Situation der Schulpsychologie in Deutschland - GEW Niedersachsen
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Dollase Gutachten <strong>Schulpsychologie</strong> 43<br />
Wenn man also bei den Prävalenzraten die HälIe als persistente Störung annimmt, dann<br />
müssen wir circa von 10% (und etwas weniger) gestörten Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern<br />
ausgehen, die e<strong>in</strong>er qualifizierten psychologischen Behandlung o<strong>der</strong> Beratung zugeführt<br />
werden müssen.<br />
In den genannten Metaanalysen s<strong>in</strong>d professionelle Kriterien <strong>in</strong>terna0onaler Organisa0onen<br />
unter an<strong>der</strong>em auch ICD 10 o<strong>der</strong> DMS IV angelegt worden, d.h. es gibt ke<strong>in</strong>e Laiendiagnose<br />
für ADHS, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e professionelle, am <strong>in</strong>terna0onalen Standard orien0erte Diagnose.<br />
Zur Er<strong>in</strong>nerung: Es gibt Vermutungen, dass von zehn oberflächlich als ADHS diagnos0zierten<br />
Störungen nur e<strong>in</strong>e den <strong>in</strong>terna0onalen Standards entspricht.<br />
Wenn also strenge Regeln angelegt werden, muss man damit rechnen, dass an e<strong>in</strong>er Schule<br />
von 2000 Schülern circa 200 Schüler mit e<strong>in</strong>er ernsthaIen Auffälligkeit behaIet s<strong>in</strong>d. Viele<br />
davon werden von Eltern o<strong>der</strong> Lehrern nicht als solche erkannt. Bei den Amokläufen wun<strong>der</strong>t<br />
sich dann die Öffentlichkeit.<br />
Es gab im letzten Jahrzehnt e<strong>in</strong>e Reihe von Studien, die sich <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Prävalenz des<br />
abweichenden Verhaltens gewidmet haben. In <strong>der</strong> so genannten Berl<strong>in</strong>er Studie kam heraus,<br />
dass <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Klasse m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> auffälliges K<strong>in</strong>d war und nur <strong>in</strong> 7% <strong>der</strong> Schulklassen<br />
ke<strong>in</strong>es. Die häufigste Störung war <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Studie beim Arbeits-‐ und Lernverhalten <strong>der</strong><br />
Schüler aufgetreten.<br />
Hierzu gibt es weitere Studien, die als Ursache für die Verhaltensstörungen tatsächlich<br />
Schule und das Schulleben ausf<strong>in</strong>dig machen. Neben Schule s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch die<br />
elterlichen Erziehungsweisen, die solche Probleme erzeugen, aber auch angeborene<br />
Schwierigkeiten, etwa im Temperament. Wie auch immer die Ursachensuche ausgeht, <strong>der</strong><br />
entscheidende Fokus muss auf die Behandelbarkeit und die zukünIige Verbesserung <strong>der</strong><br />
Verhaltensstörungen gelegt werden. Viele <strong>der</strong> angeblichen Kausalvariablen, wie frühes Alter<br />
<strong>der</strong> Mu=er bei <strong>der</strong> Geburt des K<strong>in</strong>des, niedriges Bildungsniveau, ger<strong>in</strong>ges Selbstwertgefühl,<br />
niedrige Intelligenz, niedriges E<strong>in</strong>kommen, fehlen<strong>der</strong> Partner, große K<strong>in</strong><strong>der</strong>zahl, schwieriges<br />
k<strong>in</strong>dliches Temperament s<strong>in</strong>d nicht durch das aktuelle Schulsystem verh<strong>in</strong><strong>der</strong>bar. Bei <strong>der</strong><br />
Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> psychosozialen Funk0onsfähigkeit von Menschen ist die kausale<br />
Analyse, die Genese <strong>der</strong> Störung, immer auch e<strong>in</strong> Element e<strong>in</strong>er professionellen Behandlung,