Sans-Papiers-Kinder Interview-Manual - Schweizerisches Rotes Kreuz
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Lizentiatsarbeit zu <strong>Sans</strong>-<strong>Papiers</strong>-<strong>Kinder</strong>n von Lisa Weiller Fallanalysen<br />
oder Familien, wenn sie arbeiten muss. Seit der Geburt der kleinen Schwester Josés geht<br />
die Mutter nicht mehr Geld verdienen. Wenn sie wieder auswärts arbeiten geht, muss sie<br />
einen Betreuungsplatz für die Kleine finden.<br />
Die Mutter lebte von Beginn an ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Sie spricht mit<br />
José seit relativ kurzer Zeit über diese Situation und er weiss, dass sie keine Papiere haben.<br />
Früher hat sie nicht mit ihm über die Aufenthaltssituation gesprochen, weil er noch zu klein<br />
war, um das zu verstehen und weil sie ihn nicht damit belasten wollte. Vor ein paar Monaten<br />
hat José starke Angst bekommen, als sie die Strasse entlang gingen und ihnen Polizisten<br />
entgegen kamen. Dies war für die Mutter der Auslöser, um mit José über die<br />
Aufenthaltssituation zu sprechen. Vor der Polizei hat die Mutter nach wie vor grosse Angst.<br />
Für die Zukunft ihrer <strong>Kinder</strong> wünscht sich die Mutter: „que estudien, que tengan una buena<br />
profesión y que sean alguien en la vida“. Ihre <strong>Kinder</strong> sollen die Möglichkeit haben, eine gute<br />
Ausbildung zu machen, zu studieren und schliesslich eine gute Arbeit zu erlernen. Sie<br />
wünscht sich, dass die <strong>Kinder</strong> dann auch eine gute Arbeit finden. In Ecuador sei es sehr<br />
schwierig, dies zu erreichen. Die Schule selbst sei zwar nicht teuer, aber für die Uniform und<br />
das Schulmaterial sei es schwierig aufzukommen, wenn man wenig verdiene. Daher hofft<br />
sie, dass ihre <strong>Kinder</strong> hier in der Schweiz eine Ausbildung machen können.<br />
4.2.2. José gibt Einblick in seine Lebenswelt<br />
Die ersten Lebensjahre hat José bei seiner Grossmutter in Ecuador verbracht. Er hat dort mit<br />
seinem kleinen Cousin gespielt. José war der grössere und hatte beim Spielen das Sagen.<br />
‚Ich habe mit mit mi- mit mini kleine Cousin gspillt. Ich bin grösser ich hab ihm- ich hab- ich<br />
habe so mängmal putscht mit Auto mir habe so en Spilzügauto und den hab ich- de isch e<br />
bitz kaputt gange und den hab ich gsagt: de isch besser und den hab ich de neue gno @.@’<br />
(255). Manchmal hat er die Cousine geholt und gemeinsam sind sie bei ihm spielen<br />
gegangen. Wenn sie zusammen Fussball gespielt haben, hat José fast immer Tore<br />
geschossen. José erinnert sich an verschiedene Spielszenen in Ecuador. Er erzählt von<br />
seinem Cousin und seiner Cousine, nicht jedoch von der Grossmutter. Heute telefoniert er<br />
ab und zu mit der Grossmutter. Der Kontakt zu seinem Herkunftsland besteht weiter.<br />
José wohnt mit seiner Mutter und seiner kleinen Schwester zusammen. Er war lange Zeit ein<br />
Einzelkind. Seit zwei Monaten hat er eine kleine Schwester. Zu seiner Familie meint er: ‚Mi<br />
Schwöster brüelt mega- mängmol vill […] Und me mues immer äh- […] Winde wächsle’ (118-<br />
125). Die kleine Schwester braucht viel Aufmerksamkeit und nervt manchmal mit ihrem<br />
ständigen Weinen und ihrer Pflegebedürftigkeit. Auch José kümmert sich um sie, wechselt<br />
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