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Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

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Die meisten Theorien <strong>der</strong> Filmmusik sind in <strong>der</strong> Annahme, dass Musik im<br />

Film Funktionalisierungs-Rahmen unterliegt, konform. Insbeson<strong>der</strong>e Zofia<br />

Lissas Übersicht über die Funktionen <strong>der</strong> Filmmusik (1965) deutet darauf<br />

hin, dass man eine ganze Reihe <strong>von</strong> Einzelfunktionen unterscheiden kann,<br />

die mehr o<strong>der</strong> weniger wahrnehmungsauffällig sind. 3<br />

Die Regel <strong>der</strong> Funktionalität gilt für alle Arten <strong>von</strong> Elementen. Werden sie<br />

konventionalitätskonform verwendet, ist die beson<strong>der</strong>e Leistung, die sie im<br />

Text erbringen, nicht auffällig. Werden sie aber in Differenz verwendet, wird<br />

deutlich, dass sie signifikative Potentiale enthalten. Ein Beispiel aus <strong>der</strong><br />

visuellen Organisation filmischer Szenen:<br />

– Eine erste Regel besagt, dass die Kamerahöhe mit dem<br />

Höhenverhältnis <strong>der</strong> Figuren koordiniert ist; in einer Interaktion<br />

zwischen einem Erwachsenen <strong>und</strong> einem Kind wird darum das Kind in<br />

Auf-, <strong>der</strong> Erwachsene in Untersicht gezeigt.<br />

3 Zum Bild-Ton-Verhältnis <strong>und</strong> den verschiedenen Modellen, die im Lauf <strong>der</strong> Theorie<br />

<strong>der</strong> Filmmusik vorgestellt worden sind, vgl. Merten 2001, v.a. cap. 2. Neuerdings<br />

wird das Postulat <strong>der</strong> Unhörbarkeit <strong>der</strong> Filmmusik (inaudibility) vermehrt diskutiert,<br />

spätestens seitdem Claudia Gorbman es in ihrem Buch Unheard Melodies (1987) zu<br />

einem <strong>der</strong> Bestimmungselemente <strong>der</strong> Filmmusik erhoben hat. Dort heißt es: »music<br />

is not meant to be heard consciously. As such it should subordinate itself to dialogue,<br />

to visuals, that is, to the primary vehicles of the narrative« (1987, 33). Zur<br />

Diskussion dieser These vgl. Reay 2004, 33ff.<br />

In dieser Hinsicht scheint normale Filmmusik gewisse Ähnlichkeiten zur<br />

sogenannten Muzak aufzuweisen. Man versteht darunter Hintergr<strong>und</strong>musiken, die in<br />

Restaurants, Fahrstühlen, Kaufhäusern, Hotels <strong>und</strong> manchen Arbeitsumgebungen,<br />

aber auch als Pausenzeichen in Telephonsystemen <strong>und</strong> <strong>der</strong>gleichen mehr eingesetzt<br />

werden. Es handelt sich um funktionelle Musiken, die vom Hörer unbewusst<br />

wahrgenommen werden sollen, um ihn heiter zu stimmen <strong>und</strong> um eine entspannte<br />

Atmosphäre beim Einkauf o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Arbeit zu schaffen. Eine oft geäußerte<br />

Anfor<strong>der</strong>ung an Muzak lautet: heard but not listened, was darauf hindeutet, dass die<br />

Musiken keine eigentliche Zuwendung erfahren sollen. Vgl. dazu Lanza 2005. Vgl.<br />

Gorbman (1987, 56-59) zu einigen funktionalen Analogien zwischen traditioneller<br />

Filmmusik <strong>und</strong> Muzak: Sie mil<strong>der</strong>e Ängste <strong>und</strong> Fremdheitsempfindungen,<br />

erleichtere im Film das Einlassen auf die Fiktion (die suspension of disbelief) <strong>und</strong><br />

werde dabei bewusst kaum wahrgenommen.<br />

Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 9, 2013 // 233

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