Feinguss - Konstruieren und Gießen - Bundesverband der ...
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Bild 3: Kopf eines Mannes als Kupferplastik,<br />
<strong>Feinguss</strong> aus Mesopotamien, um 2000<br />
v. Chr., gef<strong>und</strong>en bei Ausgrabungen am<br />
Ichtatempel (Im zweiten Golfkrieg verschollen)<br />
Verfahrens zeugen, das sich bald über<br />
den gesamten Nahen Osten ausbreitete<br />
(Bild 3). Bereits damals wurden große<br />
Stücke aus mehreren einzeln gegossenen<br />
Teilen zusammen gesetzt.<br />
Zwischen 1800 <strong>und</strong> 1600 v. Chr. breitete<br />
sich <strong>der</strong>Anwendungsbereich desWachsausschmelzverfahrens<br />
auch bis nach Mittel-<br />
<strong>und</strong> Nordeuropa aus. Aus <strong>der</strong> Bronzezeit<br />
des Nordens sind viele Gießstellen<br />
<strong>und</strong> F<strong>und</strong>e bekannt. Ein beson<strong>der</strong>es<br />
Wahrzeichen dieser Zeit ist <strong>der</strong> im Bild<br />
4 abgebildetete Kult- <strong>und</strong> Sonnenwagen<br />
von Tr<strong>und</strong>holm aus dem 11.Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
v. Chr., <strong>der</strong> im Museum Kopenhagen ausgestellt<br />
ist.<br />
Im Verlauf <strong>der</strong> Jahrtausende wurde das<br />
Wachsausschmelzverfahren zum Gießen<br />
von Gegenständen des täglichen Gebrauchs,<br />
für Waffen, Musikinstrumente<br />
(Luren), Kultgegenstände <strong>und</strong> Schmuck<br />
genutzt. Werkstoffe waren vor allem<br />
Bronze, in manchen Fällen auch Gold <strong>und</strong><br />
Silber,<strong>der</strong>en Schmelz- <strong>und</strong> Gießtemperaturen<br />
schon damals beherrscht wurden.<br />
In <strong>der</strong> Renaissance entwickelte sich das<br />
Verfahren in Europa zuwohl einmaliger<br />
kultureller Blüte. Donatello, Riccio <strong>und</strong><br />
Cellini in Italien, die Vischers in Nürnberg<br />
<strong>und</strong> viele spätere Künstler schufen Meisterwerke<br />
von bleiben<strong>der</strong> Schönheit (Bild<br />
5). Standbil<strong>der</strong> wurden schon damals aus<br />
Gewichts- <strong>und</strong> gießtechnischen Gründen<br />
mit Sandkernen gegossen. Den künstlerischen<br />
Eindruck beeinträchtigte es jedoch<br />
nicht.<br />
Zu Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts haben<br />
Zahnärzte <strong>und</strong> -techniker begonnen, die-<br />
ses Verfahren für humanmedizinische<br />
Zwecke (Zahnprothesen) zu nutzen.Etwa<br />
20 Jahre später wurden auch Schmuckstücke<br />
<strong>und</strong> Brillenteile nach dem Wachsauschmelzverfahren,<br />
wie das Verfahren<br />
damals genannt wurde, hergestellt. Damit<br />
begann die industrielle Nutzung dieses<br />
Verfahrens.<br />
Allerdingswar es bis zu diesem Zeitpunkt<br />
nur möglich, niedrig schmelzende Metalle<br />
zu vergießen, da die Formstoffe Lehm<br />
<strong>und</strong> Gips den hohen Schmelztemperaturen<br />
<strong>der</strong> Eisenwerkstoffe nicht standhielten.<br />
Erst die Einführungdes Ethylsilicates<br />
als Bindemittel mit SiO 2 -Basis im Jahre<br />
1929 durch die Deutschen Erdle <strong>und</strong> Prange<br />
ermöglichte den Beginn einer industriellen<br />
Nutzung. Zusammen mit feuerfesten<br />
Gießereisanden wi<strong>der</strong>standen die<br />
