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Rechtsprechung<br />

sion ihre Sicht der Dinge darzulegen. Das durch § 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG gewährte Mitwirkungsrecht<br />

im Planfeststellungsverfahren erschöpft sich darin, sich zum Vorhaben zu äußern und in die einschlägigen<br />

Sachverständigengutachten Einsicht zu nehmen. Dagegen braucht die Planungsbehörde<br />

nicht Sorge dafür zu tragen, dass die anerkannten Naturschutzverbände in den Vorgang der Informationsbeschaffung<br />

eingeschaltet werden und die Möglichkeit erhalten, bereits in dieser Phase ihren<br />

Standpunkt zur Geltung zu bringen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 - BVerwG 4 A 16.95 - Buchholz<br />

406.401 § 29 BNatSchG Nr. 10).<br />

3.3 Die Rüge, nicht ordnungsgemäß beteiligt worden zu sein, greift freilich unter einem anderen Blickwinkel<br />

durch. Die Stellungnahme der Kommission vom 31. Oktober 2000 hätte den Klägern nämlich<br />

zugänglich gemacht werden müssen.<br />

Das Schreiben erfüllt die Merkmale eines einschlägigen Sachverständigengutachtens im Sinne des §<br />

29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Dass die Kläger schon in der Anfangsphase des Verfahrens Gelegenheit<br />

zur Äußerung erhalten hatten, enthob den Beklagten nicht der Verpflichtung, sie von dem Schreiben<br />

der Kommission zu unterrichten. Eine Mitwirkung von Naturschutzverbänden in einem frühen Verfahrensabschnitt<br />

schließt eine nochmalige Beteiligung nicht aus, wenn die Planfeststellungsbehörde auf<br />

Erkenntnisse zurückzugreifen beabsichtigt, die sie aufgrund neuer, den Naturschutz betreffender<br />

Untersuchungen gewonnen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 -<br />

BVerwGE 102, 358). Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich der Äußerung der Kommission<br />

vom 31. Oktober 2000 nicht die Qualität eines solchen Erkenntnismittels absprechen. Richtig ist, dass<br />

§ 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG den Naturschutzverbänden kein freies Zugriffsrecht auf alle Akten des<br />

Planfeststellungsverfahrens gewährt, die einen Bezug zum <strong>Naturschutzrecht</strong> aufweisen (vgl. auch<br />

BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2001 - BVerwG 4 B 81.01 - juris, zur Veröffentlichung bestimmt).<br />

Der Anspruch auf Einsicht ist vielmehr begrenzt. Unter „Sachverständigengutachten“ sind aber nicht<br />

nur Äußerungen von „Sachverständigen“ im Sinne von § 26 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG zu verstehen. Als vergleichbare<br />

Erkenntnisgrundlage können auch sonstige sachverständige Stellungnahmen Dritter oder<br />

beteiligter Behörden dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 1997 - BVerwG 11 A 49.96 - BVerwGE<br />

105, 348). Voraussetzung ist freilich, dass es sich um eine „einschlägige“ Äußerung im Sinne des<br />

§ 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG handelt. Das ist nur dann der Fall, wenn naturschutzrechtliche oder -<br />

fachliche Fragen ihren eigentlichen Gegenstand bilden.<br />

Gemessen an diesen Kriterien weist das Schreiben der Kommission vom 31. Oktober 2000 die vom<br />

Gesetzgeber vorausgesetzten Merkmale auf. Es gehört allgemein zu den Aufgaben der Kommission,<br />

darüber zu wachen, dass die Mitgliedstaaten den Verpflichtungen nachkommen, die sich für sie aus<br />

den zur Erhaltung und zum Schutz der Umwelt erlassenen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen ergeben<br />

(vgl. Art. 174, 226 EG). Das FFH-Recht trifft spezielle Vorkehrungen, um sicherzustellen, dass die<br />

mit ihm verfolgten Ziele nicht verfehlt werden (vgl. auch Art. 5 FFH-RL). Unter den in Art. 6 FFH-RL<br />

genannten Voraussetzungen kommt der Kommission eine zentrale Rolle bei der Prüfung der Frage zu,<br />

ob ein Vorhaben, das ein FFH- rechtlich geschütztes Gebiet erheblich beeinträchtigt, verwirklicht werden<br />

darf. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat sich bei seiner Anfrage<br />

vom 16. Oktober 2000 allerdings nicht auf Art. 6 FFH-RL gestützt. Es hat vielmehr darum gebeten „zu<br />

bestätigen, dass es sich bei dem Gebiet nicht um ein 'potentielles' Schutzgebiet nach europäischem<br />

Recht“ handelt. Die Kommission hat ihre Antwort an dieser Fragestellung ausgerichtet und klargestellt,<br />

dass sich ihr Schreiben nicht als förmliche Stellungnahme im Sinne des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL qualifizieren<br />

lässt. Sie teilt mit, „in der Frage der Notwendigkeit, den durch die A 20-Querung betroffenen Teil der<br />

Wakenitz als Natura 2000-Gebiet auszuweisen“, zu dem Ergebnis gekommen zu sein, „dass es sich<br />

um ein Gebiet handelt, dessen Ausweisung sowohl was die EG-Vogelschutz- Richtlinie 79/409 anbetrifft<br />

als auch hinsichtlich der FFH- Richtlinie 92/43 in den Ermessensbereich des Mitgliedstaates fällt“.<br />

Auch eine solche Äußerung des auf EU-Ebene zur Wahrung naturschutzrechtlicher Belange berufenen<br />

Gemeinschaftsorgans ist Ausdruck einer an den naturfachlichen Erfordernissen des Gemeinschaftsrechts<br />

orientierten Wertung, die nach dem Schutzzweck des § 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG den Naturschutzverbänden<br />

nicht vorenthalten werden darf, da sich in ihr, wie in einem Sachverständigengutachten,<br />

besonderer Sachverstand manifestiert. Eine derartige qualifizierte Bestätigung zu erhalten, war<br />

gerade das Ziel der gestellten Anfrage.<br />

Der dem Beklagten unterlaufene Fehler nötigt indes nicht dazu, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben<br />

oder für rechtsw<strong>id</strong>rig zu erklären. Der Rechtsverstoß ist unbeachtlich. Denn es ist offensichtlich,<br />

dass die Verletzung des Mitwirkungsrechts die Entsche<strong>id</strong>ung in der Sache nicht beeinflusst haben<br />

kann. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Kläger, dass eine Anwendung des § 115 LVwG (= § 46<br />

VwVfG) auf § 29 BNatSchG nicht in Betracht komme. Die Senatsentsche<strong>id</strong>ungen vom 31. Oktober<br />

Naturschutz in Recht und Praxis - online (2002) Heft 1, www.naturschutzrecht.<strong>net</strong> 47

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