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Christian F. Majer - Zeitschrift Jura Studium & Examen

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AUSGABE 4 | 2012<br />

__________________________________________________________________________________________<br />

den Finger Ts gesteckt – für eine Strafbarkeit<br />

nach § 263 Abs. 1 StGB müsste<br />

hierin eine Vermögensverfügung des<br />

Getäuschten liegen.<br />

Nach ganz herrschender Meinung ist<br />

darunter jedes tatsächliche Handeln,<br />

Dulden oder Unterlassen des Getäuschten<br />

zu verstehen, das bei ihm selbst<br />

oder einem Dritten unmittelbar zu einer<br />

Vermögensminderung im wirt-<br />

schaftlichen Sinne führt. 44<br />

Als Vermögensminderung kommt hier<br />

eine Gewahrsamsübertragung am Ring<br />

in Betracht. Jedoch ist es sehr fraglich,<br />

ob die von R täuschungsbedingt getroffene<br />

Verfügung sich unmittelbar vermögensmindernd<br />

auswirkte.<br />

Dies ist nur dann der Fall, wenn keine<br />

weiteren Zwischenschritte Ts erforderlich<br />

wären, also ein vollständiger Gewahrsamswechsel<br />

stattgefunden hat.<br />

Der Gewahrsam ist vom Besitz nach<br />

§§ 854 ff. BGB zu unterscheiden. 45 Der<br />

Gewahrsam besteht nach der herrschenden<br />

Lehre in der von einem natürlichen<br />

Gewahrsamswillen getragenen<br />

tatsächlichen Sachherrschaft – beurteilt<br />

nach der natürlichen Auffassung<br />

des täglichen Lebens. 46 Demgegenüber<br />

44 Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, 34.<br />

Aufl., Rdnr. 515.<br />

45 Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, 34.<br />

Aufl., Rdnr. 93.<br />

46 Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 28.<br />

Aufl., § 242 Rdnr. 23.<br />

wird nach dem sozial-normativen Gewahrsamsbegriff<br />

der Gewahrsam nicht<br />

als faktisches Verhältnis, sondern als<br />

sozial-normativ gesicherte Übereinkunft<br />

über die Zuordnung einer Sache<br />

zur Herrschaft einer Person definiert. 47<br />

Im Ergebnis divergieren beide Definitionen<br />

nicht, da die herrschende Lehre<br />

über fehlende tatsächliche Sachherrschaft<br />

in den fraglichen Fällen stets mit<br />

der „natürlichen Auffassung des täglichen<br />

Lebens“ hinwegkommt und sich<br />

so dem sozial-normativen Gewahrsamsbegriff<br />

annähert.<br />

Nach sozial-normativem Verständnis<br />

ebenso wie nach den natürlichen Anschauungen<br />

des täglichen Lebens liegt<br />

in der Überlassung einer Sache „zur<br />

Ansicht“ keine vollständige Gewahrsamsübertragung,<br />

sondern nur eine<br />

Gewahrsamslockerung. Wenn diese<br />

Gewahrsamslockerung auch durch Täuschung<br />

bewirkt werden mag, so ist sie<br />

doch nicht unmittelbar vermögensmindernd.<br />

Vielmehr eröffnet sie dem<br />

Täter erst die Gelegenheit zum unmittelbar<br />

schädigenden Zugriff, der aber<br />

immer noch eine Wegnahme in der<br />

Gestalt des Bruchs des Mitgewahrsams<br />

des Opfers ist. 48 Daher kommt eine<br />

Strafbarkeit Ts wegen Betrugs nicht in<br />

Betracht.<br />

47 Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, 34.<br />

Aufl., Rdnr. 83.<br />

48 Kindhäuser, in: NK-StGB, 3. Aufl., § 263<br />

Rdnr. 205 f.<br />

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