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Christian F. Majer - Zeitschrift Jura Studium & Examen

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AUSGABE 4 | 2012<br />

__________________________________________________________________________________________<br />

S. 1 GG). Jedenfalls ist dieser Anspruch<br />

mittlerweile gewohnheitsrechtlich anerkannt.<br />

Erforderlich ist ein rechtswidriger Eingriff<br />

in ein subjektiv öffentliches Recht<br />

des Antragstellers durch gegenwärtiges<br />

oder drohendes öffentliches Handeln.<br />

Das liturgische Glockengeläut der Beklagten<br />

erweist sich jedoch als rechtmäßig.<br />

Dem Antragsteller obliegt insofern<br />

eine Duldungspflicht.<br />

2. Kein Verstoß gegen § 22 BImSchG<br />

Die Beklagte ist nicht nach den Vorgaben<br />

des BImSchG zur Unterlassung des<br />

morgendlichen Läutens verpflichtet.<br />

Zwar kommt dem Verbot des § 22 Abs. 1<br />

Nr. 1 u. 2 i.V.m. den Begriffsbestimmungen<br />

des § 3 Abs. 1 BImSchG drittschützender<br />

Charakter zu. Die Voraussetzungen<br />

für die Annahme einer schädlichen<br />

Umwelteinwirkung i.S.d. § 22<br />

Abs. 1 Nr. 1 BImSchG liegen aber nicht<br />

vor. Das streitgegenständliche Glockengeläut<br />

der Beklagten begründet keine<br />

erheblichen Nachteile oder erhebliche<br />

Belästigungen für den Kläger.<br />

Dazu führt das Gericht aus:<br />

„Die akustische Beeinträchtigung, die<br />

von Glockengeläut ausgeht, ist grundsätzlich<br />

erheblich, wenn das Geläut die<br />

Schwellenwerte der TA Lärm übersteigt,<br />

und grundsätzlich unerheblich, solange<br />

es sich unterhalb dieser Schwellenwerte<br />

hält. Für ein Überschreiten der Grenzwerte<br />

gibt es im Fall des Betläutens der<br />

Beklagten keine Anhaltspunkte. Der<br />

Kläger hat eine derartige Überschreitung<br />

der Grenzwerte nicht dargelegt. Er hat<br />

vielmehr ausdrücklich erklärt, die ‚Lärmstärke’<br />

spiele für ihn, ‚soweit sie oberhalb<br />

der Hörschwelle, zumindest aber der<br />

Weckschwelle’ liege, ‚keine Rolle’. Es gibt<br />

auch keine anderweitigen Hinweise auf<br />

eine Überschreitung der Schwellenwerte.<br />

Eine schädliche Umwelteinwirkung ist<br />

darüber hinaus nicht gegeben, wenn die<br />

Immission herkömmlich, sozial adäquat<br />

und allgemein akzeptiert ist. So liegen<br />

die Dinge hier. Das morgendliche Läuten<br />

ist eine kirchliche Tradition, die im vorliegenden<br />

Fall bereits so lange besteht,<br />

dass eine genaue Datierung des Beginns<br />

nicht möglich ist. Der Kläger bezweifelt<br />

zwar, dass die Beklagte das alltägliche<br />

Betläuten seit mindestens 1756 regelmäßig<br />

praktiziert. Soweit sich sein Vortrag<br />

dabei allein darauf stützt, dass es vor<br />

1924 noch kein elektrisches Geläut gegeben<br />

habe, handelt es sich aber um eine<br />

bloße Mutmaßung. Da das morgendliche<br />

Betläuten jedenfalls seit langem den Tageslauf<br />

der Gemeinde prägt, ist es ‚herkömmlich’<br />

im Sinne des Immissionsschutzrechts.<br />

Das Geläut ist auch sozialadäquat und<br />

wird allgemein akzeptiert. Vor allem in<br />

der ländlichen Bevölkerung wird dem<br />

Glockengeläut keineswegs nur eine reli-<br />

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