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Christian F. Majer - Zeitschrift Jura Studium & Examen

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AUSGABE 4 | 2012<br />

__________________________________________________________________________________________<br />

intensiver, als es der europäische<br />

Normgeber tut. Dieser hat aber in Art. 3<br />

DWA eine Sperrklausel ausdrücklich<br />

zugelassen.<br />

Argumente gegen eine Rechtfertigung:<br />

Bei der letzten Europawahl im Jahre<br />

2009 entfielen ca. 10 % der Stimmen auf<br />

Listen, die weniger als 5 % der abgegebenen<br />

Stimmen auf sich vereinigen<br />

konnten. Damit blieben in Deutschland<br />

rund 2,8 Millionen Stimmen ohne Erfolgswert.<br />

Bereits jetzt sind im Europäischen Parlament<br />

mehr als 160 Parteien vertreten.<br />

Auch andere Mitgliedstaaten der EU<br />

haben keine Sperrklausel eingeführt,<br />

ohne dass die Funktionsfähigkeit des<br />

Parlamentes in Frage stünde.<br />

Die zentralen Arbeitseinheiten des Europäischen<br />

Parlamentes sind die Fraktionen.<br />

Sie bündeln die Positionen der<br />

unterschiedlichen nationalen Parteien<br />

und organisieren die Willensbildung.<br />

Entscheidend für die Arbeitsfähigkeit<br />

des Parlamentes ist somit nicht die Zahl<br />

kleiner und kleinster Parteien, sondern<br />

ob es gelingt, diese in die Fraktionen zu<br />

integrieren.<br />

Dass es keine Koalitionen gibt, bedeutet<br />

auch, dass keine Koalitionsvereinbarungen<br />

geschlossen werden müssen.<br />

»Die parlamentarische Praxis ist geprägt<br />

durch eine Zusammenarbeit der<br />

beiden großen Fraktionen, die zusammen<br />

regelmäßig deutlich über 60 % der<br />

Mandate auf sich vereinen […]. Der<br />

Aufwand für eine Konsensbildung zwischen<br />

diesen beiden Fraktionen ist unabhängig<br />

von der Zahl der fraktionslosen<br />

Abgeordneten und kleineren Frak-<br />

tionen.« 15<br />

Auf nationaler Ebene ist die 5 %-Klausel<br />

vor allem dadurch zu rechtfertigen,<br />

dass der Bundestag eine stabile Mehrheit<br />

bilden muss, um eine handlungsfähige<br />

Regierung zu wählen und fortlaufend<br />

zu unterstützen. Dieser Grund<br />

besteht beim Europäischen Parlament<br />

nicht. Die Europäische Union hat (bislang)<br />

kein parlamentarisches Regierungssystem.<br />

Das Europäische Parlament<br />

wählt zwar auf Vorschlag des Rates<br />

den Kommissionspräsidenten<br />

(Art. 17 Abs. 7 UAbs. 1 EUV) und gibt<br />

ein Zustimmungsvotum für die übrigen<br />

Kommissionsmitglieder ab (Art. 17<br />

Abs. 7 UAbs. 3 EUV). Auch ist die<br />

Kommission als Kollegium dem Parlament<br />

verantwortlich (Art. 17 Abs. 8 S. 1<br />

EUV) und das Parlament kann nach<br />

Art. 234 AEUV einen Misstrauensantrag<br />

gegen die Kommission annehmen<br />

(Art. 17 Abs. 8 S. 2 EUV). Jedoch sind<br />

die Kommission und ihr Präsident bei<br />

der Erfüllung ihrer Aufgaben weit weniger<br />

auf das Parlament angewiesen als<br />

15 BVerfGE 129, 300 (330 f.).<br />

38

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