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Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

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geschlossene Songs – die dem Publikum zudem ganz unabhängig <strong>von</strong> dem<br />

jeweiligen Film bekannt sind – eingesetzt werden. Ein beliebiges Beispiel<br />

ist eine Szene aus Tom Tykwers LOLA RENNT (BRD 1998): Lola <strong>und</strong><br />

Manni, die beiden Helden, flüchten am Ende <strong>der</strong> ersten Variation <strong>der</strong><br />

Geschichte, nachdem sie einen Supermarkt überfallen haben, mit <strong>der</strong> Beute<br />

<strong>und</strong> immer noch bewaffnet auf die Straße. Dort wartet jedoch bereits die<br />

Polizei auf sie – Lola wird erschossen. Die Szene fällt aus dem Kontext des<br />

Films vollständig heraus, <strong>der</strong> fast immer <strong>von</strong> Techno- o<strong>der</strong> elektronischer<br />

Musik begleitet wird, die das Tempo des Films unterstreicht. Die<br />

Fluchtszene ist in Zeitlupe gefilmt, was sie bereits irrealisiert <strong>und</strong><br />

emphatisiert; dazu ertönt Dinah Washingtons Soul-Hit What a Difference a<br />

Day Makes (eingespielt 1972, als Album aber erst 2006 veröffentlicht; das<br />

Lied selbst basiert auf dem populären mexikanischen Bolero Cuando<br />

Vuelva a Tu Lado aus dem Jahre 1934). In dieser Kombination »Zeitlupe<br />

plus Soul-Musik« wird die Szene in eine Art traumhafter Schwerelosigkeit<br />

moduliert, die um so brutaler mit dem Geräusch des tödlichen Schusses<br />

beendet wird. Ein an<strong>der</strong>es, ebenso beliebig gewähltes Beispiel ist IQ (USA<br />

1994, Fred Schepisi, 0:17 bis 0:19), in dem eine Szene, in <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

jugendliche Held mit dem alten Albert Einstein eine Motorradfahrt macht,<br />

zunächst mit einem Rock‘n‘Roll-Titel unterlegt ist, dann aber, als das<br />

Motorrad <strong>von</strong> <strong>der</strong> Straße abhebt, in einen romantischen Modus übergeht;<br />

auch hier wird die Szene aus dem Kontext herausgehoben <strong>und</strong> als modal<br />

eigenständig markiert.<br />

Die genannte modale Absetzung einer Szene vom Kontext hat im übrigen<br />

lange Traditionen. Ein Beispiel ist eine kleine Szene aus dem französischen<br />

Gangster- <strong>und</strong> Drogenfilm RAZZIA SUR LA CHNOUF (RAZZIA IN PARIS,<br />

Frankreich 1955, Henri Decoin, 1:18:00 bis 1:20:00): Der un<strong>der</strong>cover<br />

ermittelnde Kommissar ist mit einer drogenabhängigen Frau in einer Bar<br />

Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 9, 2013 // 269

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