Eine Schule für Mädchen und Jungen - GEW - Berlin
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Auch die Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>innen werden<br />
mit zunehmender Bewusstheit des eigenen Geschlechts<br />
geschlechtsspezifisch stereotypisiert:<br />
Malen gilt schnell mal als ‚<strong>Mädchen</strong>kram’ <strong>und</strong><br />
Experimentieren ist ‚<strong>Jungen</strong>sache’. Wen w<strong>und</strong>ert<br />
es dann, dass sich diese geschlechterstereotype<br />
Einteilung der Welt in den Unterrichtsfächern<br />
wiederfindet?<br />
● Aus der psychologischen Schulforschung<br />
ist auch bekannt, welche wichtige Rolle die<br />
Lehrperson als Frau oder Mann <strong>für</strong> die Schülerinnen<br />
<strong>und</strong> Schüler spielt (vgl. Roth 2004, S.<br />
501). Die Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer brauchen einen<br />
Zugang, der den einzelnen Schüler <strong>und</strong><br />
die einzelne Schülerin sieht <strong>und</strong> wertschätzt,<br />
so dass ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden<br />
kann.<br />
● Wenn das Interesse eines Kindes schon<br />
früh <strong>für</strong> ein bestimmtes Thema geweckt wurde,<br />
kann es später an mehr Vorwissen anknüpfen<br />
<strong>und</strong> so leichter lernen. Die frühesten Lernerfahrungen<br />
sind aber oft schon geschlechterspezifisch<br />
geprägt, z.B. durch das Spielzeug.<br />
So unterschiedlich, wie die Erfahrungen mit der<br />
eigenen Geschlechtlichkeit <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Sozialisation sind, so verschieden<br />
wird davon auch das Lernen beeinflusst. Allerdings<br />
prägen sich schon früh bestimmte geschlechtsspezifische<br />
Muster aus. Aus dem<br />
Unterricht in den Gr<strong>und</strong>schulen wissen wir beispielsweise,<br />
dass die Kinder sich sehr oft vom<br />
anderen Geschlecht abgrenzen möchten (vgl.<br />
Heinzel/Prengel 2001, S. 149). Mit zahlreichen<br />
Studien wurde versucht, die Relevanz des Geschlechts<br />
<strong>für</strong> die Schulleistung genauer zu bestimmen.<br />
(Übersichten über die wichtigsten<br />
Studien geben u.a. Kreienbaum/Urbaniak<br />
2006.) Die Forschungsfragen <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>e sind<br />
dabei vielfältig <strong>und</strong> teilweise auch sehr umstritten.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich können alle diese Studien<br />
aber auf zwei unterschiedliche Erklärungsansätze<br />
zurückgeführt werden:<br />
Der biologische Ansatz<br />
Die Ursachen <strong>für</strong> die geschlechterspezifischen<br />
Leistungen werden in biologischen<br />
Unterschieden gesucht, vor allem in der<br />
Funktionsweise des Gehirns oder dem Einfluss<br />
von Geschlechtshormonen. Beispielsweise<br />
wurde lange Zeit angenommen, dass<br />
<strong>Jungen</strong> ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen<br />
entwickeln könnten als<br />
<strong>Mädchen</strong>, was auf genetische Unterschiede<br />
zurückgeführt wurde. Dieser Erklärungsansatz<br />
konnte empirisch allerdings bislang<br />
nicht belegt werden (vgl. Friedmann 1995).<br />
Der sozialisationstheoretische Ansatz<br />
In dieser Theorie werden Geschlechterunterschiede<br />
auf unterschiedliche Rollenerwartungen<br />
an <strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>Jungen</strong> im<br />
Verlauf ihrer Sozialisation zurückgeführt.<br />
Zum Beispiel wurde die These aufgestellt,<br />
dass zwischen den Schulleistungen der <strong>Jungen</strong><br />
<strong>und</strong> dem Anteil der männlichen<br />
Gr<strong>und</strong>schullehrer sowie der Arbeitslosenquote<br />
in den B<strong>und</strong>esländern eine Abhängigkeit<br />
bestehe (vgl. Diefenbach/Klein<br />
2002): Da den <strong>Jungen</strong> in den <strong>Schule</strong>n die<br />
männlichen Vorbilder <strong>und</strong> Bezugspersonen<br />
fehlten, würden sie öfter als faul oder<br />
störend wahrgenommen <strong>und</strong> in Folge dessen<br />
eine Tendenz zum Schulversagen entwickeln,<br />
was wiederum den Bezug zur Arbeitslosenquote<br />
erklären soll. Indessen sind<br />
die Ergebnisse dieser Studie nach wissenschaftlichen<br />
Standards fraglich, da nicht die<br />
1. <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> in der <strong>Schule</strong> – <strong>Eine</strong> kleine Einführung<br />
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