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ereignet hätte. Das Amtsgericht hätte <strong>de</strong>shalb<br />

nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens<br />

zum Beweis <strong>de</strong>r Tatsache, dass es<br />

auch mit Winterreifen zum Unfall gekommen<br />

wäre, zu einer Verurteilung kommen dürfen.<br />

Wegen <strong>de</strong>r praktischen Be<strong>de</strong>utung wur<strong>de</strong> die<br />

Rechtsbeschwer<strong>de</strong> zur Fortbildung <strong>de</strong>s Rechts<br />

vom OLG Ol<strong>de</strong>nburg gem. § 80 Abs.1 Nr.1, Abs. 2<br />

Nr. 1 OWiG zugelassen.<br />

Der Brennpunkt <strong>de</strong>r Entscheidung<br />

Die Entscheidung befasst sich – soweit ersichtlich<br />

erstm<strong>als</strong> – mit <strong>de</strong>r Problematik, wann ein<br />

Reifen überhaupt für bestimmte Wetterverhältnisse<br />

geeignet beziehungsweise ungeeignet ist.<br />

Wann ein solcher Verstoß vorliegt, was <strong>als</strong>o eine<br />

nicht geeignete Bereifung in diesem Sinn ist,<br />

ergibt sich aber nicht aus <strong>de</strong>m Gesetz. Anhand<br />

<strong>de</strong>s reinen Wortlauts <strong>de</strong>s § 2 Abs. 3a S.1 und 2<br />

StVO kann <strong>de</strong>r Fahrer eines Kraftwagens nicht<br />

erkennen, was von ihm verlangt wird. Das Tatbestandsmerkmal<br />

„<strong>de</strong>r an die Wetterverhältnisse<br />

angepassten, geeigneten Bereifung“ nennt<br />

nämlich keine konkrete Bereifung für jeweils<br />

genau bezeichnete Wetterverhältnisse. Es stellt<br />

<strong>de</strong>shalb einen unbestimmten, wertausfüllungsbedürftigen<br />

Begriff dar. Wie dieser Begriff auszufüllen<br />

ist, war Gegenstand <strong>de</strong>r Entscheidung<br />

<strong>de</strong>s OLG Ol<strong>de</strong>nburg. We<strong>de</strong>r gesetzliche noch<br />

technische Vorschriften regeln, welche Eigenschaften<br />

Reifen für bestimmte Wetterverhältnisse<br />

haben müssen. Dies gilt auch für Winterreifen.<br />

Für <strong>de</strong>n Bürger <strong>als</strong> Normadressat von §<br />

2 Abs. 3 a StVO ist daher nicht erkennbar, ob<br />

und gegebenenfalls welche Reifen bei welchen<br />

Wetterverhältnissen <strong>als</strong> ungeeignet anzusehen<br />

sind.<br />

Folge: das „Aus“ für die Winterreifenpflicht?<br />

Ist das <strong>als</strong>o das „Aus“ für die Winterreifenpflicht?<br />

Zunächst ist einmal festzuhalten, dass<br />

die Vorschrift <strong>de</strong>s § 2 Abs. 3a S. 1 u. 2 StVO<br />

schon nach ihrem Wortlaut gar keine „Winterreifenpflicht“<br />

begrün<strong>de</strong>t. Die Regelung gilt<br />

vielmehr für alle Wetterverhältnisse. Dennoch<br />

besteht unter Verkehrsjuristen nur dahingehend<br />

Einigkeit, dass die Regelung ersichtlich<br />

auf <strong>de</strong>n Winter abzielt. Es han<strong>de</strong>lt sich <strong>als</strong>o<br />

nicht um eine „Winterreifenpflicht“, son<strong>de</strong>rn<br />

um ein „Sommerreifenverbot“ bei nennenswertem<br />

Schneefall.<br />

So haben Tests ergeben, dass Sommerreifen<br />

je<strong>de</strong>nfalls bei Schnee in <strong>de</strong>r Regel eine „ungeeignete<br />

