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Christian F. Majer - Zeitschrift Jura Studium & Examen

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AUSGABE 4 | 2012<br />

__________________________________________________________________________________________<br />

unmittelbar aus der Verfassung ergeben;<br />

sie müssen aber durch die Verfassung<br />

legitimiert und von vergleichbarem<br />

Gewicht wie die Wahlrechtsgleichheit<br />

sein. Sie müssen ferner zur Verfolgung<br />

des jeweiligen Zieles geeignet und<br />

erforderlich sein (Verhältnismäßigkeitsmaßstab).<br />

Für die Beurteilung der Rechtfertigungsgründe<br />

gilt dabei:<br />

Findet der Gesetzgeber aktuelle bzw.<br />

veränderte Umstände vor, muss er ihnen<br />

Rechnung tragen. Die Zulässigkeit<br />

von Normen, welche die Wahlrechtsgleichheit<br />

einschränken, steht nicht ein<br />

für allemal fest. Wenn sich die Verhältnisse<br />

wesentlich ändern, kann sich eine<br />

abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung<br />

ergeben.<br />

Das BVerfG akzeptiert nur einen geringen<br />

Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers:<br />

»Weil mit Regelungen, die die<br />

Bedingungen der politischen Konkurrenz<br />

berühren, die parlamentarische<br />

Mehrheit gewissermaßen in eigener<br />

Sache tätig wird und gerade bei der<br />

Wahlgesetzgebung die Gefahr besteht,<br />

dass die jeweilige Parlamentsmehrheit<br />

sich statt von gemeinwohlbezogenen<br />

Erwägungen vom Ziel des eigenen<br />

Machterhalts leiten lässt, unterliegt<br />

aber die Ausgestaltung des Wahlrechts<br />

hier einer strikten verfassungsgerichtli-<br />

chen Kontrolle (vgl. BVerfGE 120, 82<br />

[105]).« 12<br />

Beim Wahlsystem für das Europäische<br />

Parlament entscheidet der Gesetzgeber<br />

indessen gerade nicht in eigener Sache.<br />

»Die Verfassung ist im Hinblick auf das<br />

Wahlsystem offen und verleiht dem<br />

Bundesverfassungsgericht deshalb kein<br />

Mandat, bei der konzeptionellen Ausgestaltung<br />

eines Wahlsystems allzu<br />

feingliedrig mit dem Gleichheitssatz zu<br />

prüfen, fallweise zu korrigieren und so<br />

allmählich in die Rolle des Wahlgesetz-<br />

gebers zu schlüpfen.« 13<br />

Demnach hätte der Gesetzgeber einen<br />

erheblichen Gestaltungsspielraum bei<br />

der Festlegung des Wahlsystems.<br />

Folgt man indessen der Senatsmehrheit,<br />

so ergibt sich eine engmaschige<br />

Prüfung:<br />

aa) Funktionsfähigkeit des Europäischen<br />

Parlamentes<br />

Als rechtfertigender Grund für eine<br />

Sperrklausel kommt insbesondere die<br />

Funktionsfähigkeit des Europäischen<br />

Parlamentes in Betracht. 14<br />

12 BVerfGE 129, 300 (322 f.).<br />

13 So das Sondervotum der Richter Di Fabio und<br />

Mellinghoff, BVerfGE 129, 300 (350).<br />

14 An dieser Stelle ist Argumentation gefragt.<br />

Vertretbar sind beide Ergebnisse. Die Pointe an<br />

der Entscheidung des BVerfG ist, dass es – nach<br />

den eigenen Maßstäben völlig konsequent – die<br />

möglichen Funktionsbeeinträchtigungen an<br />

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