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Gerda Freise Warum studierte ich Chemie? - Gute UnterrichtsPraxis

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<strong>ich</strong> nix anfangen. Und so Parolen, Wir machen jetzt unseren Kampf - ohne Männer!,<br />

die halte <strong>ich</strong> für Blödsinn.<br />

Eine feministische Phase hatte <strong>ich</strong> höchstens in dem Sinn, dass <strong>ich</strong> eine<br />

Zeit lang unwahrscheinl<strong>ich</strong> darauf achtete, überall mann und frau zu verwenden,<br />

auch bei Texten für den Unterr<strong>ich</strong>t. Aber irgendwie kam mir das dann albern<br />

vor. Denn in unserer Beziehung sind wir wohl sehr gle<strong>ich</strong>berechtigt und haben<br />

eigentl<strong>ich</strong> nie besondere Probleme mit typischem Männer- oder Frauenverhalten<br />

gehabt.<br />

Was m<strong>ich</strong> in letzter Zeit so beschäftigt? ... Da spielen besonders Ängste eine<br />

Rolle und die Frage, wie lang wir das hier überleben. Durch meine Krankheit<br />

hat s<strong>ich</strong> bei mir so eine Einstellung entwickelt, dass <strong>ich</strong> mir sage, also <strong>ich</strong> leb'<br />

mal lieber jetzt, als dass <strong>ich</strong> das auf später verschiebe. Meine Eltern hatten immer<br />

gesagt, <strong>ich</strong> müsste bis nach dem Examen warten, dann könnt' <strong>ich</strong> mir was<br />

gönnen. Davon habe <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> irgendwie gelöst und will meine Bedürfnisse n<strong>ich</strong>t<br />

mehr unterdrücken.<br />

Angst habe <strong>ich</strong> auch, Kinder zu haben. Das hängt mit dieser Existenzfrage<br />

ganz eng zusammen, also vielle<strong>ich</strong>t n<strong>ich</strong>t mehr lang zu leben oder eine Zukunft<br />

vor mir zu haben, die meinen Vorstellungen gar n<strong>ich</strong>t mehr entspr<strong>ich</strong>t. Ich trau'<br />

m<strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t, Kinder zu haben, weil <strong>ich</strong> denke, eine solche Welt kann<br />

man einem Kind n<strong>ich</strong>t zumuten. Aber wenn <strong>ich</strong> mir das so überlege, dann will<br />

<strong>ich</strong> mir ja diese Welt selber auch n<strong>ich</strong>t zumuten ... Das ist eine verdammt negative<br />

Einstellung, so zu denken.<br />

Na ja, so lang 's noch gut geht, versuche <strong>ich</strong>'s so einigermaßen zu genießen,<br />

halte es aber net aus, nur zu genießen, sondern muss zumindest gelegentl<strong>ich</strong> -<br />

wenn <strong>ich</strong>'s pragmatisch sehe - mal demonstrieren, damit s<strong>ich</strong> das Gewissen wieder<br />

beruhigt. Ganz so krass empfinde <strong>ich</strong> es doch n<strong>ich</strong>t, aber zur Beruhigung der<br />

Nerven sind diese Friedensdemos in letzter Zeit für m<strong>ich</strong> schon gewesen. Einerseits<br />

vertreibt die Solidarität der anderen 'n bisschen die Ängste, und andererseits<br />

denkt man, vielle<strong>ich</strong>t nützt es ja doch was, ein bisschen was. Auch die Bürgerinitiativen-Bewegung<br />

hat mir Auftrieb gegeben. Vielle<strong>ich</strong>t sind dadurch ein<br />

paar Kernkraftwerke weniger gebaut worden. Dann hatte diese Bewegung einen<br />

Sinn ... obwohl <strong>ich</strong> mir dabei teilweise schon sehr sinnlos vorgekommen bin.

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