Bereifung“ darstellen, weshalb mit<br />

Sommerreifen bei drohen<strong>de</strong>m Schneefall und<br />

erst recht bei und nach Schneefall nicht mehr<br />

gefahren wer<strong>de</strong>n darf. Daher wird in Juristenkreisen<br />

vertreten, dass Gleiches auch für winterliche<br />

Wetterverhältnisse gelten dürfte, bei<br />

<strong>de</strong>nen mit Glatteisbildung auf <strong>de</strong>n Straßen zu<br />

rechnen ist. Erfahrungswerte sprechen dafür,<br />

dass ein reiner Sommerreifen mangels groben<br />

Profils und Lamellen mit Schnee und Eis nicht<br />

hinreichend zurechtkommt.<br />

Das hat das OLG Ol<strong>de</strong>nburg gesagt: Aus <strong>de</strong>n Entscheidungsgrün<strong>de</strong>n<br />

Das OLG Ol<strong>de</strong>nburg hat angenommen, dass <strong>de</strong>r<br />

Bußgeldtatbestand <strong>de</strong>r §§ 2 Abs. 3 a S. 1, 2, 49<br />

Abs. 1 Ziff. 2 StVO verfassungswidrig und damit<br />

ungültig ist, soweit er <strong>de</strong>n Verstoß gegen<br />

die Pflicht, eine <strong>de</strong>n Wetterverhältnissen angepasste,<br />

geeignete Bereifung vorzunehmen,<br />

sanktioniert.<br />

In vielen Fällen wird bei <strong>de</strong>r Verfassungswidrigkeit<br />

von Normen das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht<br />

angerufen. Warum nicht auch hier? Das OLG Ol<strong>de</strong>nburg<br />

konnte vorliegend selbst entschei<strong>de</strong>n,<br />

weil das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht für Rechtsverordnungen<br />

kein Verwerfungsmonopol hat.<br />

Eine Vorlage nach Karlsruhe wäre <strong>de</strong>shalb sogar<br />

unzulässig gewesen.<br />

Das Grundgesetz bot die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Grundlage<br />

für das Urteil <strong>de</strong>s OLG Ol<strong>de</strong>nburg. Das Zauberwort<br />

heißt „Bestimmtheitsgrundsatz“: Nach<br />

Art. 103 Abs. 2 GG kann eine Tat nämlich nur<br />

dann bestraft wer<strong>de</strong>n, wenn die Strafbarkeit<br />

gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen<br />

wur<strong>de</strong>. Diese Regelung verpflichtet <strong>de</strong>n Gesetzgeber,<br />

die Voraussetzungen <strong>de</strong>r Strafbarkeit<br />

so genau und konkret zu umschreiben, dass <strong>de</strong>r<br />

Anwendungsbereich <strong>de</strong>r Straftatbestän<strong>de</strong> zu<br />

erkennen ist und sich durch Auslegung ermitteln<br />

lässt. Der Einzelne soll auf diese Weise von<br />

vornherein wissen, was verboten ist, damit er<br />

in <strong>de</strong>r Lage ist, sein Verhalten darauf einzurichten.<br />

Auch Bußgeldtatbestän<strong>de</strong> sind an diesem<br />

hohen Verfassungs-Maßstab zu messen.<br />

In § 2 Abs. 3 a S. 1 StVO wird die Pflicht <strong>de</strong>s<br />

Kraftfahrers normiert, die Ausrüstung seines<br />

Fahrzeuges an die Wetterverhältnisse anzupassen.<br />

Dazu gehört gemäß § 2 Abs. 3 a S. 2<br />

StVO insbeson<strong>de</strong>re eine geeignete Bereifung.<br />

Ordnungswidrig han<strong>de</strong>lt gem. § 49 Abs. 1 Ziff. 2<br />

StVO, wer gegen diese Pflicht verstößt.<br />

Wann aber ein solcher Verstoß vorliegt, was <strong>als</strong>o<br />

eine nicht geeignete Bereifung in diesem Sinn<br />

ist, ergibt sich aus <strong>de</strong>r Norm selbst nicht. Anhand<br />

<strong>de</strong>s reinen Wortlauts <strong>de</strong>s § 2 Abs. 3 a S. 1<br />

