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3009667 MukoInfo 01_07 Inhalt - Mukoviszidose e.V.

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52<br />

Spektrum<br />

Spektrum Thema:<br />

Früher war alles<br />

besser?<br />

Mit 25 noch zum Kinderarzt?<br />

Mich hat die Kinderklinik sehr geprägt. Schließlich habe<br />

ich dort bis zu meiner Volljährigkeit pro Jahr zwei Monate<br />

und mehr verbracht. Es war mein sprichwörtliches zweites<br />

Zuhause. Damals waren auch die „großen“ CF-ler noch<br />

auf der Station, und ich hätte nie gedacht, dass sich daran<br />

mal etwas ändern würde.<br />

Als erste Gerüchte auftauchten, dass die erwachsenen<br />

Patienten bald nicht mehr auf die Kinderstation sollen,<br />

konnte ich es erst nicht glauben. Als das ganze wirklich<br />

umgesetzt wurde, war ich geschockt! Es war wirklich so,<br />

als ziehe mir jemand den vertrauten Boden unter den<br />

Füßen weg. Alles war anders, und keiner wusste genau wie.<br />

Sehr gut erinnere ich mich an den ersten Besuch auf einer<br />

der Erwachsenenstationen. Furchtbar, diese dunklen und<br />

leeren Stationsflure, absolut leblos kam uns alles vor. Wir<br />

waren „offene Türen“ gewohnt, hatten ein Jugendzimmer<br />

mit Fernseher und PC und und und. Wir waren „verwöhnt“,<br />

was uns ja gern immer wieder gesagt wird.<br />

Irgendwann war der Wechsel da. In der Kinderklinik<br />

waren wir die Großen, hier waren wir die Kleinen. Ärzte<br />

und Schwestern waren es wahrscheinlich auch nicht<br />

gewohnt, so junge aber trotzdem erfahrene Patienten vor<br />

sich zu haben. So hielt mir z. B. eine Schwester morgens<br />

den Inhalationsvernebler vor das Gesicht, und dass meine<br />

PEG keinen Verband hatte, war ein Ding der<br />

Unmöglichkeit.<br />

Der einzige Vorteil, der einem auch gern eingetrichtert<br />

wurde, war, dass man keine kleinen, schreienden Kinder<br />

mehr im Zimmer hatte – dafür allerdings zeternde alte<br />

Frauen, die auch mal den Sauerstoff abdrehen, weil sie bei<br />

dem Lärm des Befeuchters nicht schlafen können.<br />

Standard-Sätze waren: „Wir sind nicht im Hotel“ und<br />

„Das gehört zum Erwachsenwerden“. Auf der anderen<br />

Seite sollte man aber sagen was einen stört, weil schließlich<br />

alles noch in der Anfangsphase war. Es gab gravierende<br />

Probleme, die sich mit der Zeit besserten, und es gab ungewohnte<br />

Dinge, an die man sich gewöhnen musste.<br />

Nach einigen Jahren war die Versorgung immer noch<br />

nicht perfekt, aber es gab Fortschritte. In den letzten<br />

Jahren geht der Trend aber wieder anders herum. CF-<br />

Betten sind Mangelware, und die Stationen der<br />

Unterbringung wechseln laufend. Für eine Routine IV verbringt<br />

man trotz Planung Tage bis Wochen auf gepackten<br />

Koffern, bis man ein Bett ergattert. Bei akuten<br />

Erkrankungen versuchen sie, es schneller zu schaffen, oder<br />

man geht auf die Notaufnahmestation. Beruhigend ist das<br />

alles nicht. Im Moment geht der Trend sogar noch weiter,<br />

und es werden „Kooperations-Krankenhäuser“ für uns<br />

gesucht. Was ich am Anfang beschrieben habe, die Klinik<br />

als sicherer Anlaufpunkt, das gibt es für mich nicht mehr.<br />

Ich sehe die Klinik, und schon ist innerlich alles auf<br />

Verteidigung und Kampf ausgerichtet. Jedes Mal die<br />

Diskussionen um Therapie und Medikamente. Ich mag<br />

nicht mehr. Physiotherapie findet auch so gut wie nicht<br />

mehr statt. Statt wie früher zweimal am Tag, ist zweimal<br />

pro Woche jetzt schon ein guter Schnitt. Die Therapeuten<br />

und Ambulanzärzte sind darüber selbstverständlich genau<br />

so unglücklich.<br />

Natürlich gab es auch auf der Kinderstation Dinge, die<br />

nicht gut waren. Aber es gab ein gewisses Gerüst, an das<br />

man sich anlehnen konnte. Ein Grundkonzept, das<br />

Bestand hatte und Vertrauen schuf. Das fehlt mir sehr.<br />

Gerade wenn es mir schlecht geht, macht mir das Angst.<br />

Miriam Stutzmann<br />

CF-Selbsthilfe Braunschweig

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