Die Heilkraft der Pilze - GAMU
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längere Zeit in Wasser, ließ sie danach etwas antrocknen und klopfte und walzte sie schließlich in<br />
feuchtem Zustand solange, bis ein weicher, wildle<strong>der</strong>artiger, etwa 30 cm langer, 15 cm breiter und 5-6<br />
mm dicker Lappen entstand. Das Fertigprodukt ist weich und dehnbar und nimmt leicht und reichlich,<br />
bis zum Zweifachen des Eigengewichts, Wasser auf.<br />
Größere Zun<strong>der</strong>schwammlappen eignen sich auch für die Fertigung von Kleidungsstücken wie Hüten,<br />
Mützen, Westen und Handschuhen. Solche hat man früher im Bayerischen Wald und Böhmerwald<br />
hergestellt. In den Wäl<strong>der</strong>n von Transsilvanien (in Rumänien) werden auch heute noch reichlich<br />
Zun<strong>der</strong>schwämme gesammelt und nach alter Tradition für Kleidungsstücke verarbeitet. Auch i ch<br />
besitze eine transsilvanische Mütze aus Zun<strong>der</strong>schwammlappen. Sie ist leicht, sehr angenehm zu<br />
tragen, aber nur für Schönwetter geeignet.<br />
Der Zun<strong>der</strong>schwamm diente vom Altertum bis weit in die Neuzeit als die wichtigste Quelle, Feuer zu<br />
erzeugen und zu erhalten. Wie <strong>der</strong> Mykologe Linus Zeitlmayr in seinem "Haus- und Taschenbuch für<br />
Pilzfreunde" berichtet, hat man dazu die kleineren, schlechteren Zun<strong>der</strong>schwammlappen in einer<br />
Lauge von Heißwasser, Urin und Asche gebeizt, danach abgewaschen und weichgeklopft. <strong>Die</strong><br />
Lappen wurden als nächstes in Salpeterlösung o<strong>der</strong> einer Lauge, bestehend aus Salz, Asche und<br />
Salpeter eingeweicht und schließlich getrocknet. Ein <strong>der</strong>art präparierter Zun<strong>der</strong> fängt den geringsten<br />
Funken aus Feuersteinen und glimmt ohne Geräusch sehr lange fort.<br />
Nachdem <strong>der</strong> englische Seefahrer und Entdecker Sir Walter Raleigh im Jahre 1586 das<br />
Pfeifenrauchen am englischen Königshof bekannt und damit populär gemacht hat, soll die<br />
Zun<strong>der</strong>herstellung europaweit einen großen Aufschwung erfahren haben. Der Bedarf aus mittel- und<br />
westeuropäischen Wäl<strong>der</strong>n war danach überhaupt nicht mehr zu decken. So entstand ein lebhafter<br />
Handel mit dem Zun<strong>der</strong> weit über die Grenzen hinweg, wobei die Handelsruten bis nach<br />
Nordeuropa und in den südöstlichen Zipfel des Karpatenbeckens, nach Transsilvanien, führten.<br />
<strong>Die</strong> Blütezeit des Zun<strong>der</strong>schwamms als Feuerquelle ging im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t schließlich zu Ende. Der<br />
Franzose Jean-Louis Chancel erfand 1805 die ersten Zündhölzer. Damit musste man noch einen<br />
glühenden Zun<strong>der</strong>schwamm berühren, um eine Flamme zu entfachen. Doch im Jahre 1844 führte <strong>der</strong><br />
schwedi sche Chemi ker Gustav Eri k<br />
Pasch bereits die Sicherheitszündhölzer mit getrennter Zünd- und Reibfläche ein und startete zugleich<br />
<strong>der</strong>en industrielle Produktion. Damit hatte <strong>der</strong> Zun<strong>der</strong>schwamm als Feuerquelle endgültig ausgedient.<br />
Er soll heute, den Ausführungen von Zeitlmayr zufolge, nur noch von sehr alten Leuten in entlegenen<br />
Gegenden anstelle <strong>der</strong> neumodischen Zündhölzer zum Pfeifenanzünden benutzt werden.<br />
Für den Einsatz <strong>der</strong> Zun<strong>der</strong>schwammlappen zur Blutstillung auf Wunden werden diese ohne jeden<br />
Chemikalienzusatz ausschließlich in Heißwasser eingeweicht und danach weichgeklopft. <strong>Die</strong>se Art <strong>der</strong><br />
Anwendung hat bis heute überlebt, wobei entsprechende Hinweise z.B. <strong>der</strong> Neuausgabe des "Hagers<br />
Handbuch <strong>der</strong> Pharmazeutischen Praxis" zu entnehmen sind.<br />
Inhaltsstoffe und medizinische Wirkung<br />
<strong>Die</strong> Inhaltsstoffe des Zun<strong>der</strong>schwammes sind bisher wenig erforscht. Seine<br />
Nährstoffzusammensetzung ist weitgehend unbekannt, was in Anbetracht <strong>der</strong> Tatsache, dass er kein<br />
Speisepilz ist, nicht verwun<strong>der</strong>t. Nachgewiesen wurden im Fruchtkörper die Fomentarsäure, eine<br />
Form <strong>der</strong> Bernsteinsäure sowie die Zuckerverbindungen Mannofucogalaktan und Glucuronoglucan.<br />
Aus <strong>der</strong> Fettfraktion des Fruchtkörpers wurden Ergosterin, die Vorstufe des Vitamin D, sowie<br />
Fungisterin und Isoergosteron isoliert.<br />
<strong>Die</strong> Anwendung als blutstillendes Mittel bei kleinen Wunden erfolgte durch Auflegen des<br />
Zun<strong>der</strong>lappens. Außerdem hat man auch noch einen alkoholischen Extrakt, das Fomitin, aus den<br />
trockenen Fruchtkörpern gewonnen. <strong>Die</strong>ser galt als hilfreich bei Blasenleiden, schmerzhaften<br />
Regelblutungen und Hämorrhoiden.<br />
Der Zun<strong>der</strong>schwamm als Heilmittel ist auch in Ostasien seit langem bekannt. Er gilt als mild und leicht<br />
bitter vom Geschmack. <strong>Die</strong> traditionelle chinesische Volksmedizin setzte ihn in erster Linie gegen<br />
Magenverstimmung ein. In <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Naturheilkunde Chinas wird <strong>der</strong> Zun<strong>der</strong>schwamm in gleicher<br />
Weise verwendet. Zusätzlich wird er noch gegen Speiseröhren-, Magen- und Gebärmutterkrebs<br />
empfohlen.<br />
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