Christian F. Majer - Zeitschrift Jura Studium & Examen
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AUSGABE 4 | 2012<br />
__________________________________________________________________________________________<br />
II. Diebstahl, § 242 Abs. 1 StGB<br />
Indem er mit dem Ring am Finger floh,<br />
ohne bezahlt zu haben, kann T sich<br />
wegen Diebstahls nach § 242 Abs. 1<br />
StGB strafbar gemacht haben.<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
Bei dem Ring handelte es sich um eine<br />
für T fremde (nicht in seinem Alleineigentum<br />
stehende, aber auch nicht herrenlose<br />
bzw. nicht verkehrsfähige) bewegliche<br />
Sache.<br />
Diese müsste er R weggenommen haben.<br />
Unter Wegnahme versteht man<br />
Bruch fremden und Begründung neuen,<br />
nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams.<br />
Der nahe liegenden Annahme, in der<br />
plötzlichen Flucht mit dem Ring am<br />
Finger liege ein Gewahrsamsbruch,<br />
könnte ein Einverständnis Rs mit dem<br />
Gewahrsamswechsel entgegenstehen: R<br />
hat den Ring ja selbst auf den Finger Ts<br />
gesteckt.<br />
Ausweislich des Sachverhalts geschah<br />
dies aber nur „zur Ansicht“. Das ist<br />
vergleichbar mit der Anprobe von Kleidung<br />
in einem Kaufhaus: In Anwesenheit<br />
des Berechtigten (typischerweise<br />
vertreten durch sein Personal) darf man<br />
die Ware anprobieren, ohne dass die<br />
Verkehrsanschauung deswegen eine<br />
Gewahrsamsübertragung vom Kaufhausinhaber<br />
auf den Kunden annähme.<br />
Es liegt in solchen Fällen vielmehr eine<br />
Gewahrsamslockerung, höchstens die<br />
Einräumung von Mitgewahrsam, vor. 49<br />
Der Bruch von gestuften Gewahrsamsverhältnissen<br />
ist ausreichend, um einen<br />
Gewahrsamsbruch zu bejahen. Als T<br />
mit dem Ring am Finger floh, brach er<br />
also den Gewahrsam Rs am Ring und<br />
begründete eigenen Gewahrsam – damit<br />
war die Wegnahme vollendet.<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
T handelte vorsätzlich und in der Absicht,<br />
den Ring in rechtswidriger Weise<br />
seinem Vermögen einzuverleiben.<br />
3. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />
Es greifen weder Rechtfertigungs- noch<br />
Entschuldigungsgründe ein.<br />
4. Ergebnis<br />
Indem er mit dem Ring am Finger davon<br />
rannte, ohne den Ring zu bezahlen,<br />
hat T sich wegen Diebstahls nach § 242<br />
Abs. 1 StGB strafbar gemacht.<br />
C. Strafbarkeit Bs<br />
I. Schwerer Raub, §§ 249, 250 Abs. 2<br />
Nr. 1 StGB<br />
Indem er T mit einem Totschläger bewusstlos<br />
schlug und ihm dann den Ring<br />
abnahm, kann B sich wegen schweren<br />
49 Ebenso BGH, GA 1966, 244.<br />
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