und 2 StVO kann <strong>de</strong>r Fahrer eines Kraftwagens<br />

nicht erkennen, was von ihm verlangt wird.<br />

Das Tatbestandsmerkmal „<strong>de</strong>r an die Wetterverhältnisse<br />

angepassten, geeigneten Bereifung“<br />

nennt keine konkrete Bereifung für im einzelnen<br />

genau bezeichnete Wetterverhältnisse.<br />

Dieser Rechtsbegriff ist vielmehr unbestimmt<br />

und damit wertausfüllungsbedürftig.<br />

Vorliegend kann diese Wertausfüllung nicht aus<br />

an<strong>de</strong>ren Normen abgeleitet wer<strong>de</strong>n. Denn we<strong>de</strong>r<br />

gesetzliche noch technische Vorschriften regeln,<br />

welche Eigenschaften Reifen für bestimmte<br />

Wetterverhältnisse überhaupt haben müssen.<br />

Und das gilt insbeson<strong>de</strong>re auch für Winterreifen.<br />

Zwar sind diese in <strong>de</strong>r Straßenverkehrs-<br />

Zulassungsverordnung (StVZO) erwähnt. Dort<br />

wer<strong>de</strong>n sie in § 36 Abs. 1 S. 3 StVZO mit „M+S<br />

Reifen“ gleich gesetzt. Auch § 18 BOKraft erwähnt<br />

die Winterreifen. Sonstige Vorschriften,<br />

aus <strong>de</strong>nen sich nähere Eigenschaften eines Winterreifens<br />

ableiten lassen, bestehen aber nicht.<br />

Was man unter einem „M+S Reifen“ zu verstehen<br />

hat, ist ebenfalls we<strong>de</strong>r gesetzlich normiert<br />

noch in technischen Vorschriften geregelt. M+ S<br />

steht für „Matsch und Schnee“ (mud and snow)<br />

Recht 57<br />

+++ Rechtsprechung +++<br />

Zur Zulässigkeit einer Fahrtenbuchauflage<br />

Rechtsgrundlage für die angeordnete Fahrtenbuchauflage<br />

ist § 6 Abs. 1 Nr. 3 <strong>de</strong>s Straßenverkehrsgesetzes<br />

(StVG) in Verbindung mit § 31 a<br />

Abs. 1 Satz 1 <strong>de</strong>r Straßenverkehrs-Zulassungs-<br />

Ordnung (StVZO). Danach kann die Verwaltungsbehör<strong>de</strong><br />

gegenüber einem Fahrzeughalter<br />

für ein o<strong>de</strong>r mehrere auf ihn zugelassene o<strong>de</strong>r<br />

künftig zuzulassen<strong>de</strong> Fahrzeuge die Führung<br />

eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die<br />

Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer<br />

Zuwi<strong>de</strong>rhandlung gegen Verkehrsvorschriften<br />

nicht möglich war.<br />

Die Anordnung <strong>de</strong>r Fahrtenbuchauflage ist zulässig,<br />

wenn <strong>de</strong>r betroffene Fahrzeughalter nur<br />

um Akteneinsicht und um die Übersendung eines<br />

erkennbaren Abzugs <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n Fotos<br />

bittet, ohne alles mögliche und zumutbare für<br />

die Ermittlung <strong>de</strong>s Fahrers zu tun. Nach ständiger<br />

obergerichtlicher Rechtsprechung ist es Sache<br />

<strong>de</strong>s Fahrzeughalters, zur Aufklärung eines<br />

mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes<br />

soweit mitzuwirken, wie es ihm möglich<br />

und zumutbar ist. Dazu gehört insbeson<strong>de</strong>re,<br />

dass er <strong>de</strong>n bekannten o<strong>de</strong>r auf einem Radarfoto<br />

erkannten Fahrer benennt o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st<br />

