Gerda Freise Warum studierte ich Chemie? - Gute UnterrichtsPraxis
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Nach dem Abitur entschloss <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> zum Mathestudium und wollte noch<br />
Physik oder <strong>Chemie</strong> dazu nehmen. Unter dem Ges<strong>ich</strong>tspunkt, dass Physik vielle<strong>ich</strong>t<br />
angenehmer ist, weil man da n<strong>ich</strong>t so viel stehen muss und weil es da vielle<strong>ich</strong>t<br />
auch n<strong>ich</strong>t so kracht - <strong>ich</strong> hatte näml<strong>ich</strong> immer so'n bisschen Angst vor<br />
Knallgasproben - habe <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> für die saubere Physik entschieden. Das Studium<br />
habe <strong>ich</strong> ohne große Schwierigkeiten durchgezogen, weil <strong>ich</strong> gewöhnt war,<br />
ausdauernd zu arbeiten, obwohl es ein zieml<strong>ich</strong>er Stress war, weil <strong>ich</strong> immer<br />
viel nebenher gemacht habe, zum Beispiel auch Psychologievorlesungen besuchte.<br />
Weil <strong>ich</strong> endl<strong>ich</strong> auch mal meine Sprachprobleme beheben wollte, machte<br />
<strong>ich</strong> sogar Sprechübungen.<br />
Nebenher ging <strong>ich</strong> noch zu kirchl<strong>ich</strong>en Veranstaltungen, das waren mindestens<br />
auch zwei Abende in der Woche. Fürs Studium gearbeitet haben wir fast<br />
immer in Gruppen, meistens mit Frauen zusammen. Ich hab praktisch nie als<br />
Einzelkämpfer gearbeitet. Das war ganz gut.<br />
Meine Schule war eine reine Mädchenschule gewesen. Einerseits war das<br />
ein Problem, weil wir eben nur Mädchen waren, andererseits war's aber insofern<br />
gut, dass keine Jungs da waren, weil jetzt wir Mädchen in den naturwissenschaftl<strong>ich</strong>en<br />
Fächern gefördert wurden. Wir hatten in der sechsten Klasse den<br />
Chef der Schule als Mathelehrer, der an uns beweisen wollte, dass Mädchen genauso<br />
gut in Mathe sind wie Jungens. Er hat s<strong>ich</strong> schon in der fünften Klasse<br />
eine Gruppe aus der Klasse herausgenommen und mit denen schwierige mathematische<br />
Aufgaben behandelt. In dieser Gruppe mit sechs oder acht Schülerinnen<br />
war auch <strong>ich</strong>. Wir hatten zwei Stunden Sonderunterr<strong>ich</strong>t pro Woche, im Direktorzimmer.<br />
Im nächsten Schuljahr veränderte er die Klasse so, dass nur noch<br />
die reinkamen, die in Mathe gut waren. Mit denen hat er dann weitergearbeitet.<br />
Wir bekamen von ihm Bücher über Mathematik zum Lesen oder sogar geschenkt<br />
und mussten ihm dann ber<strong>ich</strong>ten, was wir da gelesen haben. Ich fand<br />
das toll, <strong>ich</strong> fand 's wirkl<strong>ich</strong> toll, weil das eine zieml<strong>ich</strong>e Aufwertung war. Der<br />
hat uns was zugetraut, der hat uns bestätigt und sehr gefördert. Aus unserer<br />
Klasse haben dann von achtzehn, die im mathematischen Zweig waren, sechs<br />
Mathematik studiert, das ist erstaunl<strong>ich</strong> viel.<br />
M<strong>ich</strong> hat Mathe s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> auch von der Sache interessiert. Es hat mir damals<br />
Spaß gemacht, ein System im Kopf zu schaffen, da drin zu denken und