Die Heilkraft der Pilze - GAMU
Die Heilkraft der Pilze - GAMU
Die Heilkraft der Pilze - GAMU
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ergebnis des Lebensstils und <strong>der</strong> genetischen Veranlagung des Einzelnen. Auch können sie durch<br />
verschiedene Umwelteinflüsse ausgelöst werden. <strong>Die</strong> Verwendung <strong>der</strong> <strong>Pilze</strong> mit Heilwirkung sollte<br />
man als Teil eines Behandlungsplans in Betracht ziehen. So könnten sie bei einer Reihe von<br />
Erkrankungen hilfreich sein. Wun<strong>der</strong> bewirken sie jedoch nicht.<br />
1. Mykotherapie, die Heilbehandlung mit <strong>Pilze</strong>n<br />
Der Ausdruck "Mykotherapie" existierte bisher nicht. Sie werden ihn - verehrte Leser - nicht einmal in<br />
einem Fremdwörterbuch finden, son<strong>der</strong>n heute zum ersten Mal davon erfahren. Es ist eine<br />
Wortschöpfung von mir!<br />
<strong>Die</strong> Bezeichnung Mykotherapie ist eine Neuschöpfung. Sie wurde aus dem Wort "Phytotherapie"<br />
abgeleitet. Phytotherapie bedeutet die Wissenschaft von <strong>der</strong> Heilbehandlung mit pflanzlichen<br />
Substanzen. Mykotherapie heißt sinngemäß die Heilbehandlung mit <strong>Pilze</strong>n und pilzlichen Substanzen.<br />
Mit diesem Ausdruck wollen wir künftig Maßnahmen bezeichnen, die zur Vorbeugung und Behandlung<br />
einer Krankheit dienen und bei denen zur Unterstützung <strong>Pilze</strong> o<strong>der</strong> pilzliche Substanzen verwendet<br />
werden.<br />
Viele von ihnen werden jetzt fragen, warum <strong>der</strong> Einsatz von <strong>Pilze</strong>n und pilzlichen Substanzen nicht<br />
einfach zur Phytotherapie zählt. <strong>Die</strong> Antwort ist: <strong>Pilze</strong> sind keine Pflanzen. Nach zeitgemäßer<br />
Auffassung <strong>der</strong> Biologie bilden <strong>Pilze</strong> neben <strong>der</strong> Pflanzen- und Tierwelt ein eigenes Reich <strong>der</strong><br />
Lebewesen.<br />
Über die neue Standortbestimmung für <strong>Pilze</strong> gab es lang anhaltende, lebhafte Diskussionen. Der<br />
italienische Philosoph, Botaniker und Mediziner Andrea Cesalpino schlug in Jahre 1583 in seinem<br />
Werk "De plantis libri XVI" zum ersten Mal vor, die <strong>Pilze</strong> in ein selbständiges Reich einzuordnen.<br />
Danach wehrten sich ganze Botanikergenerationen gegen die Abspaltung aus <strong>der</strong> Pflanzenwelt. <strong>Die</strong><br />
Argumente jedoch, die eine Trennung <strong>der</strong> <strong>Pilze</strong> von <strong>der</strong> Pflanzen- und Tierwelt rechtfertigen, sind so<br />
fundiert, dass die Debatten seit Anfang <strong>der</strong> 60er Jahre des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts zugunsten <strong>der</strong> neuen<br />
Auffassung allmählich verstummten. Heute ist nahezu unumstritten, dass <strong>Pilze</strong> eine eigene, wenn<br />
auch nicht einheitliche Gruppe unter den Eukaryonten bilden. Es sind Lebewesen, <strong>der</strong>en Zellen durch<br />
einen typischen Zellkern gekennzeichnet sind wie die Einzeller, Pflanzen, Tiere und auch <strong>der</strong> Mensch.<br />
Einer <strong>der</strong> wichtigsten Gründe für diese Neuordnung ist die Tatsache, dass <strong>Pilze</strong>, im Gegensatz zu den<br />
Pflanzen, kein Blattgrün (Chlorophyll) besitzen. Sie sind deshalb nicht in <strong>der</strong> Lage, Zucker mit Hilfe <strong>der</strong><br />
Photosynthese aus anorganischen Verbindungen zu bilden. Vielmehr sind sie wie die Tiere auf<br />
organische Nahrung angewiesen. Ihr Stoffwechsel ist eine so genannte Chemosynthese und steht<br />
dem tierischen Stoffwechsel nahe. Hinzu kommt, dass <strong>Pilze</strong> so genannte Exoenzyme bilden, die durch<br />
die Zellwand in die Umgebung gelangen und die Nährstoffaufbereitung bzw. -verflüssigung außerhalb<br />
erledigen. <strong>Die</strong> vorverdaute, verflüssigte Nahrung wird dann von den Pilzzellen resorbiert. Während<br />
Pflanzen aus dem atmosphärischen Kohlendioxyd und aus Bodenmineralien mit Hilfe <strong>der</strong><br />
Sonnenenergie organisches Material produzieren (man nennt sie auch Produzenten), reduzieren <strong>Pilze</strong><br />
nach dem Tod mit Hilfe ihrer Enzyme selbst den eigenen Körper in einfache chemische Verbindungen.<br />
<strong>Die</strong>ser Prozess führt letztlich erneut zu Bodenmineralien. Somit sitzen die <strong>Pilze</strong> im Kreislauf <strong>der</strong><br />
Materie den Pflanzen genau gegenüber und werden deshalb auch als Reduzenten bezeichnet.<br />
Ferner ist <strong>der</strong> Hauptbestandteil <strong>der</strong> Pflanzenzellwand Cellulose und Lignin. Der <strong>der</strong> meisten <strong>Pilze</strong> ist<br />
jedoch Chitin, das zugleich den Hauptbestandteil <strong>der</strong> Körperhülle von Krebsen, Spinnen und Insekten<br />
bildet. Abschließend sollte noch eine genetische Eigenart <strong>der</strong> <strong>Pilze</strong> erwähnt werden. Im Gegensatz zu<br />
den Pflanzen und Tieren besitzen sie in den Zellkernen ihres Geflechts nur die halbe<br />
Chromosomenzahl. Sie sind haploid. <strong>Die</strong> komplette Chromosomenzahl tritt nur in <strong>der</strong> kurzen sexuellen<br />
Phase, nämlich bei <strong>der</strong> Fruchtbildung ein. Hierbei unterscheiden sich <strong>Pilze</strong> von allen an<strong>der</strong>en<br />
Lebewesen, mit Ausnahme <strong>der</strong> Moose.<br />
Wollen wir uns <strong>der</strong> zeitgemäßen Betrachtung <strong>der</strong> <strong>Pilze</strong> anschließen, ist auch die Einführung eines<br />
neuen Terminus technicus gerechtfertigt, um eine Heilbehandlung mit <strong>Pilze</strong>n und pilzlichen<br />
Substanzen sachgerecht zu bezeichnen. Als geeigneter Fachausdruck bietet sich "Mykotherapie" an.<br />
Es ist aber nicht so, dass <strong>Pilze</strong> nicht schon seit geraumer Zeit eine wichtige Rolle in <strong>der</strong> Heilkunde<br />
gespielt hätten. Im Gegenteil. Mit <strong>der</strong> Entdeckung des Penicillins durch Alexan<strong>der</strong> Fleming im Jahre<br />
1928 ist ein Schimmelpilz (Penicillum notatum) zum Segen <strong>der</strong> Menschheit geworden und schenkte<br />
mit seinem Stoffwechselprodukt, das landläufig Antibiotikum genannt wird, Millionen das Leben. Auch<br />
3