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Die Heilkraft der Pilze - GAMU

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das Mutterkorn (Claviceps purpurea), ein Pilz <strong>der</strong> an Gräsern und beson<strong>der</strong>s gerne an Roggen<br />

parasitiert, ist ein vertrauter Bekannte. Im Mittelalter wie die Pest gefürchtet, raffte es durch die<br />

Vergiftung des Roggenmehls seit dem 9. Jahrhun<strong>der</strong>t und beson<strong>der</strong>s in den Jahren 1596, 1649 und<br />

1736 in Frankreich und Russland Zehntausende dahin. Zugleich war das Mutterkorn in <strong>der</strong><br />

Geburtshilfe als krampflösendes Mittel unersetzbar und wurde schon im alten China verwendet. Auch<br />

in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Homöopathie werden von Beginn an <strong>Pilze</strong> eingesetzt. Allerdings immer weniger. Im<br />

Homöopathischen Arzneibuch aus dem Jahre 1958 sind neben dem Mutterkorn auch <strong>der</strong><br />

Riesenbovi st (Langermanni a gi gantea), <strong>der</strong> Lärchenporling (Laricifomes officinalis), <strong>der</strong> Fliegenpilz<br />

(Amanita muscaria) und <strong>der</strong> Speitäubling (Russula emetica) beschrieben. Im Repetitorium <strong>der</strong><br />

Deutschen Homöopathischen Union im Jahre 1976 finden außer dem Mutterkorn nur noch <strong>der</strong><br />

Fliegenpilz und <strong>der</strong> Riesenbovist Verwendung. Dennoch, di e Bezei chnung "Mykotherapi e" für den<br />

Einsatz von <strong>Pilze</strong>n mit Heilwirkung und zur Abgrenzung dieses Spezialgebietes von <strong>der</strong> Phytotherapie<br />

wäre seit langem fällig gewesen.<br />

Es bedurfte offenbar eines Quantensprungs auf diesem Feld. <strong>Die</strong>ser fand im Jahre 1974 in Tokio statt,<br />

als den Wissenschaftlern aus dem Westen anlässlich eines internationalen Kongresses die<br />

Geheimnisse <strong>der</strong> fernöstlichen Heilpilzkunde gelüftet wurden. Großpilze, landläufig auch Schwämme<br />

genannt, waren es, <strong>der</strong>en Heilwirkung japanische Fachkollegen damals in den Mittelpunkt des<br />

Interesses rückten. Der Strom <strong>der</strong> Informationen über Großpilze mit Heilwirkung, reißt seitdem nicht<br />

mehr ab. An weiteren internationalen Veranstaltungen, unter an<strong>der</strong>en 1987 in Braunschweig, 1991 in<br />

Dublin, 1993 in Hongkong, 1994 in Qingyuan, 1995 in Oxford und 1996 in State College, sind weitere<br />

Fakten über Anwendungsgebiete und Heilerfolge <strong>der</strong> Mykotherapie veröffentlicht worden.<br />

Es ist an <strong>der</strong> Zeit, die Mykotherapie, die Wissenschaft des Einsatzes von Großpilzen mit Heilwirkung,<br />

als eigenständigen Bereich <strong>der</strong> Naturheilkunde anzuerkennen. <strong>Die</strong>ser Anspruch ist nicht nur wegen<br />

<strong>der</strong> großen Zahl <strong>der</strong> Pilzarten, die inzwischen zum Einsatz kommen und wegen des breiten Spektrums<br />

ihrer Anwendung gerechtfertigt. Er ist auch wegen einer uralten, fernöstlichen Tradition gerechtfertigt.<br />

Reichen doch die Nachrichten in China über die Verwendung von <strong>Pilze</strong>n in <strong>der</strong> traditionellen Medizin<br />

(TCM) bis hin zu den fernsten Grenzen <strong>der</strong> historischen Zeit und verlaufen darüber hinaus in <strong>der</strong><br />

Dämmerung <strong>der</strong> Mythen.<br />

2. <strong>Die</strong> vergessenen „Heilpilze“ des Abendlandes<br />

<strong>Pilze</strong> sind uralte Organismen. Sie entstanden paläobotanischen Untersuchungen zufolge im Devon,<br />

zusammen mit den ersten Landpflanzen, vor etwa 400 Millionen Jahren.<br />

Wie aus archäologischen Untersuchungen hervorgeht, sind <strong>Pilze</strong> den Menschen seit etwa 30.000<br />

Jahren bekannt. Man fand in steinzeitlichen Pfahlbausiedlungen in <strong>der</strong> Schweiz, in <strong>der</strong> Nähe von<br />

Ravensburg (Württemberg) und am Mondsee ((tm)sterreich) Feuerschwämme, Stäublinge<br />

(Lycoperdon spp.) und Eichenwirrlinge (Trametes quercina). Der Pilzkonsum dürfte somit auf eine<br />

längere Vergangenheit zurückblicken als <strong>der</strong> Alkoholgenuss!<br />

Ein Fresko aus Pompeji, das durch den Vesuvausbruch, (79 v. Chr.) nicht zerstört wurde und heute im<br />

Museo Nazionale in Neapel besichtigt werden kann, gilt allgemein als die älteste Darstellung von<br />

<strong>Pilze</strong>n in <strong>der</strong> abendländischen Kultur. Das Bild stellt drei tote Vögel und mehrere Pilzfruchtkörper, zum<br />

Teil mit dem Stiel nach oben, dar. Dabei könnte es sich um einen Lactarius, vielleicht um den Echten<br />

Reizker (Lactarius deliciosus) handeln. Womöglich aber geht die Darstellung von <strong>Pilze</strong>n noch viel<br />

weiter in <strong>der</strong> Geschichte zurück. Das in Abbildung 1 (ist nicht vorhanden) dargestellte Motiv aus <strong>der</strong> so<br />

genannten Tiergartenhalle des Pharaonen Thutmosis III (1490-1436 v. Chr.) stammt aus den<br />

Tempelanlagen von Karnak, bei Luxor in Ägypten. Thutmosis <strong>der</strong> III. führte Feldzüge in Kleinasien,<br />

nahm jedoch auch Gelehrte in seiner Begleitung mit. <strong>Die</strong>se sollen u. a. die Aufgabe gehabt haben, die<br />

Flora und Fauna in den durchquerten Gebieten zu dokumentieren. <strong>Die</strong> Funde, die sie von diesen<br />

Feldzügen mit nach Hause brachten, wurden an den Wänden <strong>der</strong> Tiergartenhalle in Stein gemeißelt.<br />

Unter den Motiven ist eines klar als ei n Pilzfruchtkörper zu i denti fi zi eren, ohne jedoch di e<br />

Artzugehörigkeit genau bestimmen zu können. Es könnte sich um einen Termitomyces handeln, eine<br />

Art, die mit Termiten in Symbiose lebt und von ihnen regelrecht gezüchtet wird. Der Fruchtkörper<br />

dieser Pilzart entwickelt sich außerhalb des Termitenbaues und gilt als Delikatesse. In Kleinasien sind<br />

Termitomyces auch heute wohlbekannt.<br />

Schon in <strong>der</strong> Antike kannte man neben dem Speisewert auch die Giftigkeit mancher <strong>Pilze</strong>. <strong>Die</strong><br />

Kenntnisse wurden sogar bewusst eingesetzt, um z.B. politische Ziele zu erreichen. Der erste Bericht<br />

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