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Du lebst nur zweimal

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Ian Fleming<br />

Sir James Molony lehnte sich zurück. Er sah zum Fenster hinaus und zog<br />

nachdenklich an seiner Zigarre. Er konnte Bond gut leiden. Er war schon öfter sein<br />

Patient gewesen. Und er hatte gesehen, wie der Mut, wie die Widerstandskraft<br />

dieses Mannes ihn völlig verfahrene Situationen überstehen ließen, die einen<br />

normalen Menschen zerbrochen hätten. Er wußte, daß eine verzweifelte Lage<br />

diese Widerstandskraft wiedererwecken, daß sein Lebenswille in einer echten<br />

Gefahr wieder aufleben würde. Er erinnerte sich daran, daß unzählige neurotische<br />

Patienten für immer aus seinem Sprechzimmer verschwunden waren, nachdem<br />

der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war. Die eine große gemeinsame Sorge hatte<br />

die kleinen verschwinden lassen. Er kam zu einem Entschluß und wandte sich<br />

wieder an M.: »Geben Sie ihm noch eine Chance, M. Ich übernehme gern die<br />

Verantwortung dafür.«<br />

12<br />

»An was für eine Chance denken Sie?«<br />

»Nun, ich weiß nicht allzuviel über Ihre Tätigkeit, M. Ich will auch gar nicht<br />

zu viel wissen. Mein Beruf verschafft mir genügend Geheimnisse, die ich für<br />

mich behalten muß. Aber haben Sie nicht irgend etwas wirklich Ausgefallenes,<br />

irgendeine anscheinend undurchführbare Aufgabe, die Sie diesem Mann<br />

übertragen können? Ich meine damit nicht unbedingt etwas Gefährliches wie<br />

ein Attentat oder die Beschaffung des russischen Geheimkodes. Aber etwas,<br />

das ungeheuer wichtig und zugleich scheinbar unmöglich ist. Geben Sie ihm<br />

meinetwegen gleichzeitig einen Tritt in den Hintern, wenn es Ihnen Spaß macht,<br />

aber er braucht unbedingt eine Aufgabe, die alle seine Fähigkeiten herausfordert,<br />

die ihn bis zum äußersten beansprucht, so daß er einfach gezwungen wird, seine<br />

persönlichen Schwierigkeiten zu vergessen. Geben Sie ihm etwas, das für unser<br />

Land wichtig ist. Er ist ein Patriot. Es wäre einfach, wenn wir Krieg hätten – Tod<br />

oder Ruhm lassen einen Mann seine Sorgen vergessen. Aber können Sie sich<br />

nicht etwas einfallen lassen, das geradezu auf den Nägeln brennt? Wenn ja, dann<br />

schicken Sie ihn los. Es bringt ihn vielleicht wieder auf die Beine. Auf jeden Fall<br />

– geben Sie ihm die Chance. Einverstanden?«<br />

Das drängende Klingeln des roten Telefons, das wochenlang stumm geblieben<br />

war, riß Mary Goodnight förmlich von ihrem Stuhl an der Schreibmaschine hoch.<br />

Sie rannte ins Nebenzimmer, wartete einen Augenblick, bis sie wieder richtig<br />

atmen konnte, und hob dann den Hörer auf, als sei er eine Klapperschlange.<br />

»Ja, Sir! – Nein, Sir. Hier spricht seine Sekretärin.« Sie warf einen Blick auf ihre<br />

Uhr. »Es ist sehr ungewöhnlich, Sir. Er wird bestimmt in den nächsten Minuten<br />

hier sein. Soll ich ihm sagen, daß er Sie anrufen soll, Sir? – Ja, Sir!« Sie legte den<br />

Hörer auf die Gabel zurück. Sie merkte, daß ihre Hand zitterte. Zum Teufel mit<br />

diesem Mann! Wo konnte er <strong>nur</strong> stecken? Laut sagte sie: »James, beeile dich!«<br />

Unglücklich ging sie in ihr Zimmer zurück und setzte sich wieder vor die leere

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