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Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

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Auch die Frage, ob kommentative, kontrapunktische o<strong>der</strong> ironische<br />

Beziehungen zwischen Handlung/Figur/Bild <strong>und</strong> Musik intradiegetisch<br />

aufgebaut werden können, bleibt zu diskutieren, wenngleich man sich ohne<br />

Schwierigkeiten Beispiele vorstellen kann, die zeigen, dass dieses sehr wohl<br />

<strong>der</strong> Fall sein kann. 11<br />

Es gibt ein starkes Argument dafür, dass die Differenz zwischen intra- <strong>und</strong><br />

extradiegetischer Musik rezeptionsästhetisch <strong>von</strong> einigem Belang ist – sie<br />

ist unter Umständen nämlich wahrnehmungsauffällig. Wechselt eine Musik<br />

den diegetischen Ort, antwortet <strong>der</strong> Zuschauer mit einem Lacher (den man<br />

wie<strong>der</strong>um als Hinweis auf ein momentanes reflexives Aha-Erlebnis<br />

verstehen darf; die Beispiele entstammen darum auch fast alle <strong>der</strong><br />

Komödie). In Robert Bentons KRAMER VERSUS KRAMER (KRAMER<br />

GEGEN KRAMER, USA 1979) ertönt Vivaldi'sche Lautenmusik. Sie wirkt<br />

wie fröhliche Begleitmusik; als <strong>der</strong> Held aber die Straße weiter<br />

hinuntergeht, erweist sie sich als diegetische Musik, die <strong>von</strong> zwei<br />

Straßenmusikern veranstaltet wird. In Mel Brooks‘ SILENT MOVIE (USA<br />

1976) fährt ein ganzer Bus, vollbesetzt mit einem mexikanischen Orchester,<br />

durchs Bild, wie<strong>der</strong>um die Musik diegetisierend, die man bis dahin als reine<br />

Gärtners, sublimiert ihn vielleicht. Eine Kitsch-Strategie, sicherlich. Aber hat man<br />

damit erfasst, welche Bedeutungsprozesse hier greifen können? [...] Die<br />

Vorstellungsmodelle des Todes, die im Film ausgefaltet sind, umfassen sehr oft eine<br />

Art <strong>von</strong> Überhöhung des Todes in die Sphären des Ästhetischen o<strong>der</strong> Rhetorischen<br />

hinein. Pathos <strong>und</strong> Süsslichkeit sind nur zwei Extrempunkte in einer langen Kette<br />

<strong>von</strong> Alternativen. Tod ist die definitive Aufkündigung <strong>der</strong> Teilhabe am Diegetischen.<br />

Es mag sein, dass <strong>der</strong> so regelmäßige Einsatz <strong>von</strong> Musiken in Todesszenen mit einer<br />

Modulation <strong>der</strong> Diegese zu tun hat, dass er also auf einer eigentlich formalen<br />

Operation beruht« (Brief an Mirkko Stehn, 12.9.2007).<br />

11 Auch Gorbman (1987, 23) plädiert dafür, die Differenz zwischen den beiden Arten<br />

<strong>von</strong> Musik nicht zu groß zu machen – auch diegetische Musik kann dramatische<br />

Spannung erzeugen o<strong>der</strong> unterstreichen, auch sie kann <strong>der</strong> Psychologie <strong>der</strong> Figuren<br />

Ausdruck verleihen, auch sie kann – vor allem in Komödien – ironisch o<strong>der</strong> burlesk<br />

wirken (1987, 78). Vgl. dazu auch Reay 2004, 34, passim.<br />

Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 9, 2013 // 244

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