Du lebst nur zweimal
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<strong>Du</strong> <strong>lebst</strong> <strong>nur</strong> <strong>zweimal</strong><br />
wissen aber nicht, daß Sie mich begleiten. Wir werden jetzt den Expreß nach<br />
Gamagori an der Südküste nehmen und von dort das Abendboot über die Ise<br />
Bay zum Fischerhafen Toba. Da übernachten wir. Die Reise nach Fukuoka soll<br />
langsam vor sich gehen. Es ist notwendig, daß ich Sie dabei in die japanischen<br />
Gebräuche und Sitten einführe, damit Sie im entscheidenden Augenblick<br />
möglichst wenig Fehler machen.«<br />
Der glänzende Expreß hielt vor ihnen an. Tiger drängte sich hinein. Bond ließ<br />
höflich zwei oder drei Frauen den Vortritt. Als er sich neben Tiger setzte, zischte<br />
der ärgerlich: »Erste Lektion, Bondo-san: Machen Sie keiner Frau Platz! Stoßen<br />
Sie sie beiseite. Frauen haben in diesem Land keine Vorrechte. Sie können zu sehr<br />
alten Männern höflich sein, aber sonst zu niemand. Ist das klar?«<br />
»Ja, Meister«, sagte Bond sarkastisch.<br />
»Und machen Sie keine westlichen Witze, solange Sie mein Schüler sind. Wir<br />
haben eine ernste Aufgabe zu erledigen.«<br />
»Gut, gut, Tiger«, meinte Bond ergeben. »Aber verdammt noch mal . . .«<br />
Tiger hob die Hand. »Zweite Lektion: Keine Flüche, bitte! Es gibt in der<br />
japanischen Sprache keine Schimpfwörter.«<br />
»<strong>Du</strong> lieber Himmel, Tiger! Kein Mann mit Selbstachtung könnte es ohne<br />
seinen Vorrat an Schimpfwörtern mit den Unannehmlichkeiten des Lebens<br />
aufnehmen. Wenn Sie zu einer wichtigen Besprechung mit Ihren Vorgesetzten<br />
zu spät kommen und dann noch merken, daß Sie alle Unterlagen zu Hause<br />
gelassen haben, sagen Sie doch sicher: ›na ja – Scheibenhonig‹, um es gemildert<br />
auszusprechen.«<br />
»Nein«, sagte Tiger. »Ich würde ›shimata‹ sagen; das bedeutet ›ich habe einen<br />
Fehler gemacht‹.«<br />
»Nichts Schlimmeres?«<br />
»Es gibt nichts Schlimmeres.«<br />
»Nehmen wir an, es sei die Schuld Ihres Fahrers, daß die Papiere vergessen<br />
wurden. Würden Sie ihn nicht mit allen möglichen Schimpfnamen belegen?«<br />
»Wenn ich unbedingt einen neuen Fahrer haben möchte, könnte ich ihn<br />
etwa ›bakyaro‹ – das heißt ›Vollidiot‹ – oder sogar ›konchikisho‹ – das heißt ›du<br />
Rindvieh« – nennen. Aber das sind tödliche Beleidigungen, und es wäre sein<br />
gutes Recht, mich zu schlagen. Auf jeden Fall würde er ganz sicher aussteigen<br />
und weggehen.«<br />
»Und das sind die schlimmsten Wörter in der japanischen Sprache! Wie steht’s<br />
mit euren Tabus? Der Kaiser, eure Ahnen, alle eure Götter? Wünschen Sie sie<br />
nicht manchmal zum Teufel?«<br />
»Nein. Das hätte keinen Sinn.«<br />
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