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DAS VENTIL AUS DER KÄLTE - Hüthig GmbH

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Politikum LNG-Export<br />

Der Preis von Erdgas wurde in der Vergangenheit nicht<br />

nur in den USA je nach Region unterschiedlich festgesetzt.<br />

Denn im Gegensatz zu Erdölprodukten lässt sich<br />

Gas nur über Pipelines wirtschaftlich transportieren.<br />

Die großen Vorkommen im Bakken-Shale von North<br />

Dakota wurden deshalb ursprünglich primär aufgrund<br />

der darin enthaltenen Öl- und Flüssigkohlenwasserstoffe<br />

ausgebeutet. Noch 2011 wurde deshalb rund ein Drittel<br />

des geförderten Gases schlichtweg abgefackelt. Doch die<br />

Situation hat sich geändert. Rund 108.000 km umfasst<br />

das Gasnetz der USA, das inzwischen fast jedes Gasfeld<br />

mit den Abnehmermärkten verbindet. Dass der Schiefergas-Boom<br />

kein Strohfeuer sein wird, erwartet beispielsweise<br />

der Pipelinebetreiber Kinder Morgan.<br />

38 Milliarden Dollar hat das Unternehmen kürzlich in<br />

den Kauf des Pipelinenetzes von El Paso gesteckt und<br />

verfügt damit über 22 Prozent des Gasnetzes der USA.<br />

Experten erwarten, dass die Transaktion den Erdgasmarkt<br />

in den USA stabilisieren wird.<br />

Pipelines eröffnen den Schiefergas-Erzeugern zusätzlich<br />

auch die Möglichkeit, LNG zu exportieren. Die<br />

Förderunternehmen erwarten sich vom LNG-Export<br />

steigende Gaspreise und damit höhere Gewinnmargen.<br />

Dass dies wirtschaftlich ist, zeigt eine einfache Rechnung:<br />

Zu Feedgas-Kosten zwischen 3 und 5 USD und<br />

Verflüssigungskosten von 3 bis 4 USD kommen LNG-<br />

Transportkosten von 1 bis 2 USD pro mmBtu. „Den<br />

Gesamtkosten von 7 bis 11 USD/mmBtu stehen in Asien<br />

LNG-Importpreise bis zu 18 Dollar pro mmBtu gegenüber“,<br />

erläutert Dr. Marc Schier. Der US-Energieregulierungsbehörde<br />

FERC liegen deshalb Projekte für den Bau<br />

von Exportterminals vor, mit denen jährlich 100 Mio. t<br />

LNG verschifft werden könnten.<br />

Eine Studie des US-Energieministeriums kommt<br />

zum Schluss, dass die Gesamtwirtschaft von einem Gasexport<br />

profitieren würde. Downstream-Investoren wie<br />

der Chemiekonzern Dow sehen das erwartungsgemäß<br />

anders. Sie fürchten um den günstigen Rohstoff, der ihren<br />

Projektplanungen zugrunde liegt. Wie sehr die Nerven<br />

blank liegen, zeigt ein ungewöhnlich scharfer Angriff<br />

des Dow-Chefs Andrew Liveris: „Die Studie des<br />

Energieministeriums im Hinblick auf den Export von<br />

LNG ist fehlerhaft, irreführend und basiert auf veralteten,<br />

fehlerhaften oder unvollständigen Daten.“<br />

„Wenn mehr Erdgas die Märkte erreicht, wird der<br />

Preis aufgrund der vielfältigen Abnehmer steigen“, glaubt<br />

Charlotte Batson vom Beratungsunternehmen Batson &<br />

Company: „Das wird negative Auswirkungen auf die<br />

Chemie und andere Industrien haben, die Erdgas als<br />

Rohstoff nutzen. Auf der anderen Seite wird dies<br />

Upstream-Aktivitäten in Feldern mit trockenem Schiefergas<br />

wie Haynesvill und Barnett stimulieren.“<br />

Anlagenbau-Boom mit Risiken<br />

Doch spätestens hier wird klar, dass die Rechnung für<br />

