Eine Schule für Mädchen und Jungen - GEW - Berlin
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eine Vorbildfunktion übernehmen <strong>und</strong> spezifische<br />
Werte <strong>und</strong> Normen der Institution <strong>Schule</strong><br />
verkörpern (vgl. Nyssen 1994, S. 174). Daher<br />
ist <strong>für</strong> eine geschlechtergerechte Bildung eine<br />
entsprechende Schulung der Lehrkräfte notwendig,<br />
denn diese „müssen zunächst einmal<br />
ein Bewusstsein davon entwickeln, dass sie als<br />
mögliche Identifikationspersonen <strong>für</strong> <strong>Mädchen</strong><br />
bzw. <strong>Jungen</strong> entscheidende Bedeutung in<br />
deren Sozialisationsprozess gewinnen.“<br />
(Kraul/Horstkemper 1999, S. 311) <strong>Eine</strong> Ausbzw.<br />
Weiterbildung der Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer<br />
sollte die folgenden geschlechterspezifischen<br />
Kompetenzen berücksichtigen, die auch<br />
durch die zehn Fragen an eine geschlechtergerechte<br />
Bildung gespiegelt werden:<br />
● Historisch:<br />
Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer sollten Kenntnisse<br />
von der historischen Bedeutung von Geschlechterhierarchien<br />
<strong>und</strong> dem langen Weg zur<br />
Gleichberechtigung haben. Dazu gehören zumindest<br />
Kenntnisse über die Frauen- <strong>und</strong><br />
Männerbewegung, Zahlen <strong>und</strong> Fakten zur Situation<br />
der Männer <strong>und</strong> Frauen in der Gesellschaft<br />
sowie schulspezifisch die Entwicklung<br />
der Koedukation in Deutschland.<br />
● Politisch:<br />
Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist<br />
innerhalb unserer Demokratie ein Gr<strong>und</strong>recht,<br />
das aber bedeutungslos bleibt, wenn es nicht<br />
von den Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürgern wahrgenommen<br />
wird. Daher muss sich die Lehrerin/der<br />
Lehrer nicht nur in ihrer Rolle als Vorbild<br />
<strong>und</strong> als Vermittler/in demokratischer Prinzipien<br />
unserer Gesellschaft begreifen lernen,<br />
sondern sollte darüber hinaus von der gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
Veränderbarkeit gesellschaftlicher<br />
(Geschlechter-)Verhältnisse überzeugt sein.<br />
● Diagnostisch:<br />
Um auf die heterogenen Bedürfnisse der Kinder<br />
eingehen zu können, brauchen die Lehrerinnen<br />
<strong>und</strong> Lehrer f<strong>und</strong>ierte diagnostische<br />
Kompetenzen. Dazu zählen auch die Fähigkeiten,<br />
die eigene Geschlechterrolle zu reflektieren<br />
<strong>und</strong> das Unterrichtsgeschehen geschlechtersensibel<br />
einschätzen zu können, über vielfältige<br />
Deutungsmuster zu verfügen <strong>und</strong> sich<br />
der symbolischen Repräsentationen von Ungleichheit<br />
bewusst zu sein.<br />
● Didaktisch <strong>und</strong> methodisch:<br />
Um den Interessen <strong>und</strong> unterschiedlichen Fähigkeiten<br />
der <strong>Jungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> gerecht zu<br />
werden, brauchen die Lehrer/innen die Kompetenz,<br />
ihren Unterricht methodisch vielfältig<br />
zu gestalten. Es gilt, die Lebenswelten der Kinder<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen integrieren zu können.<br />
Dies spricht <strong>für</strong> eine Öffnung des Unterrichts<br />
nach innen <strong>und</strong> außen. Darüber sollten sich<br />
Lehrkräfte über die Dramatisierung der Geschlechter<br />
(z.B. bei monoedukativen Unterrichtsphasen)<br />
im Klaren sein sowie Strategien<br />
zur Entdramatisierung entwickeln können.<br />
Schließlich ist bei der Auswahl von Unterrichtsinhalten<br />
auf eine angemessene Präsenz von<br />
Frauen <strong>und</strong> Männern zu achten.<br />
Diese Fähigkeiten <strong>und</strong> Haltungen bilden einen<br />
spezifischen Begriff der Genderkompetenz <strong>für</strong><br />
Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer, der die pädagogische<br />
Aufgabe in den Mittelpunkt stellt, den Schülerinnen<br />
<strong>und</strong> Schülern neue <strong>und</strong> vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten<br />
zu eröffnen, um die<br />
eigene Geschlechteridentität in einer demokratisch<br />
geprägten Gesellschaft verwirklichen zu<br />
können.<br />
Zur Konzeption <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Realisierung solcher<br />
Studienangebote sind als erstes die Hoch-