Christian F. Majer - Zeitschrift Jura Studium & Examen
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AUSGABE 4 | 2012<br />
__________________________________________________________________________________________<br />
PD Dr. <strong>Christian</strong> Traulsen *<br />
Die 5 %-Hürde<br />
im Europawahlrecht 1<br />
Sachverhalt:<br />
P, Professor für Öffentliches Recht im<br />
Ruhestand und deutscher Staatsangehöriger,<br />
hält das in Deutschland für die<br />
Wahlen zum Europäischen Parlament<br />
geltende Wahlsystem für verfassungswidrig.<br />
Seine Bedenken richten sich<br />
gegen die in § 2 Abs. 7 EuWG festgelegte<br />
5 %-Klausel sowie gegen das System<br />
der »starren« Listen in § 2 Abs. 5<br />
EuWG, wonach die auf einen Wahlvorschlag<br />
entfallenden Sitze in der auf der<br />
Liste festgelegten Reihenfolge besetzt<br />
werden.<br />
Nach der Europawahl des Jahres 2009<br />
legte P darum form- und fristgerecht<br />
beim Deutschen Bundestag Einspruch<br />
gegen die Gültigkeit der Wahl der deutschen<br />
Abgeordneten zum Europäischen<br />
Parlament ein. Zur Begründung führte<br />
er aus, § 2 Abs. 7 EuWG verstoße gegen<br />
* Der Autor ist Privatdozent für Öffentliches<br />
Recht und Kirchenrecht an der Eberhard-Karls-<br />
Universität Tübingen.<br />
1 Die vorliegende Aufgabe wurde im Wintersemester<br />
2011/12 im <strong>Examen</strong>sklausurenkurs der<br />
Juristischen Fakultät der Universität Tübingen<br />
gestellt.<br />
die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit<br />
und der Chancengleichheit der politischen<br />
Parteien. Bei der Europawahl<br />
2009 seien aufgrund der Sperrklausel 7<br />
Parteien unberücksichtigt geblieben,<br />
welche 2,8 Millionen Wähler und damit<br />
ca. 10 % der abgegebenen Stimmen re–<br />
präsentierten. Das sei nicht zu rechtfertigen,<br />
zumal im Europäischen Parlament<br />
ohnehin bereits 162 verschiedene<br />
Parteien vertreten seien. Dennoch habe<br />
das Parlament über 30 Jahre hinweg<br />
funktioniert. Das System der »starren«<br />
Listen sei mit dem Demokratieprinzip<br />
unvereinbar, da so nicht die Wähler,<br />
sondern die Parteien durch die Festlegung<br />
der Kandidatenreihenfolge über<br />
die Auswahl der Abgeordneten bestimmten.<br />
Der Bundestag wies den Einspruch mit<br />
formell ordnungsgemäßem Beschluss<br />
vom 8. Juli 2010 zurück. Es sei nicht<br />
seine Aufgabe, die Verfassungsmäßigkeit<br />
von Wahlvorschriften zu überprüfen;<br />
dies bleibe dem Bundesverfassungsgericht<br />
vorbehalten. Unabhängig<br />
davon werde die Rechtsauffassung des<br />
P inhaltlich nicht geteilt. Die 5 %-<br />
Sperrklausel des § 2 Abs. 7 EuWG entspreche<br />
den Vorgaben von Art. 3 DWA.<br />
Sie sei auch erforderlich, um einer Zersplitterung<br />
des Europäischen Parlamentes<br />
entgegenzuwirken und so dessen<br />
Funktionsfähigkeit sicherzustellen. Zudem<br />
diene sie einer effektiven Vertretung<br />
des deutschen Volkes im Europäi-<br />
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