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Rechtsprechung<br />

Funktion erfüllen, als sie dazu bestimmt sind, im Interesse der Schaffung gleicher Lebensverhältnisse<br />

in den alten und den neuen Bundesländern den Grundstein für eine gemeinsame Verkehrsinfrastruktur<br />

zu legen. Hinzu kommt, dass die A 44 nicht nur im innerdeutschen, sondern auch im gesamteuropäischen<br />

Verkehrssystem als wichtiges Bindeglied angesehen wird. Sie ist - unter Einschluss des<br />

Abschnitts zwischen Kassel und Eisenach - Teil des transeuropäischen Straßen<strong>net</strong>zes, dem ausweislich<br />

der zweiten Begründungserwägung der Entsche<strong>id</strong>ung des Rates vom 29. Oktober 1993 (Abl. EG<br />

Nr. L 305/11) „eine fundamentale wirtschaftliche und soziale Rolle im Güter- und Personenverkehr<br />

innerhalb der Gemeinschaft. und in ihren Beziehungen zu Drittländern“ zukommt. Dieser auf europäischer<br />

Ebene vorgenommenen Wertung ist als Gewichtungsvorgabe bei der nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL<br />

gemeinschaftsrechtlich gebotenen Interessenabwägung Rechnung zu tragen. Es wäre in sich w<strong>id</strong>ersprüchlich,<br />

die A 44 als Verkehrsdienstleistung zu charakterisieren, die von deutscher Seite im<br />

Gemeinschaftsinteresse erbracht werden soll, sie gleichzeitig aber am FFH-Recht scheitern zu lassen.<br />

b) Der Planfeststellungsbeschluss dürfte auch den Anforderungen genügen, die sich aus dem Kohärenzwahrungsgebot<br />

ergeben.<br />

Das Planvorhaben führt zu einem Verlust und einer Zerschne<strong>id</strong>ung von Flächen insbesondere des<br />

Lebensraumtyps 6510 sowie zu einer Beeinträchtigung der Habitate des Schwarzblauen Ameisenbläulings.<br />

Um gleichwohl die Gebietskohärenz aufrecht zu erhalten, sieht der Planungsträger die<br />

Errichtung einer Grünbrücke und die Schaffung eines rund 50 ha großen Feuchtgrünlandkomplexes<br />

am Hasenberg in der unmittelbaren Nachbarschaft des „Lichtenauer Hochlandes“ vor.<br />

ba) Der Kläger geht davon aus, dass sich mit diesen Maßnahmen der verfolgte Ausgleichszweck nicht<br />

erreichen lässt. Er spricht insbesondere der Grünbrücke die Eignung ab, die von ihm als besonders<br />

bedeutsam eingestuften Pfeifengraswiesen miteinander zu verbinden. Indes verstellt er sich den Blick<br />

auf die von ihm angesprochene Kompensationsproblematik von vornherein dadurch, dass er in seine<br />

Betrachtung ausschließlich den Lebensraumtyp der Pfeifengraswiesen einbezieht. Richtig ist, dass<br />

diese Wiesen in der Vegetationsstruktur des „Lichtenauer Hochlandes“ ein wichtiges Element darstellen.<br />

Ihr Flächenanteil ist zwar gering. Sie bilden aber den Kern des Feuchtbiotopkomplexes, durch den<br />

das „Lichtenauer Hochland“ maßgeblich mit geprägt wird. Der Beklagte räumt ein, dass sich die Pfeifengraswiesen<br />

durch eine Vielzahl von Pflanzenarten auszeichnen, die nicht nur für Heuschrecken und<br />

Gehäuseschnecken, sondern insbesondere auch für Tagfalter von Bedeutung sind, unter denen der<br />

nach Anhang II der FFH-Richtlinie geschützte Schwarzblaue Ameisenbläuling besonders hervorzuheben<br />

ist. Der Kläger hält dem Beklagten vor, aus dieser Erkenntnis nicht die gebotenen Konsequenzen<br />

gezogen zu haben. Er lässt bei seiner Kritik jedoch außer Acht, dass die Pfeifengraswiesen nicht die<br />

einzigen feuchten Standorte sind, die zur Gebietscharakteristik beitragen. Sie bilden einen Verbund mit<br />

weiteren Feuchtbiotopen, in denen ein Teil der für sie typischen Tierarten ebenfalls vorkommt. Dies gilt<br />

nicht zuletzt für den Schwarzblauen Ameisenbläuling, der außer in den Niedermoorbereichen auch in<br />

den Hochstaudenfluren und den angrenzenden Grünlandflächen anzutreffen ist (vgl. die der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung<br />

vorangestellte Gebietsbeschreibung, die der Kläger unw<strong>id</strong>ersprochen, gelassen<br />

hat). Mit der Grünbrücke wird das Ziel verfolgt, einen Gründlandkorr<strong>id</strong>or zu schaffen, der für sich<br />

nicht den Anspruch erheben kann und will, als unmittelbare Verbindung zwischen den rund 300 m voneinander<br />

entfernten Pfeifengraswiesen zu dienen, der aber die Feuchtbiotopkomplexe nördlich und<br />

südlich der Trasse so miteinander ver<strong>net</strong>zt, dass vorhandene Funktionsbeziehungen erhalten werden.<br />

Diese Maßnahme soll vor allem auch dem auf entsprechende Biotopstrukturen angewiesenen<br />

Schwarzblauen Ameisenbläuling zugute kommen. Die Austauschbeziehungen sollen nach den Planunterlagen<br />

in Zukunft freilich an anderer Stelle fortgesetzt werden als heute. Denn dort, wo die Grünbrücke<br />

errichtet werden soll, sind derzeit Äcker bzw. Ackerbrachen vorhanden (vgl. die im Rahmen der<br />

Verträglichkeitsuntersuchung angefertigte Bestands- und Konfliktkarte). Der Austausch, den die Grünbrücke<br />

gewährleisten soll, findet nach der Darstellung in der Bestands- und Konfliktkarte zurzeit weiter<br />

östlich in einem Bereich statt, der hierfür im Falle der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens<br />

nicht mehr zur Verfügung stehen wird, weil die Trasse dort nach den Planunterlagen in einem Einschnitt<br />

verlaufen soll, der - auch nach den Bekundungen des Planungsträgers - für Tagfalter ebenso<br />

wie für andere Artengruppen als nahezu unüberwindliche Barriere wirkt. Werden die Austauschbeziehungen<br />

auf die Grünbrücke verlagert, so bedeutet dies, dass zwischen den Pfeifengraswiesen größere<br />

Entfernungen zurückzulegen sind. Diese Folge rechtfertigt es, für sich genommen, indes nicht, bereits<br />

die Zwecktauglichkeit der Kompensationsmaßnahme in Frage zu stellen. Die Grünbrücke dient nach<br />

der Darstellung des Beklagten nicht speziell als Trittstein zur Ver<strong>net</strong>zung der Pfeifengraswiesen, sondern<br />

als Verbindung zwischen den Feuchtgrünlandkomplexen nördlich und südlich der geplanten<br />

Trasse, die die Pfeifengraswiesen als einen von mehreren Bestandteilen einschließen und die neben<br />

Naturschutz in Recht und Praxis - online (2002) Heft 1, www.naturschutzrecht.<strong>net</strong> 39

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