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Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

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Ich habe im Zusammenhang mit Problemen <strong>der</strong> Figurenanalyse an an<strong>der</strong>er<br />

Stelle mit <strong>der</strong> Metapher des Amalgamierens gearbeitet. Gr<strong>und</strong>legend war<br />

dort die Annahme, dass das Wissen des Zuschauers eine Agentur darstelle,<br />

in <strong>der</strong> das schon vorhandene Wissen mit <strong>der</strong> neu hinzutretenden Information<br />

vermittelt werde. Eine Figur etwa, die auf die Charakterisierung an<strong>der</strong>er<br />

Figuren verweist <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Charakteristika wie<strong>der</strong>verwendet, nutzt jene<br />

an<strong>der</strong>en Figuren, um eigene Bedeutungen zu kreieren. Das gleiche gilt auch<br />

für den rezeptiven Umgang mit zitierter Musik – auch hier geht es darum,<br />

aus dem Vorgef<strong>und</strong>enen eine eigene synthetische Einheit zu erzeugen, die<br />

den aktuellen Kontext mit dem eher diffusen semantischen Horizontwissen,<br />

das dem Zitierten zugehört, vermittelt <strong>und</strong> vereinigt. Wenn also in einem<br />

James-Bond-Film (THE SPY WHO LOVED ME / DER SPION, DER MICH<br />

LIEBTE, Großbritannien 1977, Lewis Gilbert) in einer Wüstenszene das<br />

Kern- <strong>und</strong> Kennmotiv <strong>von</strong> LAWRENCE OF ARABIA (LAWRENCE VON<br />

ARABIEN, Großbritannien 1962, David Lean) als kurzes Einsprengsel in <strong>der</strong><br />

normalen Filmmusik, die <strong>der</strong> Szene unterlegt ist, auftaucht, entsteht für den<br />

wissenden <strong>und</strong> also erkennenden Zuschauer eine momentane Lücke in <strong>der</strong><br />

Szenenimagination, ein Innehalten, das die Szene selbst am Ende ironisiert,<br />

das aber eine eigene Rezeptionslust bereiten kann, weil es den Zuschauer<br />

einer gewissen intimen Kenntnis <strong>der</strong>artiger Szenen versichert.<br />

Für eine Beschreibung <strong>der</strong> semantischen Prozesse, in die Filmmusik<br />

notwendigerweise eingeb<strong>und</strong>en ist, ist die Tatsache, dass gewisse prägnante<br />

musikalische Formeln <strong>und</strong> Stücke in einem jeweiligen Kontext mit<br />

»szenischer Bedeutung« aufgeladen werden, ausgesprochen wichtig. Hans-<br />

Christian Schmidt macht auf eine Implikation aufmerksam, die für die<br />

musikalische <strong>Analyse</strong> ausgesprochen zentral ist: »Die Son<strong>der</strong>meldungen<br />

über den Russlandfeldzug im sogenannten ›Dritten Reich‹ verwendeten die<br />

Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 9, 2013 // 251

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