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Rechtsprechung<br />
eine Brücke oder ein Tunnel vorzugswürdig ist. Die von ihm getroffene Entsche<strong>id</strong>ung lässt sich unter<br />
keinem dieser Gesichtspunkte beanstanden.<br />
3.2.1 Der Beklagte brauchte die Nordumfahrung Lübecks nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen. In der<br />
Klageerw<strong>id</strong>erung macht er unter Berufung auf die Senatsentsche<strong>id</strong>ung vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A<br />
9.97 - (a.a.O.) geltend, etwaige Nordvarianten könnten von den Klägern schon deshalb nicht diskutiert<br />
werden, weil sie im Verhältnis zum planfestgestellten Vorhaben begrifflich ein anderes Projekt darstellten.<br />
Der Senat hat die im Urteil vom 19. Mai 1998 in diesem Sinne getroffene Aussage bereits in der<br />
Entsche<strong>id</strong>ung vom 18. Dezember 1998 - BVerwG 4 A 10.97 - (Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 144) relativiert<br />
und die Nordumfahrung Lübecks ergänzend auch nach Abwägungsgrundsätzen beurteilt. An diesem<br />
Ansatz ist festzuhalten. Die BAB A 20 dient konzeptionell vorrangig der Abwicklung eines weiträumigen<br />
Verkehrs. Dieser Zweckrichtung lässt sich mit der Nord- und der Südumfahrung gleichermaßen<br />
Rechnung tragen. Der in der Klageerw<strong>id</strong>erung vertretenen Auffassung, die Nordumfahrung spiele<br />
rechtlich schon deshalb keine Rolle mehr, weil mit dem östlichen Ende des in Bau befindlichen ersten<br />
Abschnitts südlich von Lübeck inzwischen unumkehrbar ein Zwangspunkt geschaffen worden sei, ist<br />
ebenfalls nicht zu folgen. Ist ein Vorhaben abschnittsweise bereits verwirklicht worden, so darf dies<br />
nicht dazu führen, dass die Alternativenprüfung fortan zulasten der in nachfolgenden Abschnitten<br />
Betroffenen eingeschränkt oder aus dem Abwägungsprogramm gar gänzlich ausgeblendet wird. Die<br />
Planung muss in jedem Abschnitt dem Einwand Stand halten, dass eine andere Planungsvariante bei<br />
einer auf die Gesamtplanung bezogenen Betrachtung gegenüber dem der Planfeststellung zugrunde<br />
liegenden Planungskonzept vorzugswürdig ist. In vorangegangenen Teilabschnitten geschaffene<br />
Zwangspunkte erzeugen keine strikten Bindungen. Sie sind als öffentlicher Belang berücksichtigungsfähig<br />
und -bedürftig, können aber im Wege der Abwägung überwunden werden (vgl. BVerwG,<br />
Beschluss vom 2. November 1992 - BVerwG 4 B 205.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 92). Die Planfeststellungsbehörde<br />
hat dem Rechnung getragen. Sie hat sich zwar die Sichtweise zu Eigen gemacht,<br />
dass eine nördliche Trassenführung auf die Verwirklichung eines anderen Projekts hinauslaufe, hat<br />
aber „unabhängig hiervon“ die Vor- und die Nachteile einer Nord- oder einer Südumfahrung einander<br />
gegenübergestellt und bewertet (S. 185 ff. PFB). Das Ergebnis, zu dem sie gelangt ist, hält einer Prüfung<br />
anhand der zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätze stand.<br />
Die Nordumfahrung brauchte sich der Planungsbehörde schon aus ökologischen Gründen nicht als<br />
vorzugswürdige Alternative aufzudrängen. Der Beklagte weist darauf hin, dass bei einer Trassenführung<br />
im Norden Lübecks zwangsläufig Landschaftsräume durchschnitten würden, die der EU-Kommission<br />
als Vogelschutz- bzw. FFH-Gebiete gemeldet worden sind. Die Kläger stellen dies nicht in Abrede.<br />
Sie halten diesen Umstand für nicht entsche<strong>id</strong>end, weil sie der Wakenitz die Qualität eines Vogelschutz-<br />
bzw. FFH-Gebiets beimessen, das nicht weniger schutzwürdig sei als die Gebiete, die im Zuge<br />
einer Nordumfahrung beeinträchtigt werden müssten. Diese Annahme trifft aber nicht zu. Der Schutzstatus<br />
der Wakenitz bestimmt sich - wie dargelegt - nicht nach den Regelungen des Gemeinschaftsrechts.<br />
Im Übrigen schne<strong>id</strong>et die Nordumfahrung auch aus städtebaulichen und aus verkehrstechnischen<br />
Gründen schlechter ab als die Südumfahrung. Insoweit hebt die Planfeststellungsbehörde<br />
unw<strong>id</strong>ersprochen hervor: Die Stadt Lübeck entwickle sich als Wohn-, Gewerbe- und Hochschulstandort<br />
hauptsächlich nach Westen und Süden. Nur die Südumfahrung sei geeig<strong>net</strong>, zur verkehrlichen<br />
Erschließung dieses Entwicklungsbereichs und zur Entlastung des untergeord<strong>net</strong>en Straßen<strong>net</strong>zes<br />
beizutragen. Werde die BAB A 20 nicht am Südrand Lübecks entlanggeführt, so sei es unumgänglich,<br />
das Problem der Süd- und Westumfahrung anderweitig zu lösen. Die BAB A 1 und die BAB A 226,<br />
deren Kapazitäten schon jetzt nahezu erschöpft seien, müssten im Falle einer Nordumfahrung zusätzlichen<br />
Verkehr aufnehmen, ohne dass dieser Mehrbelastung eine signifikante Entlastung des städtischen<br />
Straßen<strong>net</strong>zes gegenüberstehen würde.<br />
3.2.2 Die Auswahl, die der Beklagte unter den von ihm geprüften Südvarianten getroffen hat, genügt,<br />
was die Berücksichtigung der Naturschutzbelange angeht, ebenfalls den Anforderungen des Abwägungsgebots.<br />
Der Beklagte hat im Laufe des Verfahrens aus dem Kreis der vier Hauptvarianten V 4, V 5, V 7 und V 8<br />
eine neue Variante 5 D entwickelt und in die Varianten V 7 und V 8 integriert (vgl. PFB S. 197 ff.). Als<br />
Begründung dafür, weshalb er die Varianten V 4 und V 5 ausgeschieden hat, nennt er die Erwägung,<br />
dass die Linie V 4 durch die als Vogelschutzgebiet gemeldete Wulfsdorfer He<strong>id</strong>e führt, und die Linie V 5<br />
auf mecklenburgischer Seite den Naturpark Schaalsee anschne<strong>id</strong>en würde, der die Qualität eines ausgewiesenen<br />
Vogelschutzgebietes hat. Die Kläger halten diese Überlegungen für nicht stichhaltig. Sie<br />
meinen, die Trasse V 4 sei nicht verworfen worden, um die Wulfsdorfer He<strong>id</strong>e zu schonen, sondern um<br />
die Voraussetzungen für einen Ausbau des Flughafens Lübeck-Blankensee zu sichern. Die Linie V 5<br />
Naturschutz in Recht und Praxis - online (2002) Heft 1, www.naturschutzrecht.<strong>net</strong> 60