Feingießers anzupassen.<br />
Für die Toleranzen <strong>der</strong> Werkstoffanalysen<br />
gilt das nur dann, wenn die allgemein genormten<br />
Elemente eingeschränkt werden<br />
müssen, was jedoch nur selten vorkommt.<br />
Bild 125: Glashalter für die Installationstechnik<br />
aus dem Werkstoff: G2CrNiMo17-12-2<br />
(W.-Nr. 1.4404) (Bild: Bu<strong>der</strong>us, Moers)<br />
VI. Abnahmebedingungen<br />
Beson<strong>der</strong>e Güteanfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Abnahmevorschriften<br />
erfor<strong>der</strong>n meist auch<br />
zusätzliche Maßnahmen in <strong>der</strong> Gießerei.<br />
Sie gehen damit naturgemäß in die Herstellkosten<br />
<strong>und</strong> damit in die Preise ein.<br />
Die erfor<strong>der</strong>lichen Prüf- <strong>und</strong> Abnahmevorschriften<br />
sind deshalb mit dem Feingießer<br />
zu vereinbaren <strong>und</strong> müssen geklärt<br />
sein, bevor die Fertigung beginnt.<br />
Gr<strong>und</strong>lage für die Abnahme <strong>der</strong> <strong>Feinguss</strong>erzeugnisse<br />
sind die Prüfspezifikationen,<br />
die im Allgemeinen vom Besteller erstellt<br />
werden <strong>und</strong> gemäß den geltenden Vorschriften<br />
mit den Feingießereien in Prüfanweisungen<br />
umgesetzt werden. Esgenügt<br />
also nicht, <strong>Feinguss</strong>teile nur mit <strong>der</strong><br />
Angabe „Abnahme nach EN 10204“ in<br />
Auftrag zu geben, weil dadurch <strong>der</strong> Abnahmeumfang<br />
nicht hinreichend genug definiert<br />
ist. Erst bei Nennung einer Liefer<strong>und</strong>/o<strong>der</strong><br />
Abnahmevorschrift ist <strong>der</strong> Feingießer<br />
in <strong>der</strong> Lage, den gefor<strong>der</strong>ten Prüfumfang<br />
anzubieten.<br />
Wird also vom Besteller eine Abnahme gewünscht,<br />
so ist das bereitsbei <strong>der</strong> Bestellung<br />
zu vereinbaren. Diese Vereinbarungen<br />
beziehen sich dann auf die Art <strong>der</strong> Probennahme,<br />
den Prüfumfang <strong>und</strong> auf die Prüfung.<br />
Dabeiist es ratsam, die entsprechenden<br />
Normen für die Technischen Lieferbedingungen<br />
heranzuziehen, die im Anhang,<br />
Seite 47 aufgeführt sind. Die Kosten für<br />
gewünschte Abnahmen sind vom Besteller<br />
zu tragen.<br />
<strong>Feinguss</strong>teile aus Aluminiumlegierungen<br />
werden nach DIN 1559-1 <strong>und</strong> -4 <strong>und</strong> solche<br />
aus Stahl-Nickel- <strong>und</strong> Cobaltlegierungen<br />
nach DIN EN 2103 abgenommen.<br />
Ausländische Normen, wie zum Beispiel<br />
MIL-C-6021 H <strong>und</strong> MIL 21180 C,sowie die<br />
Abnahmevorschrift AIR 3380 kommen<br />
ebenfalls zur Anwendung. Ausländische<br />
Normen können auch Gr<strong>und</strong>lage zur Lieferung<br />
von <strong>Feinguss</strong>teilen sein.<br />
VII. Günstige Preise<br />
Der geringste Aufwand wird durch detailliertes<br />
Abstimmen zwischen Besteller <strong>und</strong><br />
Feingießer erreicht. Das sollte rechtzeitig<br />
geschehen, also bevor die Werkzeuge<br />
angefertigt werden. Aber auch später<br />
kanndas Gießen nochdurch oft nur geringfügig<br />
erscheinende Än<strong>der</strong>ungen erleichtert<br />
werden. So lassen sich meist<br />
Werkstoffkosten <strong>und</strong> Gussteilpreise senken<br />
<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> die Funktionssicherheit <strong>und</strong><br />
Standzeit <strong>der</strong> Gussteile erhöhen.<br />
VIII. Richtpreise<br />
Für die Projektkalkulationen <strong>und</strong> als Orientierungshilfe<br />
werden vom Feingießer auf<br />
Wunsch Richtpreise genannt. Für wertanalytische<br />
Vergleiche ist es jedoch unerlässlich,einschließlich<strong>der</strong><br />
Abnahme- <strong>und</strong> Prüfkosten<br />
alle erfor<strong>der</strong>lichen Daten zu erfassen<br />
<strong>und</strong> exakt zu kalkulieren. Nur so ist es<br />
möglich, verbindliche Preise zu nennen.