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Gerda Freise Warum studierte ich Chemie? - Gute UnterrichtsPraxis

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Schulstufen auf der gle<strong>ich</strong>en Ebene, den Zusammenhang selbstverständl<strong>ich</strong> von<br />

Schulunterr<strong>ich</strong>t und Fachphysik, und die Probleme, in die das eingebettet ist.<br />

Wir probierten völlig neue Curricula. Die waren auch sinnvoll strukturiert, hatten<br />

aber, wie wir dann feststellten, gar n<strong>ich</strong>ts mehr mit Physik zu tun. Das hatte<br />

schon seine sehr guten Gründe und war ganz in Ordnung so. Diese Phase ist aus<br />

vielen Gründen vorbei.<br />

Heute befinden wir uns in einer Phase, in der wir uns zieml<strong>ich</strong> bewusstlos<br />

der herkömml<strong>ich</strong>en Struktur von Wissenschaft unterwerfen, viele jedenfalls, die<br />

materiell abhängig sind oder meinen abhängig zu sein von Drittmitteln. Als<br />

Theoretiker bin <strong>ich</strong> wesentl<strong>ich</strong> unabhängiger, aber <strong>ich</strong> hätte m<strong>ich</strong> auch als Experimentalphysiker<br />

diesem Trend n<strong>ich</strong>t angepasst.<br />

Zwar kann <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mit spektakulären Ergebnissen aufwarten, aber <strong>ich</strong> habe<br />

bestimmte Eins<strong>ich</strong>ten gewonnen. Ich denke da wieder zurück an meine Brüsseler<br />

Zeit, die anfing mit dem Aha-Effekt, dass plötzl<strong>ich</strong> zwei von mir zu verehrende<br />

und verehrte Lehrer s<strong>ich</strong> überhaupt n<strong>ich</strong>t unterhalten konnten und auch<br />

gar n<strong>ich</strong>t wollten oder es für nötig hielten, obwohl sie das gle<strong>ich</strong>e Thema bearbeiteten.<br />

Beide meinten, dass sie natürl<strong>ich</strong> reine Wissenschaftler seien. Das<br />

passte überhaupt n<strong>ich</strong>t in das, was mir bisher als wissenschaftstheoretische<br />

Grundlage verkauft worden war, und <strong>ich</strong> konnte es auch n<strong>ich</strong>t einordnen.<br />

Bei Prigogine hatte <strong>ich</strong> immer den Eindruck, er macht es n<strong>ich</strong>t gründl<strong>ich</strong><br />

genug, was s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> stimmt. Er schrieb Thesen hin, und wenn die n<strong>ich</strong>t irgendwie<br />

'nen Luftballon erzeugen konnten, dann wurden nächstens andere geschrieben.<br />

Es war ein zieml<strong>ich</strong>es Kunterbunt von Widersprüchen und Vermutungen,<br />

Hypothesen und viel Phantasie, unheiml<strong>ich</strong> wirksam und sehr viel wirksamer,<br />

als so eine mühsame mathematik-orientierte Darstellung, die kein<br />

Mensch versteht. Dann kam Prigogines erstes Buch heraus, Vom Sein zum Werden,<br />

mit der Tendenz, dass die Theoretische Physik eigentl<strong>ich</strong> die Grundlage zur<br />

Beschreibung aller Lebensvorgänge ist, auch der kulturellen und sozialen; im<br />

Grunde kann sie sogar den Phasenübergang bei Revolutionen erklären. Da wurde<br />

<strong>ich</strong> sehr hellhörig, weil <strong>ich</strong> dachte, jetzt passiert doch etwas, was auch ein<br />

bisschen Erklärungscharakter hat oder hilft, den Zusammenhang zwischen gesellschaftl<strong>ich</strong>en<br />

Verhältnissen und naturwissenschaftl<strong>ich</strong>er Entwicklung zu erklären.

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