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Du lebst nur zweimal

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<strong>Du</strong> <strong>lebst</strong> <strong>nur</strong> <strong>zweimal</strong><br />

»Schon, aber die Haifische sind oft nicht zuverlässig. Nimm den Spion, den<br />

wir im Befragungsraum hatten. Er war fast unversehrt, als man ihn unten an<br />

der Küste fand. Der See wäre sicherer gewesen. Wir wollen doch nicht, daß der<br />

Polizeichef von Fukuoka zu oft hier erscheint. Er könnte vielleicht sonst von den<br />

Bauern erfahren, wie viele Leute über die Mauer klettern. Das sind immerhin fast<br />

doppelt so viel, wie sie mit dem Krankenwagen abholen. Wenn die Zahl weiterhin<br />

so schnell ansteigt, wird’s Schwierigkeiten geben. Aus den Zeitungsausschnitten,<br />

die Kono für mich übersetzt, ersehe ich, daß man in der Presse schon von einer<br />

öffentlichen Untersuchung munkelt.«<br />

»Und was machen wir dann, Ernst?«<br />

»Wir werden eine riesige Entschädigung bekommen und woanders hinziehen.<br />

Der gleiche Plan kann in anderen Ländern wiederholt werden. Es gibt überall<br />

Leute, die sich umbringen wollen. Wir müssen vielleicht die Gelegenheiten<br />

ändern, die wir ihnen bieten. Andere Völker haben nicht den eingewurzelten<br />

Hang zum Grauen und Gewaltsamen wie die Japaner. Ein grandioser Wasserfall.<br />

Eine bequeme Brücke. Ein schwindelerregender Abgrund. Das könnten<br />

Möglichkeiten sein. In Brasilien oder einer anderen Gegend in Südamerika dürfte<br />

sich ein solcher Platz finden lassen.«<br />

»Aber der Zulauf wäre sicher geringer.«<br />

»Es ist der Plan, der zählt, Irma. Es ist ausgesprochen schwierig, etwas zu<br />

erfinden, was es in der Geschichte der Welt noch nicht gegeben hat. Ich habe es<br />

fertiggebracht. Wenn meine Brücke, mein Wasserfall im Jahr vielleicht <strong>nur</strong> zehn<br />

Menschen einbringen, dann ist das einfach eine Zahl. Die Grundidee aber bleibt<br />

erhalten.«<br />

»<strong>Du</strong> bist wirklich ein Genie, Ernst. Die Leute lesen gern solche phantastischen<br />

Dinge in den Büchern Poes, Lautreamonts, de Sades, aber noch keiner hat den<br />

Mut besessen, diese Ideen zu verwirklichen. Es ist, als sei ein Märchen plötzlich<br />

Wirklichkeit geworden. Eine Art Disney-Land des Todes! Aber natürlich«, fügte<br />

sie schnell hinzu, »in einem großartigeren, poetischeren Maßstab.«<br />

»Gelegentlich werde ich die ganze Geschichte niederschreiben. Dann werden<br />

die Menschen vielleicht dankbar erkennen, was für ein Mann unter ihnen<br />

gelebt hat. Ein Mann, der nicht <strong>nur</strong> unbesungen und ungeehrt blieb, ein Mann«<br />

– Blofelds Stimme wurde schrill –, »den man sogar jagt und wie einen tollwütigen<br />

Hund erschießen will! Ein Mann, der alle Listen anwenden muß, um am Leben<br />

zu bleiben! Wenn ich meine Spuren nicht so gut verwischt hätte, wären sogar<br />

jetzt Spione hinter uns her, um uns umzubringen oder uns den Behörden zur<br />

offiziellen Ermordung nach ihren blödsinnigen Gesetzen zu übergeben! Aber,<br />

Irma«, die Stimme war wieder ruhiger, »wir leben in einer Welt der Narren, in<br />

der wahre Größe ein Verbrechen ist. Komm! Wir müssen jetzt die anderen<br />

Abteilungen inspizieren.«<br />

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