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Rechtsprechung<br />

wig- Holstein zu den für die Erhaltung des Eisvogels bestgeeig<strong>net</strong>en Gebieten gehört. Denn nur die<br />

Gebiete am Lanker See und am Schaalsee beherbergen eine vergleichbare Anzahl dieser Tiere. Der<br />

Große Plöner See und das Naturschutzgebiet Kossautal fallen, gemessen an dem in der Wakenitzniederung<br />

nachweisbaren Bestand, deutlich ab.<br />

Trotz dieses Befundes lässt das C6-Kriterium nicht die Schlüsse zu, die die Kläger aus ihm ziehen. Es<br />

ist nicht geeig<strong>net</strong>, den Besonderheiten der Wakenitzniederung Rechnung zu tragen. Das Eisvogelvorkommen<br />

im Niederungsbereich weist nicht die Merkmale einer eigenständigen Population auf. Es kann<br />

nicht isoliert betrachtet werden. Insbesondere lässt es sich nicht in ein holsteinisches und ein mecklenburgisches<br />

Kontingent aufteilen. Es ist vielmehr Teil einer relativ homogen strukturierten länderübergreifenden<br />

Population, deren Lebensraum nach Osten bis zum Warnow-Recknitz-Gebiet reicht (vgl.<br />

Kaule, Beurteilung der Wakenitzniederung vom 25. März 1999, Teil A, S. 4 ff.). In diesem größeren<br />

Bezugsrahmen erfüllt die Wakenitz lediglich eine Annexfunktion. Die Bestände, die in diesem Teilraum<br />

am westlichen Rand des Verbreitungsgebiets nachweisbar sind, fallen nicht nennenswert ins Gewicht.<br />

Die Kläger stellen selbst nicht in Abrede, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern in dem Bereich, in<br />

dem der Eisvogel seinen Vorkommensschwerpunkt hat, neun Gebiete gemeldet hat, die das Wakenitztal<br />

an Bedeutung weit überragen. Dazu zählen das Pee<strong>net</strong>al mit 43, das Naturreservat Schaalsee mit<br />

bis zu 50, der Müritz-Nationalpark mit 20, die Mecklenburgische Schweiz mit 19 und das Trebeltal mit<br />

15 Brutpaaren (vgl. dazu S. 404 der Prozessakte). Das IBA- Kriterium C6, auf das sich die Kläger berufen,<br />

verbietet es nicht, diese Gebiete in die vergleichende Betrachtung mit einzubeziehen. Das IBA-<br />

Regelwerk hat keine Rechtsnormqualität. Es dient nach der Rechtsprechung des EuGH als Orientierungshilfe,<br />

ersetzt aber nicht bereits für sich genommen die Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal<br />

der „zahlen- und flächenmäßig geeig<strong>net</strong>sten Gebiete“ in Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL. Der Vogelschutz-Richtlinie<br />

liegt auch unter Berücksichtigung des Art. 4 Abs. 1 Satz 2 VRL nicht die<br />

Zielvorstellung zugrunde, den Vogelschutz dadurch zu stärken, dass gerade in den Randbereichen der<br />

jeweiligen Verbreitungsräume Schutzgebiete für jede beliebig kleine Zahl von Indiv<strong>id</strong>uen geschaffen<br />

werden, nur weil es in der maßgeblichen Region Gebiete gibt, in denen der Bestand noch geringer ist.<br />

In der IBA-Aufstellung 2000 (S. 271) wird das Eisvogelvorkommen in Deutschland mit mindestens 3<br />

500 Brutpaaren angegeben. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt offensichtlich außerhalb der Grenzen<br />

des Landes Schleswig- Holstein, das nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten maximal<br />

150 Brutpaare beherbergt. Es deutet nichts darauf hin, dass der Fortbestand der Art in Deutschland<br />

von den Brutpaaren in der Wakenitzniederung abhängt. Den förmlichen Vogelschutz auf diese Paare<br />

zu erstrecken, ist keine Maßnahme, die als nennenswerter Beitrag zur Erhaltung der Art geboten<br />

erscheinen könnte.<br />

1.4.1 Die Wakenitzniederung lässt sich auch unter dem Blickwinkel des Art. 4 Abs. 2 VRL nicht als faktisches<br />

Vogelschutzgebiet einstufen. Sie hat als Vermehrungs-, Überwinterungs- oder Rastplatz für<br />

Zugvögel keine so überragende Bedeutung, dass sie zu den in Deutschland geeig<strong>net</strong>sten Gebieten zu<br />

rechnen ist.<br />

Die Wakenitzniederung ist kein Feuchtgebiet im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VRL. Von der Ramsar-<br />

Konvention wird sie nicht erfasst. Sie steht auch nicht zur Aufnahme in das Verzeichnis der international<br />

bedeutsamen Feuchtgebiete an (vgl. Mitlacher, Ramsar-Bericht Deutschland, 1997, S. 16, 19/20).<br />

Feuchtgebiete zeichnen sich dadurch aus, dass bestimmte Wasservogelpopulationen sie auf ihren<br />

Zugwegen als Jahreslebensräume nutzen (vgl. die im Ramsar-Bericht auf S. 91 enthaltene Aufzählung).<br />

Die Kläger machen selbst nicht geltend, dass das von ihnen gezeich<strong>net</strong>e Bild der Wakenitz als<br />

Rastplatz durch diese Vogelgruppen beherrscht oder auch nur maßgeblich mitgeprägt wird. LEGUAN<br />

(Vogelzuggutachten vom 3. Oktober 2000, S. 5) und Risch (Vogelzuggutachten vom Dezember 1997,<br />

S. 6 bis 9) sind sich in der Beurteilung einig, dass die Wakenitz Wasservögeln zwar als Korr<strong>id</strong>or dient,<br />

von der großen Masse dieser Vögel aber lediglich überflogen wird. Die Kläger stellen dies nicht in<br />

Abrede. Auch nach ihrer Einschätzung spielt Art. 4 Abs. 2 VRL allenfalls deshalb eine Rolle, weil der<br />

Niederungsbereich insbesondere von Singvögeln als Rast-, Nahrungs- oder Durchzugsgebiet genutzt<br />

wird. Die Kläger sehen in dem Umstand, dass bei der Untersuchung des Vogelzuges 1998 und 1999<br />

144 Vogelarten registriert und eine Gesamtindiv<strong>id</strong>uenzahl von mehr als 200 000 ermittelt wurden (im<br />

LEGUAN-Vogelzuggutachten, S. 118, ist von einem geschätzten Rastvogelaufkommen von mindestens<br />

157 000 Indiv<strong>id</strong>uen während der Herbst- und der Frühjahrszugphase die Rede), einen Indikator für<br />

die hohe Bedeutung der Wakenitz als Zuggebiet. Sie machen indes selbst nicht geltend, dass die von<br />

ihnen genannten Zahlen bereits für sich genommen die Annahme rechtfertigen, dass den Anforderungen<br />

genügt ist, die an ein faktisches Vogelschutzgebiet zu stellen sind. Rechtliche Relevanz messen<br />

Naturschutz in Recht und Praxis - online (2002) Heft 1, www.naturschutzrecht.<strong>net</strong> 52

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