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Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

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Man könnte meinen, es handele sich nur um Zusatz-Bedeutungen, die im<br />

Verstehen <strong>von</strong> Figuren <strong>und</strong> musikalischen Phrasen hinzutreten können (aber<br />

nicht müssen). So, wie Chiffren Zeichen einer Geheimschrift sind, sind sie<br />

nur Eingeweihten zugänglich. Darum auch ist die Rede <strong>von</strong> »semantischer<br />

Beschriftung« plausibel. Der Zeichencharakter weist auf die<br />

Verwendungsgeschichte des jeweiligen musikalischen Stücks zurück, macht<br />

sie so zu einem Zeichen <strong>der</strong> Populärkultur, die aus dem permanenten<br />

Wie<strong>der</strong>gebrauch <strong>der</strong>artiger Zeichenkörper eine immer diffuse, auf Kontext-<br />

<strong>und</strong> Szenenerinnerung basierende Bedeutung gewinnt. Es ist ein Horizont<br />

<strong>der</strong> Verwendungskontexte <strong>von</strong> Musiken, <strong>der</strong> aktiviert werden kann, ein<br />

Wissen über die pragmasemiotischen Konditionen <strong>und</strong> Fälle, in denen die<br />

Phrase gemeinhin aufgetreten ist.<br />

Wenn man allerdings die Rede <strong>von</strong> Chiffren ernst nimmt, eröffnet sich ein<br />

an<strong>der</strong>es Problem – es sind nicht nur Zusatzbedeutungen, die sich<br />

ausschließlich dem Connaisseur erschließen, son<strong>der</strong>n sie bilden einen Kern<br />

<strong>der</strong> Bedeutungs-Konstitution überhaupt. Gemeinhin werden Wörter <strong>und</strong><br />

Phrasen als Chiffren bezeichnet, die als verrätselnde Symbole in einem Text<br />

verwendet werden, ihn so in einen Zusammenhang mit meist komplexen<br />

Bedeutungen bringend. Dann ist <strong>der</strong> allusive Charakter <strong>der</strong> Zeichen-<br />

verwendung nicht nur ein Spiel mit fakultativen Bedeutungshorizonten,<br />

son<strong>der</strong>n zielt auf den semantischen Kern des Was <strong>und</strong> Wie des<br />

Ausgesagten. 15<br />

15 Die hier angeschnittene Problematik wird in dieser Untersuchung noch an mehreren<br />

an<strong>der</strong>en Stellen angeschnitten – wirft sie doch einige gr<strong>und</strong>legende Fragen nicht nur<br />

<strong>der</strong> Filmmusikanalyse, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> <strong>Analyse</strong> populärkultureller Produkte im<br />

Allgemeinen auf. Sie hat gewichtige soziologische Implikationen (erweist sich doch<br />

bei manchen Filmen <strong>der</strong> verwendete score als hochgradig exklusiv <strong>und</strong> knüpft an<br />

sehr spezifische, nur subkulturell zu erwerbende Wissensbestände an), benennt ein<br />

Kernproblem <strong>der</strong> empirischen Untersuchung <strong>von</strong> Rezeptionsprozessen <strong>und</strong> ist nicht<br />

zuletzt ein wichtiges Problem semiotischer <strong>Analyse</strong>. Es dürfte aber deutlich<br />

geworden sein, dass eine Theorie <strong>der</strong> Filmmusik (o<strong>der</strong> sogar <strong>der</strong> Musik im<br />

Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 9, 2013 // 253

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