die vielfältigen Projekte, um Schiefergas zu Geld zu machen,<br />

kaum aufgehen kann: Chemie-, Energie- und Ex-<br />

portsektor konkurrieren um ein und denselben Rohstoff<br />

und könnten den Gaspreis insgesamt wieder so in die<br />

Höhe treiben, dass die Kalkulation einzelner Projekte<br />

kippt. „Wir glauben nicht, dass alle Projekte umgesetzt<br />

werden. Es wird sicher eine bemerkenswerte Zahl sein,<br />

aber viele Projekte werden wieder sterben“, ist Linde-<br />

Experte Marc Schier überzeugt. „Einige der Projekteentwicklungen<br />

dienen vielleicht auch dazu, den Buchwert<br />

der Schiefergasreserven nach oben zu bringen“, vermutet<br />

Schier und erwartet eine Konsolidierung auf der Seite<br />

der Gas-Fördergesellschaften.<br />

Zeit könnte für die Investoren ein wichtiger Faktor<br />

werden: Einerseits, um sich einen langfristig niedrigen<br />

Gaspreis vertraglich zu sichern, andererseits; um ihr<br />

Projekt rechtzeitig in Stahl und Eisen zu gießen, bevor<br />

Planungs-, Montage- und Ausrüstungsressourcen knapp<br />

und damit teuer werden. An Erfahrungen dieser Art<br />

fehlt es dem (Chemie-)Anlagenbau nicht: 2005 hatten<br />

beispielsweise die Owners Engineers bei der BASF mit<br />

massiven Preissteigerungen bei der Projektabwicklung<br />

in den USA zu kämpfen: Ein lukrativer Ölpreis hatte<br />

damals zahlreiche Modernisierungs- und Erweiterungsprojekte<br />

in amerikanischen Raffinerien angestoßen und<br />

damit nicht nur Engineering-, Bau- und Montageleistungen<br />

an der Golfküste verteuert, sondern auch Maschinen<br />

und Apparate.<br />

Kommentar<br />

Energiewende ade<br />

Was für eine Entwicklung! Während unsere<br />

Klimakanzlerin erstmals von der „Energiewende“<br />

träumte und die deutsche Öffentlichkeit<br />

Obama als Heilsbringer in Richtung<br />

einer grünen Zukunft verehrte, vollzog sich<br />

in den USA klammheimlich eine Revolution<br />

der ganz anderen Art. Die Nation setzt massiv<br />

auf Sonnenenergie – und zwar auf die,<br />

die vor Jahrmillionen von Pflanzen eingefangen<br />

und in Form von Öl und Gas im Gestein<br />

gespeichert wurde. Amerikaner kennen<br />

zwar das deutsche Wort „Kindergarten“,<br />

doch „Energiewende“ werden sie<br />

wohl nie lernen müssen. In der Europäi-<br />

Dr. Marc Schier Business Development Manager<br />

beim Anlagenbauer Linde<br />

„Wir glauben nicht, dass alle Projekte<br />

umgesetzt werden. Es wird sicher eine bemerkenswerte<br />

Zahl sein, aber viele Projekte<br />

werden wieder sterben“<br />

schen Union wird das Thema zwar (noch)<br />

diskutiert, aber irgendwie stehen wir Deutschen<br />

angesichts der nackten Zahlen zur<br />

globalen Nutzung fossiler Energien inzwischen<br />

ziemlich alleine da. Im Sinne des<br />

nachhaltigen Wirtschaftens wäre die Energieerzeugung<br />

aus Wind und Sonne ja schon,<br />

aber mich beschleicht das Gefühl, dass wir<br />

mit der „Energiewende“ vom Vorreiter zum<br />

Alleingänger werden. Der Wettbewerbsfähigkeit<br />

wird das kaum helfen...<br />

Ihre Meinung? Schreiben Sie an armin.<br />

scheuermann@chemietechnik.de<br />

CHEMIE TECHNIK · Januar/Februar 2013<br />

35

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