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Gerda Freise Warum studierte ich Chemie? - Gute UnterrichtsPraxis

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war unheiml<strong>ich</strong> im Druck und kämpfte ums bloße Überleben. Fast jeder von uns<br />

dachte ans Abbrechen, vor allem wegen Mathe. Physik war harmlos. Da wir<br />

meistens von naturwissenschaftl<strong>ich</strong>en Gymnasien kamen, hatten wir damit keine<br />

Schwierigkeiten, denn praktisch wurde in der Vorlesung der Unterr<strong>ich</strong>tsstoff auf<br />

'nem etwas höheren Niveau wiederholt und ergänzt. Aber Mathe, das war die<br />

Härte. Da s<strong>ich</strong> der Matheunterr<strong>ich</strong>t in der Schule auf Rechnen und sinnloses<br />

Kalkültreiben beschränkt hatte, hatten wir mit der Epsilontik, mit der sogenannten<br />

r<strong>ich</strong>tigen Mathematik, natürl<strong>ich</strong> große Schwierigkeiten. Ungefähr ein Drittel<br />

aus dem Semester brach das Studium ab, obwohl wir damals, 1953, ohnehin<br />

kleine Jahrgänge waren.<br />

Zum Luftkriegen kam <strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong> erst nach dem vierten Semester,<br />

nachdem <strong>ich</strong> das Lehramtsvorexamen halbwegs erfolgre<strong>ich</strong> hinter mir hatte und<br />

mein stark ramponiertes Selbstwertgefühl wieder etwas repariert war.<br />

Eine weitere Schwierigkeit, die <strong>ich</strong> hatte, war der mangelnde Kontakt mit<br />

anderen Studenten oder Gruppen. Das lag zum Teil daran, dass die Hauptclique,<br />

die s<strong>ich</strong> im ersten Semester gebildet hatte, aus dem näheren Einzugsbere<strong>ich</strong> der<br />

Uni kam. Die kannten s<strong>ich</strong> schon von ihren Schulen her und haben da zusammengeklumpt.<br />

Wir aus der Provinz waren für sie halt die Zugereisten, die Dollen<br />

irgendwo vom Norden, und wurden sehr indifferent behandelt. Aus der Umgebung<br />

meiner Heimatstadt kam nur noch ein sehr scheues Mädchen, mit dem <strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t viel anfangen konnte. Hie und da machten wir mal eine Übung zusammen,<br />

aber meistens wurschtelte <strong>ich</strong> zieml<strong>ich</strong> alleine rum. Daran hat auch n<strong>ich</strong>ts geändert,<br />

dass <strong>ich</strong> damals in einem Studentenheim in einem Mehrbettzimmer wohnte.<br />

Aber wenigstens war so 'ne gewisse äußerl<strong>ich</strong>e Geselligkeit da.<br />

Die Vordiplomprüfung war eine der wenigen Prüfungen, die <strong>ich</strong> positiv in<br />

Erinnerung hab. Ich hatte m<strong>ich</strong> dafür in ein genau definiertes Wissensgebiet eingearbeitet.<br />

Das lag mir schon damals mehr, als mir diese Art Überblickwissen<br />

anzueignen. Geprüft wurde Theoretische Mechanik, so abstrakte Sachen wie die<br />

Hamilton-Jacobi-Theorie und so weiter. Das hat m<strong>ich</strong> interessiert und angesprochen,<br />

obwohl es zieml<strong>ich</strong> anstrengend war. Mit meinem Wissen konnte <strong>ich</strong> dann<br />

glänzen, was mir, glaube <strong>ich</strong>, schon genützt hat, denn <strong>ich</strong> wurde in den anderen<br />

Prüfungen und auch im Studium überhaupt etwas lockerer.

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