Formen flüssigem Eisen <strong>und</strong> Stahl von<br />
etwa 1600 °C <strong>und</strong> konnten auch aus<br />
an<strong>der</strong>en hoch schmelzenden Legierungen<br />
Gussteile im Wachsausschmelzverfahren<br />
hergestellt werden. Das war erst<br />
Mitte <strong>der</strong> 1930er Jahre <strong>der</strong> Fall, als Ethylsilicat<br />
in Verbindung mit feuerfesten Formstoffen<br />
als Gießhitze beständiger Formstoff<br />
für die Keramikschalenformen entwickelt<br />
war.<br />
Anfang <strong>der</strong> 1940er Jahre wurde das Verfahren<br />
in den USA für hitzebeständige<br />
Axialturbinenschaufeln für Abgasturbola-<br />
Bild 5: Perseus mit dem abgeschlagenen<br />
Kopf <strong>der</strong> Medusa, Bronzefeinguss aus dem<br />
15. Jh. von Cellini (Standort: Florenz)<br />
Bild 4: Kult- <strong>und</strong> Sonnenwagen von Tr<strong>und</strong>holm,<br />
Bronzekunstguss nach dem Ausschmelzverfahren<br />
aus dem 11.Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
v. Chr. (Bestand: Museum Kopenhagen)<br />
<strong>der</strong> von Flugzeugmotoren aus Kobalt-<br />
Basislegierungen weiterentwickelt, die<br />
damals wegen ihrer Härte nicht bearbeitet<br />
werden konnten. 1944 entstand so die<br />
erste industrielle Feingießerei in den USA.<br />
In <strong>der</strong> ersten Hälfte <strong>der</strong> fünfziger Jahre<br />
kam das Feingießen über Lizenzerteilungen<br />
<strong>der</strong> Amerikaner nach Deutschland<br />
<strong>und</strong> bewährte sich zunächst im Maschinenbau<br />
<strong>und</strong> in <strong>der</strong> Feinwerktechnik, wo<br />
vor allem Eisen- <strong>und</strong> Stahllegierungen<br />
vergossen wurden [1].<br />
Die Werkstoffpalette hat sich seitdem<br />
weiterentwickelt. Neben einer breiten<br />
Palette von Stahllegierungen sind es vor<br />
allem Kobalt- <strong>und</strong> Nickel-Basislegierungen<br />
sowie Nichteisen-Metalllegierungen<br />
aus Aluminium, Kupfer <strong>und</strong> Titan, die heute<br />
im <strong>Feinguss</strong> dominieren. Welche Legierungen<br />
für den <strong>Feinguss</strong> beson<strong>der</strong>s geeignet<br />
sind, wird im Kapitel 3beschrieben<br />
o<strong>der</strong> kann bei den Feingießereien erfragt<br />
werden.<br />
Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Qualitätsvorteile<br />
haben dazu geführt, dass <strong>Feinguss</strong> heute<br />
praktisch in <strong>der</strong> gesamten Industrie verwendet<br />
wird. Hauptabnehmer sind die<br />
Hersteller folgen<strong>der</strong> Erzeugnisse:<br />
- Antriebsaggregate <strong>und</strong> Getriebe,<br />
- Automobilbau,<br />
- Bergbau- <strong>und</strong> Bodenbearbeitungsmaschinen,<br />
- Chemische Apparate, Pumpen <strong>und</strong><br />
Armaturen,<br />
- Druck-, Papier-, Verpackungsmaschinen<br />
<strong>und</strong> Verkaufsautomaten,<br />
- Elektronische Bausätze, Steuer- <strong>und</strong><br />
Regelgeräte,<br />
- Feinmechanische Erzeugnisse,<br />
- Flecht-, Ketten- <strong>und</strong> Reißverschlussmaschinen,<br />
- För<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Transportgeräte, Aufzüge,<br />
- Funk-, Fernseh-, Fernmelde- <strong>und</strong> Telemetriegeräte,<br />
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