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Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

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So, wie sich in <strong>der</strong> beschriebenen Szene <strong>der</strong> paranoide Modus <strong>der</strong> Erzählung<br />

manifestiert <strong>und</strong> die Unausweichlichkeit des Geschehens ebenso<br />

unterstrichen wird wie die Handlungsohnmacht <strong>der</strong> Figuren, können auch in<br />

an<strong>der</strong>en Fällen die Musiken die Modalität des Erlebens, denen die Figuren<br />

unterworfen sind, kondensieren. Ist es in THE PARALLAX VIEW <strong>der</strong> Modus<br />

<strong>der</strong> Erzählung selbst, ist es in <strong>der</strong> schon erwähnten Hubschrauberszene in<br />

Francis Ford Coppolas APOCALYPSE NOW ein Hinweis auf eine tiefe<br />

Subjektivisierung, die die Erfahrung des Vietnamkriegs irrealisiert hat.<br />

Wenn die Hubschrauber im ohrenbetäubenden Lautsprecherlärm des<br />

Wagnerschen Walkürenritts ihren Angriff auf ein friedliches<br />

vietnamesisches Dorf fliegen, wird etwas spürbar <strong>von</strong> dem aberwitzigen<br />

Aktionismus <strong>der</strong> amerikanischen Soldaten, <strong>von</strong> einer rauschartigen<br />

Durchsetzung <strong>der</strong> kriegerischen Aktion <strong>und</strong> einer zwischen Hass, Zynismus<br />

<strong>und</strong> Verzweiflung schwankenden Selbstmodulation <strong>der</strong> Stimmung. Aber die<br />

Verbindung <strong>von</strong> Wagner-Musik mit dem Hubschrauberangriff<br />

korrespondiert einer tiefer liegenden Behauptung über den Zusammenhang<br />

des Einsatzes mit einem selbstinszenierten rauschhaften Erleben desselben;<br />

an<strong>der</strong>e strukturell-semantische Effekte treten dazu – vor allem folgt die<br />

Musik einer umgreifenden Subjektivisierung <strong>der</strong> Geschehensdarstellung:<br />

Der Vietnam-Krieg erscheint als ein militärisch-musikalisch-rauschhaftes<br />

Syndrom – da<strong>von</strong> handelte schon <strong>der</strong> Titel, die lange Sequenz zu Beginn,<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> Doors-Song The End unterliegt, da<strong>von</strong> handeln viele weitere Szenen<br />

des Films. Der Hubschrauber-Angriff ist ohne Zweifel eine »musikalische<br />

Szene« – ein eigenständiges »Insert« ist er aber nicht. Die Szene ist zudem<br />

orientierung <strong>der</strong> Musik für die Rezeption auszuloten: Der Zuschauer ist »in <strong>der</strong><br />

Figur«, weil sie sich in einer Art Ruhephase <strong>der</strong> Handlung zu befinden meint; <strong>und</strong> er<br />

ist gleichzeitig »außerhalb ihrer«, weil die Konvention besagt, dass <strong>der</strong>artige<br />

Musiken oft in die dann plötzlich hereinbrechende Katastrophe einmünden.<br />

Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 9, 2013 // 265

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