<strong>de</strong>n möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung<br />

durch Nachfragen im Kreis <strong>de</strong>r<br />

Nutzungsberechtigten för<strong>de</strong>rt. Es ist grundsätzlich<br />

Sache <strong>de</strong>s Halters aufgrund <strong>de</strong>r im Anhörungs-<br />

o<strong>de</strong>r spätestens im Erinnerungsschreiben<br />

enthaltenen Angaben zu Tattag, -zeit und<br />

-ort Angaben zum Fahrzeugführer zu machen.<br />

Das Vorliegen eines Fotos erleichtert nur in vielen<br />

Fällen die Ermittlungstätigkeit <strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong>.<br />

VG Aachen, Urt. v. 13.07.2010 - 2 K 265/10<br />

Fahrtenbuchauflage wegen unzureichen<strong>de</strong>r<br />

Angaben zum Fahrer<br />

Ein Fahrzeughalter genügt seiner Mitwirkungspflicht<br />

bei <strong>de</strong>r Aufklärung eines Geschwindigkeitsverstoßes<br />

nicht, wenn er lediglich <strong>de</strong>n<br />

Namen <strong>de</strong>s Fahrers und eine Stadt im Ausland<br />

(hier: Rumänien) <strong>als</strong> <strong>de</strong>ssen Wohnort angibt.<br />

Von ihm kann <strong>de</strong>shalb nach einem Urteil <strong>de</strong>r 6.<br />

Kammer <strong>de</strong>s Verwaltungsgerichts Neustadt das<br />

Führen eines Fahrtenbuchs verlangt wer<strong>de</strong>n.<br />

Nach einer mit <strong>de</strong>m Pkw <strong>de</strong>s Klägers begangenen<br />

Geschwindigkeitsübertretung von 37 km/h<br />

außerhalb geschlossener Ortschaften nannte<br />

<strong>de</strong>r Kläger im Bußgeldverfahren nur <strong>de</strong>n Namen<br />

<strong>de</strong>s Fahrers, dies sei ein Freund aus Bukarest,<br />

nicht aber <strong>de</strong>ssen Anschrift. Erst nach Eintritt<br />

<strong>de</strong>r Verfolgungsverjährung teilte er die vollständige<br />

Adresse <strong>de</strong>s Fahrers mit. Daraufhin<br />

gab ihm die Kreisverwaltung das Führen eines<br />

Fahrtenbuchs auf, weil die Ermittlung <strong>de</strong>s für<br />

<strong>de</strong>n Geschwindigkeitsverstoß verantwortlichen<br />

Fahrers wegen <strong>de</strong>r unzureichen<strong>de</strong>n Mitwirkung<br />

<strong>de</strong>s Klägers nicht möglich gewesen sei.<br />

Dagegen brachte <strong>de</strong>r Kläger vor, dass <strong>de</strong>r Fahrer<br />

allein anhand <strong>de</strong>s Namens und seines Herkunftsortes<br />

hätte ermittelt wer<strong>de</strong>n können.<br />

Außer<strong>de</strong>m sei es unerheblich, ob er <strong>de</strong>n Namen<br />

und die Anschrift <strong>de</strong>s Fahrers rechtzeitig mitgeteilt<br />

habe o<strong>de</strong>r nicht, weil die Bußgeldstelle das<br />

Bußgeld gegen <strong>de</strong>n in Rumänien ansässigen<br />

Fahrer ohnehin nicht hätte beitreiben können.<br />

Fortsetzung S. 58<br />

<strong>Flotte</strong>nmanagement 5/2010

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