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Handbuch ökologischer Siedlungs(um) - Kennedy Bibliothek

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Schwerpunkte der Entwicklung -Vom Experiment z<strong>um</strong> Standard<br />

Zeitpunkts wiedergeben. Doch lassen sich auch aus der<br />

kurzen Geschichte des »bewußten« ökologischen<br />

Bauens von ca. 20 Jahren bestimmte Tendenzen für die<br />

zukünftige Entwicklung erkennen.<br />

Die Steigerung der Effizienz und der<br />

Genügsamkeit<br />

Unsere Vorfahren bauten weitgehend ökologisch, weil<br />

sie keine andere Wahl hatten. Die Gebäude spiegeln<br />

das, was es an Ba<strong>um</strong>aterialien in der Umgebung gab<br />

und was nach der Nutzung problemlos wieder in den<br />

Naturkreislauf zurückkehrte. Die Ver- und Entsorgungsstrukturen<br />

waren überschaubar und für den Einzelnen<br />

nachvollziehbar organisiert. Dies sind zwei Gründe,<br />

war<strong>um</strong> die Traditionen des regionalen Bauens für<br />

zeitgemäße ökologische Lösungen z<strong>um</strong> Teil wichtige<br />

Hinweise liefern können.<br />

Erst die zunehmende Industrialisierung ermöglichte<br />

die Schaffung von chemisch-synthetischen Baustoffen<br />

und Konstruktionsmethoden, die zwar Vorteile in bezug<br />

auf Haltbarkeit und Ökonomie hatten, aber überwiegend<br />

nicht mehr so problemlos in den Naturkreislauf zu<br />

integrieren waren.<br />

Mit dem Ausbau der Städte und des Transportwesens<br />

entwickelten sich große lineare und zentrale Ver- und<br />

Entsorgungssysteme, die eine wachsende Distanz<br />

zwischen Produzent und Kons<strong>um</strong>ent, zwischen Ursache<br />

und Folgen herstellte. Mit dem Ausbau beispielsweise<br />

des Trinkwassernetzes und vor allem der Kanalisation,<br />

schwindet nicht nur die Gefahr von Seuchen und die<br />

Quelle quälender Geruchsbelästigungen, sondern es<br />

schwindet auch das Bewußtsein für das Lebensmittel<br />

Wasser und für die Folgen des eigenen Umgangs mit<br />

diesem Element. Ähnlich ist es mit der Lebensmittelund<br />

Energieversorgung, der Abfall- und Abwasserentsorgung.<br />

Die vitalen Prozesse des<br />

Lebens in der Stadt wurden im<br />

Verlauf einer relativ kurzen<br />

Zeit von wenigen Jahrzehnten<br />

im 19. Jahrhundert vollkommen<br />

unsichtbar und der<br />

Kontrolle und zivilen Kompetenz<br />

des Einzelnen entzogen.<br />

Behörden und Versorgungsunternehmen<br />

bestimmen,<br />

besorgen und kontrollieren<br />

seitdem, wer wieviel zu<br />

welchem Preis bekommt. Der<br />

Soziologe Detlef Ipsen kommt<br />

zu der Schlußfolgerung, daß<br />

»... sowohl die Entbindung<br />

aus der Verantwortung für die<br />

220<br />

Abb. 1 Preisentwicklung beim Wohnen<br />

Quelle: Großmann-96 nach Globus-96<br />

alltägliche Versorgung und Entsorgung als auch die<br />

»Freisetzung« von Wahrnehmungen des Vitalprozesses<br />

und seiner Artefakte, die ja auch keineswegs immer als<br />

angenehm empfunden wurden, Konsequenzen für die<br />

Sichtweise auf die Probleme der Stadt haben dürften.<br />

>Spontanes< Wissen <strong>um</strong> natürliche und technische<br />

Zusammenhänge des städtischen Lebens gehen verloren,<br />

neue können nicht mehr entstehen. Zugleich fächert<br />

sich die Zuständigkeit und damit die Beziehung zu den<br />

stofflichen Elementen mehr und mehr auf und führt<br />

sogar auf der Ebene der Experten zu einer Verengung<br />

der Sichtweisen und einem Verlust an Zusammenhangswissen«<br />

[Ipsen-95, 14].<br />

Ergebnisse dieses Verlustes an Zusammenhangwissen<br />

sind wachsende Abfall- und Abwassermengen, explodierende<br />

Entsorgungskosten, wie sie aus Abbildung 1<br />

ersichtlich sind und nicht zuletzt zunehmende Probleme,<br />

geeignete Standorte für Anlagen der Entsorgungsund<br />

Abfallwirtschaft zu finden. Dies sind nur einige der<br />

Symptome einer grundlegenden Krise der Stoffkreisläufe<br />

in der Industriegesellschaft, die wir fast selbstverständlich<br />

als Schattenseiten unseres Wohlstands<br />

hinzunehmen bereit sind (Abb. 1).<br />

Das, was im Rahmen des industriellen Fortschritts<br />

angeboten wurde, war ja auch zuerst einmal mit<br />

atemberaubenden Komfortsteigerungen verbunden. So<br />

verfügt heute jeder Durchschnittsbürger in den hochindustrialisierten<br />

Ländern der Welt, wenn man z<strong>um</strong><br />

Beispiel die technische Ausstattung seiner Wohnung,<br />

seine Mobilität oder seine Auswahl an Nahrung vergleicht,<br />

über mehr Nutzungskomfort als ein König oder<br />

Kaiser vor wenigen hundert Jahren, und ein Ende dieser<br />

Entwicklung ist noch nicht abzusehen. Die zentrale<br />

Frage ist jedoch, können wir diesen Lebensstandard<br />

halten und gleichzeitig die damit verbundenen Probleme<br />

wie Ressourcenverschleiß und Naturzerstörung

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